Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.
Es führt kein andrer Weg nach Küßnacht -- Hier Vollend ichs -- Die Gelegenheit ist günstig. Dort der Hollunderstrauch verbirgt mich ihm, Von dort herab kann ihn mein Pfeil erlangen, Des Weges Enge wehret den Verfolgern. Mach deine Rechnung mit dem Himmel Vogt, Fort must du, deine Uhr ist abgelaufen. Ich lebte still und harmlos -- Das Geschoß War auf des Waldes Thiere nur gerichtet, Meine Gedanken waren rein von Mord -- Du hast aus meinem Frieden mich heraus Geschreckt, in gährend Drachengift hast du Die Milch der frommen Denkart mir verwandelt, Zum Ungeheuren hast du mich gewöhnt -- Wer sich des Kindes Haupt zum Ziele sezte, Der kann auch treffen in das Herz des Feinds. Die armen Kindlein, die unschuldigen, Das treue Weib muß ich vor deiner Wuth Beschützen, Landvogt -- Da, als ich den Bogenstrang Anzog -- als mir die Hand erzitterte -- q 3
Es fuͤhrt kein andrer Weg nach Kuͤßnacht — Hier Vollend ichs — Die Gelegenheit iſt guͤnſtig. Dort der Hollunderſtrauch verbirgt mich ihm, Von dort herab kann ihn mein Pfeil erlangen, Des Weges Enge wehret den Verfolgern. Mach deine Rechnung mit dem Himmel Vogt, Fort muſt du, deine Uhr iſt abgelaufen. Ich lebte ſtill und harmlos — Das Geſchoß War auf des Waldes Thiere nur gerichtet, Meine Gedanken waren rein von Mord — Du haſt aus meinem Frieden mich heraus Geſchreckt, in gaͤhrend Drachengift haſt du Die Milch der frommen Denkart mir verwandelt, Zum Ungeheuren haſt du mich gewoͤhnt — Wer ſich des Kindes Haupt zum Ziele ſezte, Der kann auch treffen in das Herz des Feinds. Die armen Kindlein, die unſchuldigen, Das treue Weib muß ich vor deiner Wuth Beſchuͤtzen, Landvogt — Da, als ich den Bogenſtrang Anzog — als mir die Hand erzitterte — q 3
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Es fuͤhrt kein andrer Weg nach Kuͤßnacht — Hier
Vollend ichs — Die Gelegenheit iſt guͤnſtig.
Dort der Hollunderſtrauch verbirgt mich ihm,
Von dort herab kann ihn mein Pfeil erlangen,
Des Weges Enge wehret den Verfolgern.
Mach deine Rechnung mit dem Himmel Vogt,
Fort muſt du, deine Uhr iſt abgelaufen.
Ich lebte ſtill und harmlos — Das Geſchoß
War auf des Waldes Thiere nur gerichtet,
Meine Gedanken waren rein von Mord —
Du haſt aus meinem Frieden mich heraus
Geſchreckt, in gaͤhrend Drachengift haſt du
Die Milch der frommen Denkart mir verwandelt,
Zum Ungeheuren haſt du mich gewoͤhnt —
Wer ſich des Kindes Haupt zum Ziele ſezte,
Der kann auch treffen in das Herz des Feinds.
Die armen Kindlein, die unſchuldigen,
Das treue Weib muß ich vor deiner Wuth
Beſchuͤtzen, Landvogt — Da, als ich den Bogenſtrang
Anzog — als mir die Hand erzitterte —
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Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/199>, abgerufen am 25.07.2024. |