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Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

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ein Schauspiel.
-- Jch sage dir bring meinen Sohn nicht zur Ver-
zweiflung.
    Geht traurig ab.
Franz. mit Lachen ihm nachsehend. Tröste dich Al-
ter, du wirst ihn nimmer an diese Brust drücken, der
Weg dazu ist ihm verrammelt, wie der Himmel
der Hölle -- Er war aus deinen Armen gerissen,
ehe du wußtest daß du es wollen könntest -- da
müßt ich ein erbärmlicher Stümper seyn, wenn ichs
nicht einmal so weit gebracht hätte einen Sohn
vom Herzen des Vaters los zu lösen, und wenn
er mit ehernen Banden daran geklammert wäre --
Jch hab einen magischen Kreis von Flüchen um
dich gezogen, den er nicht überspringen soll --
Glück zu Franz! Weg ist das Schooskind -- Der
Wald ist heller. Jch muß diese Papiere vollends
aufheben, wie leicht könnte jemand meine Hand-
schrifft kennen? er ließt die zerrissenen Briefstüke zusammen.
-- Und Gram wird auch den Alten bald fortschaf-
fen, -- und ihr muß ich diesen Karl, aus dem
Herzen reissen, wenn auch ihr halbes Leben dran
hängen bleiben sollte.

Jch habe grosse Rechte, über die Natur un-
gehalten zu seyn, und bey meiner Ehre! ich will
sie geltend machen. -- Warum bin ich nicht der
erste aus Mutterleib gekrochen? Warum nicht der
Einzige? Warum mußte sie mir diese Bürde von
Häßlichkeit aufladen? gerade mir? Nicht anders
als ob sie bey meiner Geburt einen Rest gesezt
hätte?
ein Schauſpiel.
— Jch ſage dir bring meinen Sohn nicht zur Ver-
zweiflung.
    Geht traurig ab.
Franz. mit Lachen ihm nachſehend. Troͤſte dich Al-
ter, du wirſt ihn nimmer an dieſe Bruſt druͤcken, der
Weg dazu iſt ihm verrammelt, wie der Himmel
der Hoͤlle — Er war aus deinen Armen geriſſen,
ehe du wußteſt daß du es wollen koͤnnteſt — da
muͤßt ich ein erbaͤrmlicher Stuͤmper ſeyn, wenn ichs
nicht einmal ſo weit gebracht haͤtte einen Sohn
vom Herzen des Vaters los zu loͤſen, und wenn
er mit ehernen Banden daran geklammert waͤre —
Jch hab einen magiſchen Kreis von Fluͤchen um
dich gezogen, den er nicht uͤberſpringen ſoll —
Gluͤck zu Franz! Weg iſt das Schooskind — Der
Wald iſt heller. Jch muß dieſe Papiere vollends
aufheben, wie leicht koͤnnte jemand meine Hand-
ſchrifft kennen? er ließt die zerriſſenen Briefſtuͤke zuſammen.
— Und Gram wird auch den Alten bald fortſchaf-
fen, — und ihr muß ich dieſen Karl, aus dem
Herzen reiſſen, wenn auch ihr halbes Leben dran
haͤngen bleiben ſollte.

Jch habe groſſe Rechte, uͤber die Natur un-
gehalten zu ſeyn, und bey meiner Ehre! ich will
ſie geltend machen. — Warum bin ich nicht der
erſte aus Mutterleib gekrochen? Warum nicht der
Einzige? Warum mußte ſie mir dieſe Buͤrde von
Haͤßlichkeit aufladen? gerade mir? Nicht anders
als ob ſie bey meiner Geburt einen Reſt geſezt
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[13/0035] ein Schauſpiel. — Jch ſage dir bring meinen Sohn nicht zur Ver- zweiflung. Geht traurig ab. Franz. mit Lachen ihm nachſehend. Troͤſte dich Al- ter, du wirſt ihn nimmer an dieſe Bruſt druͤcken, der Weg dazu iſt ihm verrammelt, wie der Himmel der Hoͤlle — Er war aus deinen Armen geriſſen, ehe du wußteſt daß du es wollen koͤnnteſt — da muͤßt ich ein erbaͤrmlicher Stuͤmper ſeyn, wenn ichs nicht einmal ſo weit gebracht haͤtte einen Sohn vom Herzen des Vaters los zu loͤſen, und wenn er mit ehernen Banden daran geklammert waͤre — Jch hab einen magiſchen Kreis von Fluͤchen um dich gezogen, den er nicht uͤberſpringen ſoll — Gluͤck zu Franz! Weg iſt das Schooskind — Der Wald iſt heller. Jch muß dieſe Papiere vollends aufheben, wie leicht koͤnnte jemand meine Hand- ſchrifft kennen? er ließt die zerriſſenen Briefſtuͤke zuſammen. — Und Gram wird auch den Alten bald fortſchaf- fen, — und ihr muß ich dieſen Karl, aus dem Herzen reiſſen, wenn auch ihr halbes Leben dran haͤngen bleiben ſollte. Jch habe groſſe Rechte, uͤber die Natur un- gehalten zu ſeyn, und bey meiner Ehre! ich will ſie geltend machen. — Warum bin ich nicht der erſte aus Mutterleib gekrochen? Warum nicht der Einzige? Warum mußte ſie mir dieſe Buͤrde von Haͤßlichkeit aufladen? gerade mir? Nicht anders als ob ſie bey meiner Geburt einen Reſt geſezt haͤtte?

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/35>, abgerufen am 25.11.2024.