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Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

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Die Räuber,
D. a. Moor. Oh das ist allzuwahr! das ist
ein Gericht über mich. Der Herr hats ihm ge-
heißen!
Franz. Seht ihrs, wie kindlich euer Busenkind
an euch handelt. Durch eure Väterliche Theilneh-
mung erwürgt er euch, mordet euch durch eure
Liebe, hat euer Vaterherz selbst bestochen euch den
Garaus zu machen. Seyd ihr einmal nicht mehr,
so ist er Herr eurer Güter, König seiner Triebe.
Der Damm ist weg, und der Strom seiner Lüste
kann izt freyer dahinbrausen. Denkt euch einmal
an seine Stelle! Wie oft muß er den Vater unter
die Erde wünschen -- wie oft den Bruder -- die
ihm im Lauf seiner Exceße so unbarmhertzig im
Weeg stehen. Jst das aber Liebe gegen Liebe? Jst
das kindliche Dankbarkeit gegen väterliche Milde?
Wenn er dem geilen Kitzel eines Augenblicks zehn
Jahre eures Lebens aufopfert? wenn er den Ruhm
seiner Väter der sich schon sieben Jahrhunderte un-
befleckt erhalten hat, in Einer wollüstigen Minute
aufs Spiel setzt? Heißt ihr das euren Sohn?
Antwortet? heißt ihr das einen Sohn?
D. a. Moor. Ein unzärtliches Kind! ach! aber
mein Kind doch! mein Kind doch!
Franz. Ein allerliebstes köstliches Kind, dessen
ewiges Studium ist, keinen Vater zu haben --
O daß ihrs begreiffen lerntet! daß euch die Schup-
pen fielen vom Auge! aber eure Nachsicht muß ihn
in
Die Raͤuber,
D. a. Moor. Oh das iſt allzuwahr! das iſt
ein Gericht uͤber mich. Der Herr hats ihm ge-
heißen!
Franz. Seht ihrs, wie kindlich euer Buſenkind
an euch handelt. Durch eure Vaͤterliche Theilneh-
mung erwuͤrgt er euch, mordet euch durch eure
Liebe, hat euer Vaterherz ſelbſt beſtochen euch den
Garaus zu machen. Seyd ihr einmal nicht mehr,
ſo iſt er Herr eurer Guͤter, Koͤnig ſeiner Triebe.
Der Damm iſt weg, und der Strom ſeiner Luͤſte
kann izt freyer dahinbrauſen. Denkt euch einmal
an ſeine Stelle! Wie oft muß er den Vater unter
die Erde wuͤnſchen — wie oft den Bruder — die
ihm im Lauf ſeiner Exceße ſo unbarmhertzig im
Weeg ſtehen. Jſt das aber Liebe gegen Liebe? Jſt
das kindliche Dankbarkeit gegen vaͤterliche Milde?
Wenn er dem geilen Kitzel eines Augenblicks zehn
Jahre eures Lebens aufopfert? wenn er den Ruhm
ſeiner Vaͤter der ſich ſchon ſieben Jahrhunderte un-
befleckt erhalten hat, in Einer wolluͤſtigen Minute
aufs Spiel ſetzt? Heißt ihr das euren Sohn?
Antwortet? heißt ihr das einen Sohn?
D. a. Moor. Ein unzaͤrtliches Kind! ach! aber
mein Kind doch! mein Kind doch!
Franz. Ein allerliebſtes koͤſtliches Kind, deſſen
ewiges Studium iſt, keinen Vater zu haben —
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[10/0032] Die Raͤuber, D. a. Moor. Oh das iſt allzuwahr! das iſt ein Gericht uͤber mich. Der Herr hats ihm ge- heißen! Franz. Seht ihrs, wie kindlich euer Buſenkind an euch handelt. Durch eure Vaͤterliche Theilneh- mung erwuͤrgt er euch, mordet euch durch eure Liebe, hat euer Vaterherz ſelbſt beſtochen euch den Garaus zu machen. Seyd ihr einmal nicht mehr, ſo iſt er Herr eurer Guͤter, Koͤnig ſeiner Triebe. Der Damm iſt weg, und der Strom ſeiner Luͤſte kann izt freyer dahinbrauſen. Denkt euch einmal an ſeine Stelle! Wie oft muß er den Vater unter die Erde wuͤnſchen — wie oft den Bruder — die ihm im Lauf ſeiner Exceße ſo unbarmhertzig im Weeg ſtehen. Jſt das aber Liebe gegen Liebe? Jſt das kindliche Dankbarkeit gegen vaͤterliche Milde? Wenn er dem geilen Kitzel eines Augenblicks zehn Jahre eures Lebens aufopfert? wenn er den Ruhm ſeiner Vaͤter der ſich ſchon ſieben Jahrhunderte un- befleckt erhalten hat, in Einer wolluͤſtigen Minute aufs Spiel ſetzt? Heißt ihr das euren Sohn? Antwortet? heißt ihr das einen Sohn? D. a. Moor. Ein unzaͤrtliches Kind! ach! aber mein Kind doch! mein Kind doch! Franz. Ein allerliebſtes koͤſtliches Kind, deſſen ewiges Studium iſt, keinen Vater zu haben — O daß ihrs begreiffen lerntet! daß euch die Schup- pen fielen vom Auge! aber eure Nachſicht muß ihn in

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/32>, abgerufen am 21.11.2024.