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Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801.

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-- Ich bin ein Priester, deine letzte Beichte
Zu hören, dir auf deinem Todesweg
Den Frieden zu verkündigen, hab' ich
Die sieben Weihn auf meinem Haupt empfangen,
Und diese Hostie überbring ich dir
Vom heil'gen Vater, die er selbst geweihet.

Maria.
O so muß an der Schwelle selbst des Todes
Mir noch ein himmlisch Glück bereitet seyn!
Wie ein Unsterblicher auf goldnen Wolken
Herniederfährt, wie den Apostel einst
Der Engel führte aus des Kerkers Banden,
Ihn hält kein Riegel, keines Hüters Schwerdt,
Er schreitet mächtig durch verschloßne Pforten,
Und im Gefängniß steht er glänzend da,
So überrascht mich hier der Himmelsbote,
Da jeder ird'sche Retter mich getäuscht!
-- Und ihr, mein Diener einst, seid jetzt der Diener
Des höchsten Gottes, und sein heil'ger Mund!
Wie eure Kniee sonst vor mir sich beugten,
So lieg ich jetzt im Staub vor euch.

(Sie sinkt vor ihm nieder.)
Melvil.
(indem er das Zeichen des Kreutzes über sie macht)
Im Namen
Des Vaters und des Sohnes und des Geistes!
— Ich bin ein Prieſter, deine letzte Beichte
Zu hoͤren, dir auf deinem Todesweg
Den Frieden zu verkuͤndigen, hab' ich
Die ſieben Weihn auf meinem Haupt empfangen,
Und dieſe Hoſtie uͤberbring ich dir
Vom heil'gen Vater, die er ſelbſt geweihet.

Maria.
O ſo muß an der Schwelle ſelbſt des Todes
Mir noch ein himmliſch Gluͤck bereitet ſeyn!
Wie ein Unſterblicher auf goldnen Wolken
Herniederfaͤhrt, wie den Apoſtel einſt
Der Engel fuͤhrte aus des Kerkers Banden,
Ihn haͤlt kein Riegel, keines Huͤters Schwerdt,
Er ſchreitet maͤchtig durch verſchloßne Pforten,
Und im Gefaͤngniß ſteht er glaͤnzend da,
So uͤberraſcht mich hier der Himmelsbote,
Da jeder ird'ſche Retter mich getaͤuſcht!
— Und ihr, mein Diener einſt, ſeid jetzt der Diener
Des hoͤchſten Gottes, und ſein heil'ger Mund!
Wie eure Kniee ſonſt vor mir ſich beugten,
So lieg ich jetzt im Staub vor euch.

(Sie ſinkt vor ihm nieder.)
Melvil.
(indem er das Zeichen des Kreutzes uͤber ſie macht)
Im Namen
Des Vaters und des Sohnes und des Geiſtes!
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[214/0220] — Ich bin ein Prieſter, deine letzte Beichte Zu hoͤren, dir auf deinem Todesweg Den Frieden zu verkuͤndigen, hab' ich Die ſieben Weihn auf meinem Haupt empfangen, Und dieſe Hoſtie uͤberbring ich dir Vom heil'gen Vater, die er ſelbſt geweihet. Maria. O ſo muß an der Schwelle ſelbſt des Todes Mir noch ein himmliſch Gluͤck bereitet ſeyn! Wie ein Unſterblicher auf goldnen Wolken Herniederfaͤhrt, wie den Apoſtel einſt Der Engel fuͤhrte aus des Kerkers Banden, Ihn haͤlt kein Riegel, keines Huͤters Schwerdt, Er ſchreitet maͤchtig durch verſchloßne Pforten, Und im Gefaͤngniß ſteht er glaͤnzend da, So uͤberraſcht mich hier der Himmelsbote, Da jeder ird'ſche Retter mich getaͤuſcht! — Und ihr, mein Diener einſt, ſeid jetzt der Diener Des hoͤchſten Gottes, und ſein heil'ger Mund! Wie eure Kniee ſonſt vor mir ſich beugten, So lieg ich jetzt im Staub vor euch. (Sie ſinkt vor ihm nieder.) Melvil. (indem er das Zeichen des Kreutzes uͤber ſie macht) Im Namen Des Vaters und des Sohnes und des Geiſtes!

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Zitationshilfe: Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/220>, abgerufen am 26.11.2024.