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Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

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ein Schauspiel.
D. a. Moor verhüllt sein Haupt in das Kissen. Stil-
le, o stille!
Herrmann. Acht Tage drauf war das heisse
Treffen bey Prag -- ich darf euch sagen, euer
Sohn hat sich gehalten wie ein wackerer Kriegs-
mann. Er that Wunder vor den Augen der Armee.
Fünf Regimenter mußten neben ihm wechseln,
er stand. Feuerkugeln fielen rechts und links, euer
Sohn stand. Eine Kugel zerschmetterte ihm die
rechte Hand, euer Sohn nahm die Fahne in die
Linke, und stand --
Amalia in Entzückung. Hektor, Hektor! hort ihrs?
er stand --
Herrmann. Jch traf ihn am Abend der Schlacht
niedergesunken unter Kugel-Gepfeiffe, mit der lin-
ken hielt er das stürzende Blut, die rechte hatte er
in die Erde gegraben. Bruder! rief er mir ent-
gegen, es lief ein Gemurmel durch die Glieder:
der General sey vor einer Stunde gefallen -- er
ist gefallen, sagt ich, und du? -- Nun, wer ein
braver Soldat ist, rief er, und lies die linke Hand
los, der folge seinem General wie ich! Bald dar-
auf hauchte er seine grose Seele dem Helden zu.
Franz wild auf Herrmann losgehend. Daß der Tod
deine verfluchte Zunge versiegle! Bist du hieher
kommen unserem Vater den Todesstos zu geben?
-- Vater! Amalia! Vater!
Herrmann. Es war der lezte Wille meines
ster-
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ein Schauſpiel.
D. a. Moor verhuͤllt ſein Haupt in das Kiſſen. Stil-
le, o ſtille!
Herrmann. Acht Tage drauf war das heiſſe
Treffen bey Prag — ich darf euch ſagen, euer
Sohn hat ſich gehalten wie ein wackerer Kriegs-
mann. Er that Wunder vor den Augen der Armee.
Fuͤnf Regimenter mußten neben ihm wechſeln,
er ſtand. Feuerkugeln fielen rechts und links, euer
Sohn ſtand. Eine Kugel zerſchmetterte ihm die
rechte Hand, euer Sohn nahm die Fahne in die
Linke, und ſtand —
Amalia in Entzuͤckung. Hektor, Hektor! hort ihrs?
er ſtand —
Herrmann. Jch traf ihn am Abend der Schlacht
niedergeſunken unter Kugel-Gepfeiffe, mit der lin-
ken hielt er das ſtuͤrzende Blut, die rechte hatte er
in die Erde gegraben. Bruder! rief er mir ent-
gegen, es lief ein Gemurmel durch die Glieder:
der General ſey vor einer Stunde gefallen — er
iſt gefallen, ſagt ich, und du? — Nun, wer ein
braver Soldat iſt, rief er, und lies die linke Hand
los, der folge ſeinem General wie ich! Bald dar-
auf hauchte er ſeine groſe Seele dem Helden zu.
Franz wild auf Herrmann losgehend. Daß der Tod
deine verfluchte Zunge verſiegle! Biſt du hieher
kommen unſerem Vater den Todesſtos zu geben?
— Vater! Amalia! Vater!
Herrmann. Es war der lezte Wille meines
ſter-
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[67/0089] ein Schauſpiel. D. a. Moor verhuͤllt ſein Haupt in das Kiſſen. Stil- le, o ſtille! Herrmann. Acht Tage drauf war das heiſſe Treffen bey Prag — ich darf euch ſagen, euer Sohn hat ſich gehalten wie ein wackerer Kriegs- mann. Er that Wunder vor den Augen der Armee. Fuͤnf Regimenter mußten neben ihm wechſeln, er ſtand. Feuerkugeln fielen rechts und links, euer Sohn ſtand. Eine Kugel zerſchmetterte ihm die rechte Hand, euer Sohn nahm die Fahne in die Linke, und ſtand — Amalia in Entzuͤckung. Hektor, Hektor! hort ihrs? er ſtand — Herrmann. Jch traf ihn am Abend der Schlacht niedergeſunken unter Kugel-Gepfeiffe, mit der lin- ken hielt er das ſtuͤrzende Blut, die rechte hatte er in die Erde gegraben. Bruder! rief er mir ent- gegen, es lief ein Gemurmel durch die Glieder: der General ſey vor einer Stunde gefallen — er iſt gefallen, ſagt ich, und du? — Nun, wer ein braver Soldat iſt, rief er, und lies die linke Hand los, der folge ſeinem General wie ich! Bald dar- auf hauchte er ſeine groſe Seele dem Helden zu. Franz wild auf Herrmann losgehend. Daß der Tod deine verfluchte Zunge verſiegle! Biſt du hieher kommen unſerem Vater den Todesſtos zu geben? — Vater! Amalia! Vater! Herrmann. Es war der lezte Wille meines ſter- E 2

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/89>, abgerufen am 25.11.2024.