Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.Die Räuber, Franz. Verrathen! Verrathen! Geister ausge- spien aus Gräbern -- Losgerüttelt das Todenreich aus dem ewigen Schlaf brüllt wider mich Mörder! Mörder! -- wer regt sich da? Daniel ängstlich. Hilf heilige Mutter Gottes! seyd ihrs gestrenger Herre, der so gräßlich durch die Gewölbe schreit, daß alle Schläfer auffahren? Franz. Schläfer? Wer heißt euch schlafen? Fort zünde Licht an Daniel ab, es kommt ein andrer Be- die#ter. Es soll niemand schlafen in dieser Stunde. Hörst du? Alles soll auf seyn -- in Waffen -- alle Gewehre geladen -- Sahst du sie dort den Bogen- gang hinschweben? Bedienter. Wen gnädiger Herr? Franz. Wen, Dummkopf, wen? So kalt, so leer fragst du, wen? hat michs doch angepackt wie der Schwindel? wen, Eselskopf! wen? Gei- ster und Teufel! wie weit ists in der Nacht? Bedienter. Eben izt ruft der Nachtwächter zwey an. Franz. Was? will diese Nacht währen bis an den jüngsten Tag? hörtest du keinen Tumult in der Nähe? Kein Siegsgeschrey? Kein Geräusch galoppirender Pferde? wo ist Kar -- der Graf, will ich sagen? Bedienter. Jch weis nicht, mein Gebieter. Franz. Du weists nicht? Du bist auch unter der Rotte? Jch will dir das Herz aus den Rippen stam-
Die Raͤuber, Franz. Verrathen! Verrathen! Geiſter ausge- ſpien aus Graͤbern — Losgeruͤttelt das Todenreich aus dem ewigen Schlaf bruͤllt wider mich Moͤrder! Moͤrder! — wer regt ſich da? Daniel aͤngſtlich. Hilf heilige Mutter Gottes! ſeyd ihrs geſtrenger Herre, der ſo graͤßlich durch die Gewoͤlbe ſchreit, daß alle Schlaͤfer auffahren? Franz. Schlaͤfer? Wer heißt euch ſchlafen? Fort zuͤnde Licht an Daniel ab, es kommt ein andrer Be- die#ter. Es ſoll niemand ſchlafen in dieſer Stunde. Hoͤrſt du? Alles ſoll auf ſeyn — in Waffen — alle Gewehre geladen — Sahſt du ſie dort den Bogen- gang hinſchweben? Bedienter. Wen gnaͤdiger Herr? Franz. Wen, Dummkopf, wen? So kalt, ſo leer fragſt du, wen? hat michs doch angepackt wie der Schwindel? wen, Eſelskopf! wen? Gei- ſter und Teufel! wie weit iſts in der Nacht? Bedienter. Eben izt ruft der Nachtwaͤchter zwey an. Franz. Was? will dieſe Nacht waͤhren bis an den juͤngſten Tag? hoͤrteſt du keinen Tumult in der Naͤhe? Kein Siegsgeſchrey? Kein Geraͤuſch galoppirender Pferde? wo iſt Kar — der Graf, will ich ſagen? Bedienter. Jch weis nicht, mein Gebieter. Franz. Du weiſts nicht? Du biſt auch unter der Rotte? Jch will dir das Herz aus den Rippen ſtam-
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Bedienter. Wen gnaͤdiger Herr?
Franz. Wen, Dummkopf, wen? So kalt, ſo
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wie der Schwindel? wen, Eſelskopf! wen? Gei-
ſter und Teufel! wie weit iſts in der Nacht?
Bedienter. Eben izt ruft der Nachtwaͤchter
zwey an.
Franz. Was? will dieſe Nacht waͤhren bis an
den juͤngſten Tag? hoͤrteſt du keinen Tumult in
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galoppirender Pferde? wo iſt Kar — der Graf,
will ich ſagen?
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Franz. Du weiſts nicht? Du biſt auch unter
der Rotte? Jch will dir das Herz aus den Rippen
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Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/206>, abgerufen am 27.07.2024. |