Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite
Ihr mein verändert Herz zu offenbaren,
Und dieser Brief, den ihr mir überbracht,
Versichert mir, daß sie verzeiht, sich mir
Zum Preiße schenken will, wenn ich sie rette.

Mortimer.
Ihr thatet aber nichts zu ihrer Rettung!
Ihr ließt geschehn, daß sie verurtheilt wurde,
Gabt eure Stimme selbst zu ihrem Tod!
Ein Wunder muß geschehn -- Der Wahrheit Licht
Muß mich, den Neffen ihres Hüters, rühren,
Im Vatikan zu Rom muß ihr der Himmel
Den unverhofften Retter zubereiten,
Sonst fand sie nicht einmal den Weg zu euch!

Leicester.
Ach, Sir, es hat mir Qualen gnug gekostet!
Um selbe Zeit ward sie von Talbots Schloß
Nach Fotheringhay weg geführt, der strengen
Gewahrsam eures Oheims anvertraut.
Gehemmt ward jeder Weg zu ihr, ich mußte
Fortfahren vor der Welt, sie zu verfolgen.
Doch denket nicht, daß ich sie leidend hätte
Zum Tode gehen lassen! Nein, ich hoffte,
Und hoffe noch, das Aeußerste zu hindern,
Bis sich ein Mittel zeigt, sie zu befreyn.

Ihr mein veraͤndert Herz zu offenbaren,
Und dieſer Brief, den ihr mir uͤberbracht,
Verſichert mir, daß ſie verzeiht, ſich mir
Zum Preiße ſchenken will, wenn ich ſie rette.

Mortimer.
Ihr thatet aber nichts zu ihrer Rettung!
Ihr ließt geſchehn, daß ſie verurtheilt wurde,
Gabt eure Stimme ſelbſt zu ihrem Tod!
Ein Wunder muß geſchehn — Der Wahrheit Licht
Muß mich, den Neffen ihres Huͤters, ruͤhren,
Im Vatikan zu Rom muß ihr der Himmel
Den unverhofften Retter zubereiten,
Sonſt fand ſie nicht einmal den Weg zu euch!

Leiceſter.
Ach, Sir, es hat mir Qualen gnug gekoſtet!
Um ſelbe Zeit ward ſie von Talbots Schloß
Nach Fotheringhay weg gefuͤhrt, der ſtrengen
Gewahrſam eures Oheims anvertraut.
Gehemmt ward jeder Weg zu ihr, ich mußte
Fortfahren vor der Welt, ſie zu verfolgen.
Doch denket nicht, daß ich ſie leidend haͤtte
Zum Tode gehen laſſen! Nein, ich hoffte,
Und hoffe noch, das Aeußerſte zu hindern,
Bis ſich ein Mittel zeigt, ſie zu befreyn.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#LEIGRA">
            <p><pb facs="#f0108" n="102"/>
Ihr mein vera&#x0364;ndert Herz zu offenbaren,<lb/>
Und die&#x017F;er Brief, den ihr mir u&#x0364;berbracht,<lb/>
Ver&#x017F;ichert mir, daß &#x017F;ie verzeiht, &#x017F;ich mir<lb/>
Zum Preiße &#x017F;chenken will, wenn ich &#x017F;ie rette.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#MOR">
            <speaker><hi rendition="#g">Mortimer</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Ihr thatet aber nichts zu ihrer Rettung!<lb/>
Ihr ließt ge&#x017F;chehn, daß &#x017F;ie verurtheilt wurde,<lb/>
Gabt eure Stimme &#x017F;elb&#x017F;t zu ihrem <hi rendition="#g">Tod</hi>!<lb/>
Ein Wunder muß ge&#x017F;chehn &#x2014; Der Wahrheit Licht<lb/>
Muß mich, den Neffen ihres Hu&#x0364;ters, ru&#x0364;hren,<lb/>
Im Vatikan zu Rom muß ihr der Himmel<lb/>
Den unverhofften Retter zubereiten,<lb/>
Son&#x017F;t fand &#x017F;ie nicht einmal den Weg zu euch!</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#LEIGRA">
            <speaker><hi rendition="#g">Leice&#x017F;ter</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Ach, Sir, es hat mir Qualen gnug geko&#x017F;tet!<lb/>
Um &#x017F;elbe Zeit ward &#x017F;ie von Talbots Schloß<lb/>
Nach Fotheringhay weg gefu&#x0364;hrt, der &#x017F;trengen<lb/>
Gewahr&#x017F;am eures Oheims anvertraut.<lb/>
Gehemmt ward jeder Weg zu ihr, ich mußte<lb/>
Fortfahren vor der Welt, &#x017F;ie zu verfolgen.<lb/>
Doch denket nicht, daß ich &#x017F;ie leidend ha&#x0364;tte<lb/>
Zum Tode gehen la&#x017F;&#x017F;en! Nein, ich hoffte,<lb/>
Und hoffe noch, das Aeußer&#x017F;te zu hindern,<lb/>
Bis &#x017F;ich ein Mittel zeigt, &#x017F;ie zu befreyn.</p><lb/>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0108] Ihr mein veraͤndert Herz zu offenbaren, Und dieſer Brief, den ihr mir uͤberbracht, Verſichert mir, daß ſie verzeiht, ſich mir Zum Preiße ſchenken will, wenn ich ſie rette. Mortimer. Ihr thatet aber nichts zu ihrer Rettung! Ihr ließt geſchehn, daß ſie verurtheilt wurde, Gabt eure Stimme ſelbſt zu ihrem Tod! Ein Wunder muß geſchehn — Der Wahrheit Licht Muß mich, den Neffen ihres Huͤters, ruͤhren, Im Vatikan zu Rom muß ihr der Himmel Den unverhofften Retter zubereiten, Sonſt fand ſie nicht einmal den Weg zu euch! Leiceſter. Ach, Sir, es hat mir Qualen gnug gekoſtet! Um ſelbe Zeit ward ſie von Talbots Schloß Nach Fotheringhay weg gefuͤhrt, der ſtrengen Gewahrſam eures Oheims anvertraut. Gehemmt ward jeder Weg zu ihr, ich mußte Fortfahren vor der Welt, ſie zu verfolgen. Doch denket nicht, daß ich ſie leidend haͤtte Zum Tode gehen laſſen! Nein, ich hoffte, Und hoffe noch, das Aeußerſte zu hindern, Bis ſich ein Mittel zeigt, ſie zu befreyn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/108
Zitationshilfe: Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/108>, abgerufen am 27.11.2024.