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Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

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Die Räuber,
keiner! du sollst mich mit allen Waffen widerlegen,
die du in deiner Gewalt hast, aber ich blase sie weg
mit dem Hauch meines Mun#es.
Moser. Wenn du auch eben so leicht den Don-
ner wegblasen könntest, der mit zehntausendfachem
Centner-Gewicht auf deine stolze Seele fallen wird!
dieser allwissende Gott, den du Thor und Bösewicht mit-
ten aus seiner Schöpfung zernichtest, braucht sich nicht
durch den Mund des Staubes zu rechtfertigen. Er
ist eben so gros in deinen Tyranneyen, als irgend
in eiuem Lächeln der siegenden Tugend.
Franz. Ungemein gut Pfaffe! So gefällst du
mir.
Moser. Jch stehe hier in den Angelegenheiten
eines grösseren Herrn, und rede mit einem, der
Wurm ist wie ich, dem ich nicht gefallen will.
Freylich müßt ich Wunder thun können, wenn ich
deiner halsstarrigen Bosheit das Geständnis ab-
zwingen könnte, -- aber wenn deine Ueberzeugung
so fest ist? warum liessest du mich rufen, sage mir
doch, warum liessest du mich in der Mitternacht
rufen?
Franz. Weil ich lange Weile hab, und eben
am Schachbrett keinen Geschmack finde. Jch w#ll
mir einen Spaß machen, mich mit Pfaffen her-
umzubeissen. Mit dem leeren Schrecken wirst du
meinen Muth nicht entmannen. Jch weis wol,
daß derjenige auf Ewigkeit hofft, der hier zu kurz
ge-
Die Raͤuber,
keiner! du ſollſt mich mit allen Waffen widerlegen,
die du in deiner Gewalt haſt, aber ich blaſe ſie weg
mit dem Hauch meines Mun#es.
Moſer. Wenn du auch eben ſo leicht den Don-
ner wegblaſen koͤnnteſt, der mit zehntauſendfachem
Centner-Gewicht auf deine ſtolze Seele fallen wird!
dieſer allwiſſende Gott, den du Thor und Boͤſewicht mit-
ten aus ſeiner Schoͤpfung zernichteſt, braucht ſich nicht
durch den Mund des Staubes zu rechtfertigen. Er
iſt eben ſo gros in deinen Tyranneyen, als irgend
in eiuem Laͤcheln der ſiegenden Tugend.
Franz. Ungemein gut Pfaffe! So gefaͤllſt du
mir.
Moſer. Jch ſtehe hier in den Angelegenheiten
eines groͤſſeren Herrn, und rede mit einem, der
Wurm iſt wie ich, dem ich nicht gefallen will.
Freylich muͤßt ich Wunder thun koͤnnen, wenn ich
deiner halsſtarrigen Bosheit das Geſtaͤndnis ab-
zwingen koͤnnte, — aber wenn deine Ueberzeugung
ſo feſt iſt? warum lieſſeſt du mich rufen, ſage mir
doch, warum lieſſeſt du mich in der Mitternacht
rufen?
Franz. Weil ich lange Weile hab, und eben
am Schachbrett keinen Geſchmack finde. Jch w#ll
mir einen Spaß machen, mich mit Pfaffen her-
umzubeiſſen. Mit dem leeren Schrecken wirſt du
meinen Muth nicht entmannen. Jch weis wol,
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[192/0214] Die Raͤuber, keiner! du ſollſt mich mit allen Waffen widerlegen, die du in deiner Gewalt haſt, aber ich blaſe ſie weg mit dem Hauch meines Mun#es. Moſer. Wenn du auch eben ſo leicht den Don- ner wegblaſen koͤnnteſt, der mit zehntauſendfachem Centner-Gewicht auf deine ſtolze Seele fallen wird! dieſer allwiſſende Gott, den du Thor und Boͤſewicht mit- ten aus ſeiner Schoͤpfung zernichteſt, braucht ſich nicht durch den Mund des Staubes zu rechtfertigen. Er iſt eben ſo gros in deinen Tyranneyen, als irgend in eiuem Laͤcheln der ſiegenden Tugend. Franz. Ungemein gut Pfaffe! So gefaͤllſt du mir. Moſer. Jch ſtehe hier in den Angelegenheiten eines groͤſſeren Herrn, und rede mit einem, der Wurm iſt wie ich, dem ich nicht gefallen will. Freylich muͤßt ich Wunder thun koͤnnen, wenn ich deiner halsſtarrigen Bosheit das Geſtaͤndnis ab- zwingen koͤnnte, — aber wenn deine Ueberzeugung ſo feſt iſt? warum lieſſeſt du mich rufen, ſage mir doch, warum lieſſeſt du mich in der Mitternacht rufen? Franz. Weil ich lange Weile hab, und eben am Schachbrett keinen Geſchmack finde. Jch w#ll mir einen Spaß machen, mich mit Pfaffen her- umzubeiſſen. Mit dem leeren Schrecken wirſt du meinen Muth nicht entmannen. Jch weis wol, daß derjenige auf Ewigkeit hofft, der hier zu kurz ge-

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/214>, abgerufen am 24.11.2024.