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Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

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Die Räuber,
rissen haben -- nicht wahr, Amalia? nicht die Kost-
barkeit des Diamants, nicht die Kunst des Geprä-
ges -- die Liebe macht seinen Werth aus -- Lieb-
stes Kind, du weinest? wehe über den, der diese
köstliche Tropfen aus so himmlischen Augen preßt
-- ach, und wenn du erst alles wüßtest, ihn selbst
sähest, ihn unter der Gestalt sähest? --
Amalia. Ungeheuer! wie, unter welcher Ge-
stalt?
Franz. Stille, stille, gute Seele, frage mich
nicht aus! wie vor sich, aber laut. Wenn es doch
wenigstens nur einen Schleyer hätte, das garstige
Laster, sich dem Auge der Welt zu entstehlen!
aber da blickts schrecklich durch den gelben bley-
farbenen Augenring; -- da verräth sichs im toden-
blassen eingefallenen Gesicht, und dreht die Kno-
chen heßlich hervor -- da stammelts in der halben
verstümmelten Stimme -- da predigts fürchterlich
laut vom zitternden hinschwankenden Gerippe --
da durchwühlt es der Knochen innerstes Mark,
und bricht die mannhafte Stärke der Jugend --
da, da sprizt es den eitrichten fressenden Schaum
aus Stirn und Wangen und Mund, und #der gan-
zen Fläche des Leibes zum scheußlichen Au#fsaz her-
vor, und nistet abscheulich in den Gruben der vie-
hischen Schande -- pfui, pfui! mir eckelt. Nasen,
Augen, Ohren schütteln sich -- du hast jenen Elen-
den gesehen, Amalia, der in unserem Siec#henhau-
se
Die Raͤuber,
riſſen haben — nicht wahr, Amalia? nicht die Koſt-
barkeit des Diamants, nicht die Kunſt des Gepraͤ-
ges — die Liebe macht ſeinen Werth aus — Lieb-
ſtes Kind, du weineſt? wehe uͤber den, der dieſe
koͤſtliche Tropfen aus ſo himmliſchen Augen preßt
— ach, und wenn du erſt alles wuͤßteſt, ihn ſelbſt
ſaͤheſt, ihn unter der Geſtalt ſaͤheſt? —
Amalia. Ungeheuer! wie, unter welcher Ge-
ſtalt?
Franz. Stille, ſtille, gute Seele, frage mich
nicht aus! wie vor ſich, aber laut. Wenn es doch
wenigſtens nur einen Schleyer haͤtte, das garſtige
Laſter, ſich dem Auge der Welt zu entſtehlen!
aber da blickts ſchrecklich durch den gelben bley-
farbenen Augenring; — da verraͤth ſichs im toden-
blaſſen eingefallenen Geſicht, und dreht die Kno-
chen heßlich hervor — da ſtammelts in der halben
verſtuͤmmelten Stimme — da predigts fuͤrchterlich
laut vom zitternden hinſchwankenden Gerippe —
da durchwuͤhlt es der Knochen innerſtes Mark,
und bricht die mannhafte Staͤrke der Jugend —
da, da ſprizt es den eitrichten freſſenden Schaum
aus Stirn und Wangen und Mund, und #der gan-
zen Flaͤche des Leibes zum ſcheußlichen Au#fſaz her-
vor, und niſtet abſcheulich in den Gruben der vie-
hiſchen Schande — pfui, pfui! mir eckelt. Naſen,
Augen, Ohren ſchuͤtteln ſich — du haſt jenen Elen-
den geſehen, Amalia, der in unſerem Siec#henhau-
ſe
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[46/0068] Die Raͤuber, riſſen haben — nicht wahr, Amalia? nicht die Koſt- barkeit des Diamants, nicht die Kunſt des Gepraͤ- ges — die Liebe macht ſeinen Werth aus — Lieb- ſtes Kind, du weineſt? wehe uͤber den, der dieſe koͤſtliche Tropfen aus ſo himmliſchen Augen preßt — ach, und wenn du erſt alles wuͤßteſt, ihn ſelbſt ſaͤheſt, ihn unter der Geſtalt ſaͤheſt? — Amalia. Ungeheuer! wie, unter welcher Ge- ſtalt? Franz. Stille, ſtille, gute Seele, frage mich nicht aus! wie vor ſich, aber laut. Wenn es doch wenigſtens nur einen Schleyer haͤtte, das garſtige Laſter, ſich dem Auge der Welt zu entſtehlen! aber da blickts ſchrecklich durch den gelben bley- farbenen Augenring; — da verraͤth ſichs im toden- blaſſen eingefallenen Geſicht, und dreht die Kno- chen heßlich hervor — da ſtammelts in der halben verſtuͤmmelten Stimme — da predigts fuͤrchterlich laut vom zitternden hinſchwankenden Gerippe — da durchwuͤhlt es der Knochen innerſtes Mark, und bricht die mannhafte Staͤrke der Jugend — da, da ſprizt es den eitrichten freſſenden Schaum aus Stirn und Wangen und Mund, und #der gan- zen Flaͤche des Leibes zum ſcheußlichen Au#fſaz her- vor, und niſtet abſcheulich in den Gruben der vie- hiſchen Schande — pfui, pfui! mir eckelt. Naſen, Augen, Ohren ſchuͤtteln ſich — du haſt jenen Elen- den geſehen, Amalia, der in unſerem Siec#henhau- ſe

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/68>, abgerufen am 26.11.2024.