Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite
Wo sich die Falschheit noch nicht hingefunden,
Da trübt kein Neid die Quelle unsers Glücks,
Und ewig hell entfliehen uns die Stunden.
-- Da seh ich Dich im ächten Männerwerth,
Den Ersten von den Freien und den Gleichen,
Mit reiner freier Huldigung verehrt,
Groß wie ein König wirkt in seinen Reichen.

Rudenz
Da seh ich dich, die Krone aller Frauen,
In weiblich reizender Geschäftigkeit,
In meinem Haus den Himmel mir erbauen,
Und, wie der Frühling seine Blumen streut,
Mit schöner Anmuth mir das Leben schmücken,
Und alles rings beleben und beglücken!

Bertha
Sieh, theurer Freund, warum ich trauerte,
Als ich dieß höchste Lebensglück dich selbst
Zerstören sah -- Weh mir! Wie stünds um mich,
Wenn ich dem stolzen Ritter müßte folgen,
Dem Landbedrücker auf sein finstres Schloß!
Wo ſich die Falſchheit noch nicht hingefunden,
Da truͤbt kein Neid die Quelle unſers Gluͤcks,
Und ewig hell entfliehen uns die Stunden.
— Da ſeh ich Dich im aͤchten Maͤnnerwerth,
Den Erſten von den Freien und den Gleichen,
Mit reiner freier Huldigung verehrt,
Groß wie ein Koͤnig wirkt in ſeinen Reichen.

Rudenz
Da ſeh ich dich, die Krone aller Frauen,
In weiblich reizender Geſchaͤftigkeit,
In meinem Haus den Himmel mir erbauen,
Und, wie der Fruͤhling ſeine Blumen ſtreut,
Mit ſchoͤner Anmuth mir das Leben ſchmuͤcken,
Und alles rings beleben und begluͤcken!

Bertha
Sieh, theurer Freund, warum ich trauerte,
Als ich dieß hoͤchſte Lebensgluͤck dich ſelbſt
Zerſtoͤren ſah — Weh mir! Wie ſtuͤnds um mich,
Wenn ich dem ſtolzen Ritter muͤßte folgen,
Dem Landbedruͤcker auf ſein finſtres Schloß!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#BER">
            <p><pb facs="#f0134" n="120"/>
Wo &#x017F;ich die Fal&#x017F;chheit noch nicht hingefunden,<lb/>
Da tru&#x0364;bt kein Neid die Quelle un&#x017F;ers Glu&#x0364;cks,<lb/>
Und ewig hell entfliehen uns die Stunden.<lb/>
&#x2014; Da &#x017F;eh ich <hi rendition="#g">Dich</hi> im a&#x0364;chten Ma&#x0364;nnerwerth,<lb/>
Den Er&#x017F;ten von den Freien und den Gleichen,<lb/>
Mit reiner freier Huldigung verehrt,<lb/>
Groß wie ein Ko&#x0364;nig wirkt in &#x017F;einen Reichen.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#RUD">
            <speaker> <hi rendition="#g">Rudenz</hi> </speaker><lb/>
            <p>Da &#x017F;eh ich dich, die Krone aller Frauen,<lb/>
In weiblich reizender Ge&#x017F;cha&#x0364;ftigkeit,<lb/>
In meinem Haus den Himmel mir erbauen,<lb/>
Und, wie der Fru&#x0364;hling &#x017F;eine Blumen &#x017F;treut,<lb/>
Mit &#x017F;cho&#x0364;ner Anmuth mir das Leben &#x017F;chmu&#x0364;cken,<lb/>
Und alles rings beleben und beglu&#x0364;cken!</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#BER">
            <speaker> <hi rendition="#g">Bertha</hi> </speaker><lb/>
            <p>Sieh, theurer Freund, warum ich trauerte,<lb/>
Als ich dieß ho&#x0364;ch&#x017F;te Lebensglu&#x0364;ck dich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
Zer&#x017F;to&#x0364;ren &#x017F;ah &#x2014; Weh mir! Wie &#x017F;tu&#x0364;nds um mich,<lb/>
Wenn ich dem &#x017F;tolzen Ritter mu&#x0364;ßte folgen,<lb/>
Dem Landbedru&#x0364;cker auf &#x017F;ein fin&#x017F;tres Schloß!<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[120/0134] Wo ſich die Falſchheit noch nicht hingefunden, Da truͤbt kein Neid die Quelle unſers Gluͤcks, Und ewig hell entfliehen uns die Stunden. — Da ſeh ich Dich im aͤchten Maͤnnerwerth, Den Erſten von den Freien und den Gleichen, Mit reiner freier Huldigung verehrt, Groß wie ein Koͤnig wirkt in ſeinen Reichen. Rudenz Da ſeh ich dich, die Krone aller Frauen, In weiblich reizender Geſchaͤftigkeit, In meinem Haus den Himmel mir erbauen, Und, wie der Fruͤhling ſeine Blumen ſtreut, Mit ſchoͤner Anmuth mir das Leben ſchmuͤcken, Und alles rings beleben und begluͤcken! Bertha Sieh, theurer Freund, warum ich trauerte, Als ich dieß hoͤchſte Lebensgluͤck dich ſelbſt Zerſtoͤren ſah — Weh mir! Wie ſtuͤnds um mich, Wenn ich dem ſtolzen Ritter muͤßte folgen, Dem Landbedruͤcker auf ſein finſtres Schloß!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/134
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/134>, abgerufen am 23.11.2024.