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Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801.

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Elisabeth ist meines Stammes, meines
Geschlechts und Ranges -- Ihr allein, der Schwester,
Der Königin, der Frau kann ich mich öffnen.

Paulet.
Sehr oft, Milady, habt ihr euer Schicksal
Und eure Ehre Männern anvertraut,
Die eurer Achtung minder würdig waren.

Maria.
Ich bitte noch um eine zweite Gunst,
Unmenschlichkeit allein kann mir sie weigern.
Schon lange Zeit entbehr' ich im Gefängniß
Der Kirche Trost, der Sakramente Wohlthat,
Und die mir Kron' und Freiheit hat geraubt,
Die meinem Leben selber droht, wird mir
Die Himmelsthüre nicht verschließen wollen.

Paulet.
Auf euren Wunsch wird der Dechant des Orts --
Maria (unterbricht ihn lebhaft).
Ich will nichts vom Dechanten. Einen Priester
Von meiner eignen Kirche fodre ich.
-- Auch Schreiber und Notarien verlang' ich,
Um meinen letzten Willen aufzusetzen.
Der Gram, das lange Kerkerelend nagt
An meinem Leben. Meine Tage sind
Eliſabeth iſt meines Stammes, meines
Geſchlechts und Ranges — Ihr allein, der Schweſter,
Der Koͤnigin, der Frau kann ich mich oͤffnen.

Paulet.
Sehr oft, Milady, habt ihr euer Schickſal
Und eure Ehre Maͤnnern anvertraut,
Die eurer Achtung minder wuͤrdig waren.

Maria.
Ich bitte noch um eine zweite Gunſt,
Unmenſchlichkeit allein kann mir ſie weigern.
Schon lange Zeit entbehr' ich im Gefaͤngniß
Der Kirche Troſt, der Sakramente Wohlthat,
Und die mir Kron' und Freiheit hat geraubt,
Die meinem Leben ſelber droht, wird mir
Die Himmelsthuͤre nicht verſchließen wollen.

Paulet.
Auf euren Wunſch wird der Dechant des Orts —
Maria (unterbricht ihn lebhaft).
Ich will nichts vom Dechanten. Einen Prieſter
Von meiner eignen Kirche fodre ich.
— Auch Schreiber und Notarien verlang' ich,
Um meinen letzten Willen aufzuſetzen.
Der Gram, das lange Kerkerelend nagt
An meinem Leben. Meine Tage ſind
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[15/0021] Eliſabeth iſt meines Stammes, meines Geſchlechts und Ranges — Ihr allein, der Schweſter, Der Koͤnigin, der Frau kann ich mich oͤffnen. Paulet. Sehr oft, Milady, habt ihr euer Schickſal Und eure Ehre Maͤnnern anvertraut, Die eurer Achtung minder wuͤrdig waren. Maria. Ich bitte noch um eine zweite Gunſt, Unmenſchlichkeit allein kann mir ſie weigern. Schon lange Zeit entbehr' ich im Gefaͤngniß Der Kirche Troſt, der Sakramente Wohlthat, Und die mir Kron' und Freiheit hat geraubt, Die meinem Leben ſelber droht, wird mir Die Himmelsthuͤre nicht verſchließen wollen. Paulet. Auf euren Wunſch wird der Dechant des Orts — Maria (unterbricht ihn lebhaft). Ich will nichts vom Dechanten. Einen Prieſter Von meiner eignen Kirche fodre ich. — Auch Schreiber und Notarien verlang' ich, Um meinen letzten Willen aufzuſetzen. Der Gram, das lange Kerkerelend nagt An meinem Leben. Meine Tage ſind

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Zitationshilfe: Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/21>, abgerufen am 24.11.2024.