Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite
-- Jezt sagt, was ihr im Unterwaldner Land
Geschaff't und für gemeine Sach' geworben,
Wie die Landleute denken, wie ihr selbst
Den Stricken des Verraths entgangen seid.

Melchthal
Durch der Surennen furchtbares Gebirg,
Auf weit verbreitet öden Eisesfeldern,
Wo nur der heis're Lämmergeier krächzt,
Gelangt' ich zu der Alpentrift, wo sich
Aus Uri und vom Engelberg die Hirten
Anrufend grüßen und gemeinsam weiden,
Den Durst mir stillend mit der Gletscher Milch,
Die in den Runsen schäumend niederquillt.
In den einsamen Sennhütten kehrt' ich ein,
Mein eigner Wirth und Gast, bis daß ich kam
Zu Wohnungen gesellig lebender Menschen.
-- Erschollen war in diesen Thälern schon
Der Ruf des neuen Greuels der geschehn,
Und fromme Ehrfurcht schaffte mir mein Unglück
Vor jeder Pforte, wo ich wandernd klopfte.
Entrüstet fand ich diese graden Seelen
g
— Jezt ſagt, was ihr im Unterwaldner Land
Geſchaff’t und fuͤr gemeine Sach’ geworben,
Wie die Landleute denken, wie ihr ſelbſt
Den Stricken des Verraths entgangen ſeid.

Melchthal
Durch der Surennen furchtbares Gebirg,
Auf weit verbreitet oͤden Eiſesfeldern,
Wo nur der heiſ’re Laͤmmergeier kraͤchzt,
Gelangt’ ich zu der Alpentrift, wo ſich
Aus Uri und vom Engelberg die Hirten
Anrufend gruͤßen und gemeinſam weiden,
Den Durſt mir ſtillend mit der Gletſcher Milch,
Die in den Runſen ſchaͤumend niederquillt.
In den einſamen Sennhuͤtten kehrt’ ich ein,
Mein eigner Wirth und Gaſt, bis daß ich kam
Zu Wohnungen geſellig lebender Menſchen.
— Erſchollen war in dieſen Thaͤlern ſchon
Der Ruf des neuen Greuels der geſchehn,
Und fromme Ehrfurcht ſchaffte mir mein Ungluͤck
Vor jeder Pforte, wo ich wandernd klopfte.
Entruͤſtet fand ich dieſe graden Seelen
g
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#STA">
            <p><pb facs="#f0087" n="73"/>
&#x2014; Jezt &#x017F;agt, was ihr im Unterwaldner Land<lb/>
Ge&#x017F;chaff&#x2019;t und fu&#x0364;r gemeine Sach&#x2019; geworben,<lb/>
Wie die Landleute denken, wie ihr &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
Den Stricken des Verraths entgangen &#x017F;eid.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#MEL">
            <speaker> <hi rendition="#g">Melchthal</hi> </speaker><lb/>
            <p>Durch der Surennen furchtbares Gebirg,<lb/>
Auf weit verbreitet o&#x0364;den Ei&#x017F;esfeldern,<lb/>
Wo nur der hei&#x017F;&#x2019;re La&#x0364;mmergeier kra&#x0364;chzt,<lb/>
Gelangt&#x2019; ich zu der Alpentrift, wo &#x017F;ich<lb/>
Aus Uri und vom Engelberg die Hirten<lb/>
Anrufend gru&#x0364;ßen und gemein&#x017F;am weiden,<lb/>
Den Dur&#x017F;t mir &#x017F;tillend mit der Glet&#x017F;cher Milch,<lb/>
Die in den Run&#x017F;en &#x017F;cha&#x0364;umend niederquillt.<lb/>
In den ein&#x017F;amen Sennhu&#x0364;tten kehrt&#x2019; ich ein,<lb/>
Mein eigner Wirth und Ga&#x017F;t, bis daß ich kam<lb/>
Zu Wohnungen ge&#x017F;ellig lebender Men&#x017F;chen.<lb/>
&#x2014; Er&#x017F;chollen war in die&#x017F;en Tha&#x0364;lern &#x017F;chon<lb/>
Der Ruf des neuen Greuels der ge&#x017F;chehn,<lb/>
Und fromme Ehrfurcht &#x017F;chaffte mir mein Unglu&#x0364;ck<lb/>
Vor jeder Pforte, wo ich wandernd klopfte.<lb/>
Entru&#x0364;&#x017F;tet fand ich die&#x017F;e graden Seelen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">g</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0087] — Jezt ſagt, was ihr im Unterwaldner Land Geſchaff’t und fuͤr gemeine Sach’ geworben, Wie die Landleute denken, wie ihr ſelbſt Den Stricken des Verraths entgangen ſeid. Melchthal Durch der Surennen furchtbares Gebirg, Auf weit verbreitet oͤden Eiſesfeldern, Wo nur der heiſ’re Laͤmmergeier kraͤchzt, Gelangt’ ich zu der Alpentrift, wo ſich Aus Uri und vom Engelberg die Hirten Anrufend gruͤßen und gemeinſam weiden, Den Durſt mir ſtillend mit der Gletſcher Milch, Die in den Runſen ſchaͤumend niederquillt. In den einſamen Sennhuͤtten kehrt’ ich ein, Mein eigner Wirth und Gaſt, bis daß ich kam Zu Wohnungen geſellig lebender Menſchen. — Erſchollen war in dieſen Thaͤlern ſchon Der Ruf des neuen Greuels der geſchehn, Und fromme Ehrfurcht ſchaffte mir mein Ungluͤck Vor jeder Pforte, wo ich wandernd klopfte. Entruͤſtet fand ich dieſe graden Seelen g

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/87
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/87>, abgerufen am 24.11.2024.