Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.
Doch dir soll es nicht widerstehn -- Und du Vertraute Bogensehne, die so oft Mir treu gedient hat in der Freude Spielen, Verlaß mich nicht im fürchterlichen Ernst. Nur jezt noch halte fest du treuer Strang, Der mir so oft den herben Pfeil beflügelt -- Entränn er jetzo kraftlos meinen Händen, Ich habe keinen zweiten zu versenden. (Wanderer gehen über die Scene) Auf dieser Bank von Stein will ich mich setzen, Dem Wanderer zur kurzen Ruh bereitet -- Denn hier ist keine Heimat -- Jeder treibt Sich an dem andern rasch und fremd vorüber, Und fraget nicht nach seinem Schmerz -- Hier geht Der sorgenvolle Kaufmann und der leicht Geschürzte Pilger -- der andächtge Mönch, Der düstre Räuber und der heitre Spielmann, Der Säumer mit dem schwer beladnen Roß, Der ferne her kommt von der Menschen Ländern, Denn jede Straße führt ans End der Welt.
Doch dir ſoll es nicht widerſtehn — Und du Vertraute Bogenſehne, die ſo oft Mir treu gedient hat in der Freude Spielen, Verlaß mich nicht im fuͤrchterlichen Ernſt. Nur jezt noch halte feſt du treuer Strang, Der mir ſo oft den herben Pfeil befluͤgelt — Entraͤnn er jetzo kraftlos meinen Haͤnden, Ich habe keinen zweiten zu verſenden. (Wanderer gehen über die Scene) Auf dieſer Bank von Stein will ich mich ſetzen, Dem Wanderer zur kurzen Ruh bereitet — Denn hier iſt keine Heimat — Jeder treibt Sich an dem andern raſch und fremd voruͤber, Und fraget nicht nach ſeinem Schmerz — Hier geht Der ſorgenvolle Kaufmann und der leicht Geſchuͤrzte Pilger — der andaͤchtge Moͤnch, Der duͤſtre Raͤuber und der heitre Spielmann, Der Saͤumer mit dem ſchwer beladnen Roß, Der ferne her kommt von der Menſchen Laͤndern, Denn jede Straße fuͤhrt ans End der Welt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#TEL"> <p><pb facs="#f0201" n="187"/> Doch <hi rendition="#g">dir</hi> ſoll es nicht widerſtehn — Und du<lb/> Vertraute Bogenſehne, die ſo oft<lb/> Mir treu gedient hat in der Freude Spielen,<lb/> Verlaß mich nicht im fuͤrchterlichen Ernſt.<lb/> Nur jezt noch halte feſt du treuer Strang,<lb/> Der mir ſo oft den herben Pfeil befluͤgelt —<lb/> Entraͤnn er jetzo kraftlos meinen Haͤnden,<lb/> Ich habe keinen zweiten zu verſenden.</p><lb/> <stage>(Wanderer gehen über die Scene)</stage><lb/> <p>Auf dieſer Bank von Stein will ich mich ſetzen,<lb/> Dem Wanderer zur kurzen Ruh bereitet —<lb/> Denn hier iſt keine Heimat — Jeder treibt<lb/> Sich an dem andern raſch und fremd voruͤber,<lb/> Und fraget nicht nach ſeinem Schmerz — Hier geht<lb/> Der ſorgenvolle Kaufmann und der leicht<lb/> Geſchuͤrzte Pilger — der andaͤchtge Moͤnch,<lb/> Der duͤſtre Raͤuber und der heitre Spielmann,<lb/> Der Saͤumer mit dem ſchwer beladnen Roß,<lb/> Der ferne her kommt von der Menſchen Laͤndern,<lb/> Denn jede Straße fuͤhrt ans End der Welt.<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [187/0201]
Doch dir ſoll es nicht widerſtehn — Und du
Vertraute Bogenſehne, die ſo oft
Mir treu gedient hat in der Freude Spielen,
Verlaß mich nicht im fuͤrchterlichen Ernſt.
Nur jezt noch halte feſt du treuer Strang,
Der mir ſo oft den herben Pfeil befluͤgelt —
Entraͤnn er jetzo kraftlos meinen Haͤnden,
Ich habe keinen zweiten zu verſenden.
(Wanderer gehen über die Scene)
Auf dieſer Bank von Stein will ich mich ſetzen,
Dem Wanderer zur kurzen Ruh bereitet —
Denn hier iſt keine Heimat — Jeder treibt
Sich an dem andern raſch und fremd voruͤber,
Und fraget nicht nach ſeinem Schmerz — Hier geht
Der ſorgenvolle Kaufmann und der leicht
Geſchuͤrzte Pilger — der andaͤchtge Moͤnch,
Der duͤſtre Raͤuber und der heitre Spielmann,
Der Saͤumer mit dem ſchwer beladnen Roß,
Der ferne her kommt von der Menſchen Laͤndern,
Denn jede Straße fuͤhrt ans End der Welt.
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Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/201>, abgerufen am 05.07.2024. |