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Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.

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Melchthal
Frau, wüßtet ihr, wie ihn der Vogt gereizt!
Hedwig
O rohes Herz der Männer! Wenn ihr Stolz
Beleidigt wird, dann achten sie nichts mehr,
Sie setzen in der blinden Wuth des Spiels
Das Haupt des Kindes und das Herz der Mutter!

Baumgarten
Ist eures Mannes Loos nicht hart genug,
Daß ihr mit schwerem Tadel ihn noch kränkt?
Für seine Leiden habt ihr kein Gefühl?

Hedwig
(kehrt sich nach ihm um und sieht ihn mit einem großen
Blick an)

Hast Du nur Thränen für des Freundes Unglück?
-- Wo waret ihr, da man den Trefflichen
In Bande schlug? Wo war da eure Hülfe?
Ihr sahet zu, ihr ließt das Gräßliche geschehn,
Geduldig littet ihr's, daß man den Freund
Aus eurer Mitte führte -- Hat der Tell
Auch so an Euch gehandelt? Stand er auch
p
Melchthal
Frau, wuͤßtet ihr, wie ihn der Vogt gereizt!
Hedwig
O rohes Herz der Maͤnner! Wenn ihr Stolz
Beleidigt wird, dann achten ſie nichts mehr,
Sie ſetzen in der blinden Wuth des Spiels
Das Haupt des Kindes und das Herz der Mutter!

Baumgarten
Iſt eures Mannes Loos nicht hart genug,
Daß ihr mit ſchwerem Tadel ihn noch kraͤnkt?
Fuͤr ſeine Leiden habt ihr kein Gefuͤhl?

Hedwig
(kehrt ſich nach ihm um und ſieht ihn mit einem großen
Blick an)

Haſt Du nur Thraͤnen fuͤr des Freundes Ungluͤck?
— Wo waret ihr, da man den Trefflichen
In Bande ſchlug? Wo war da eure Huͤlfe?
Ihr ſahet zu, ihr ließt das Graͤßliche geſchehn,
Geduldig littet ihr’s, daß man den Freund
Aus eurer Mitte fuͤhrte — Hat der Tell
Auch ſo an Euch gehandelt? Stand er auch
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[169/0183] Melchthal Frau, wuͤßtet ihr, wie ihn der Vogt gereizt! Hedwig O rohes Herz der Maͤnner! Wenn ihr Stolz Beleidigt wird, dann achten ſie nichts mehr, Sie ſetzen in der blinden Wuth des Spiels Das Haupt des Kindes und das Herz der Mutter! Baumgarten Iſt eures Mannes Loos nicht hart genug, Daß ihr mit ſchwerem Tadel ihn noch kraͤnkt? Fuͤr ſeine Leiden habt ihr kein Gefuͤhl? Hedwig (kehrt ſich nach ihm um und ſieht ihn mit einem großen Blick an) Haſt Du nur Thraͤnen fuͤr des Freundes Ungluͤck? — Wo waret ihr, da man den Trefflichen In Bande ſchlug? Wo war da eure Huͤlfe? Ihr ſahet zu, ihr ließt das Graͤßliche geſchehn, Geduldig littet ihr’s, daß man den Freund Aus eurer Mitte fuͤhrte — Hat der Tell Auch ſo an Euch gehandelt? Stand er auch p

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/183>, abgerufen am 22.11.2024.