Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.Die Räuber, Dritte Scene. Gallerie im Schloß. Räuber Moor. Amalia treten auf. Amalia. Und getrauten Sie sich wol sein Bild- nis unter diesen Gemälden zu erkennen? Moor. O ganz gewis. Sein Bild war im- mer lebendig in mir. An den Gemälden herumgehend. Dieser ists nicht. Amalia. Errathen! -- Er war der Stamm- vater des gräflichen Hauses, und erhielt den Adel vom Barbarossa, dem er wider die Seeräuber diente. Moor immer an den Gemälden. Dieser ists auch nicht -- auch der nicht -- auch nicht jener dort -- er ist nicht unter ihnen. Amalia. Wie, sehen Sie doch besser! ich dach- te, Sie kennten ihn -- Moor. Jch kenne meinen Vater nicht besser! Jhm fehlt der sanftmüthige Zug um den Mund, der ihn aus tausenden kenntlich machte -- er ists nicht. Amalia. Jch erstaune. Wie? Achtzehn Jah- re nicht mehr gesehn, und noch -- Moor schnell, mit einer fliegenden Röthe. Dieser ists Er steht wie vom Bliz gerührt. Amalia. Ein vortreflicher Mann! Moor in seinem Anblick versunken. Vater, Vater! ver-
Die Raͤuber, Dritte Scene. Gallerie im Schloß. Raͤuber Moor. Amalia treten auf. Amalia. Und getrauten Sie ſich wol ſein Bild- nis unter dieſen Gemaͤlden zu erkennen? Moor. O ganz gewis. Sein Bild war im- mer lebendig in mir. An den Gemaͤlden herumgehend. Dieſer iſts nicht. Amalia. Errathen! — Er war der Stamm- vater des graͤflichen Hauſes, und erhielt den Adel vom Barbaroſſa, dem er wider die Seeraͤuber diente. Moor immer an den Gemaͤlden. Dieſer iſts auch nicht — auch der nicht — auch nicht jener dort — er iſt nicht unter ihnen. Amalia. Wie, ſehen Sie doch beſſer! ich dach- te, Sie kennten ihn — Moor. Jch kenne meinen Vater nicht beſſer! Jhm fehlt der ſanftmuͤthige Zug um den Mund, der ihn aus tauſenden kenntlich machte — er iſts nicht. Amalia. Jch erſtaune. Wie? Achtzehn Jah- re nicht mehr geſehn, und noch — Moor ſchnell, mit einer fliegenden Roͤthe. Dieſer iſts Er ſteht wie vom Bliz geruͤhrt. Amalia. Ein vortreflicher Mann! Moor in ſeinem Anblick verſunken. Vater, Vater! ver-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0158" n="136"/> <fw place="top" type="header">Die Raͤuber,</fw><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Dritte Scene</hi>.</head><lb/> <stage>Gallerie im Schloß.<lb/><hi rendition="#b">Raͤuber Moor. Amalia</hi> treten auf.</stage><lb/> <sp who="#AMA"> <speaker> <hi rendition="#b">Amalia.</hi> </speaker> <p>Und getrauten Sie ſich wol ſein Bild-<lb/> nis unter dieſen Gemaͤlden zu erkennen?</p> </sp><lb/> <sp who="#MOOR"> <speaker> <hi rendition="#b">Moor.</hi> </speaker> <p>O ganz gewis. Sein Bild war im-<lb/> mer lebendig in mir. <stage>An den Gemaͤlden herumgehend.</stage><lb/><hi rendition="#fr">Dieſer</hi> iſts nicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#AMA"> <speaker> <hi rendition="#b">Amalia.</hi> </speaker> <p>Errathen! — Er war der Stamm-<lb/> vater des graͤflichen Hauſes, und erhielt den Adel<lb/> vom Barbaroſſa, <hi rendition="#fr">dem</hi> er wider die Seeraͤuber diente.</p> </sp><lb/> <sp who="#MOOR"> <speaker> <hi rendition="#b">Moor</hi> </speaker> <stage>immer an den Gemaͤlden.</stage> <p><hi rendition="#fr">Dieſer</hi> iſts auch<lb/> nicht — auch <hi rendition="#fr">der</hi> nicht — auch nicht <hi rendition="#fr">jener</hi> dort<lb/> — er iſt nicht unter ihnen.</p> </sp><lb/> <sp who="#AMA"> <speaker> <hi rendition="#b">Amalia.</hi> </speaker> <p>Wie, ſehen <hi rendition="#fr">Sie</hi> doch beſſer! ich dach-<lb/> te, Sie kennten ihn —</p> </sp><lb/> <sp who="#MOOR"> <speaker> <hi rendition="#b">Moor.</hi> </speaker> <p>Jch kenne meinen Vater nicht beſſer!<lb/> Jhm fehlt der ſanftmuͤthige Zug um den Mund,<lb/> der ihn aus tauſenden kenntlich machte — er iſts<lb/> nicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#AMA"> <speaker> <hi rendition="#b">Amalia.</hi> </speaker> <p>Jch erſtaune. Wie? Achtzehn Jah-<lb/> re nicht mehr geſehn, und noch —</p> </sp><lb/> <sp who="#MOOR"> <speaker> <hi rendition="#b">Moor</hi> </speaker> <stage>ſchnell, mit einer fliegenden Roͤthe.</stage> <p> <hi rendition="#fr">Dieſer iſts</hi> </p><lb/> <stage>Er ſteht wie vom Bliz geruͤhrt.</stage><lb/> </sp> <sp who="#AMA"> <speaker> <hi rendition="#b">Amalia.</hi> </speaker> <p>Ein vortreflicher Mann!</p> </sp><lb/> <sp who="#MOOR"> <speaker> <hi rendition="#b">Moor</hi> </speaker> <stage>in ſeinem Anblick verſunken.</stage> <p>Vater, Vater!<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [136/0158]
Die Raͤuber,
Dritte Scene.
Gallerie im Schloß.
Raͤuber Moor. Amalia treten auf.
Amalia. Und getrauten Sie ſich wol ſein Bild-
nis unter dieſen Gemaͤlden zu erkennen?
Moor. O ganz gewis. Sein Bild war im-
mer lebendig in mir. An den Gemaͤlden herumgehend.
Dieſer iſts nicht.
Amalia. Errathen! — Er war der Stamm-
vater des graͤflichen Hauſes, und erhielt den Adel
vom Barbaroſſa, dem er wider die Seeraͤuber diente.
Moor immer an den Gemaͤlden. Dieſer iſts auch
nicht — auch der nicht — auch nicht jener dort
— er iſt nicht unter ihnen.
Amalia. Wie, ſehen Sie doch beſſer! ich dach-
te, Sie kennten ihn —
Moor. Jch kenne meinen Vater nicht beſſer!
Jhm fehlt der ſanftmuͤthige Zug um den Mund,
der ihn aus tauſenden kenntlich machte — er iſts
nicht.
Amalia. Jch erſtaune. Wie? Achtzehn Jah-
re nicht mehr geſehn, und noch —
Moor ſchnell, mit einer fliegenden Roͤthe. Dieſer iſts
Er ſteht wie vom Bliz geruͤhrt.
Amalia. Ein vortreflicher Mann!
Moor in ſeinem Anblick verſunken. Vater, Vater!
ver-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/158 |
Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/158>, abgerufen am 27.07.2024. |