Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.ein Schauspiel. Hauptmann: Wahr ists, ich habe den Reichs-Grafenerschlagen, die Dominikus-Kirche angezündet und geplündert, hab Feuerbrände in eure bigotte Stadt geworffen, und den Pulverthurm über die Häupter guter Christen herabgestürzt -- aber das ist noch nicht alles. Jch habe noch mehr gethan. Er streckt seine rechte Hand aus. Bemerken sie die vier kostbare Ringe, die ich an jedem Finger trage -- gehen Sie hin, und richten Sie Punct für Punct den Herren des Gerichts über Lebeu und Tod aus, was sie se- hen und hören werden -- diesen Rubin zog ich ei- nem Minister vom Finger, den ich auf der Jagd zu den Füssen seines Fürsten niederwarf. Er hatte sich aus dem Pöbelstaub zu seinem ersten Günst- ling empor geschmeichelt, der Fall seines Nachbars war seiner Hoheit schemel -- Tränen der Waisen hu- ben ihn auf. Diesen Demant zog ich einem Finanz- rath ab, der Ehrenstellen und Aemter an die Meist- bietenden verkaufte und dem traurenden Patrioten von seiner Thüre sties. -- Diesen Achat trag ich einem Pfaffen Jhres Gelichters zur Ehre, den ich mit eigener Hand erwürgte, als er auf offener Kanzel geweint hatte, daß die Jnquisition so in Zerfall käme -- ich könnte Jhnen noch mehr Geschichteu von meinen Ringen erzählen, wenn mich nicht schon die paar Worte gereuten, die ich mit Jhnen verschwendet habe -- Pater. O Pharao! Pharao! Moor. G 5
ein Schauſpiel. Hauptmann: Wahr iſts, ich habe den Reichs-Grafenerſchlagen, die Dominikus-Kirche angezuͤndet und gepluͤndert, hab Feuerbraͤnde in eure bigotte Stadt geworffen, und den Pulverthurm uͤber die Haͤupter guter Chriſten herabgeſtuͤrzt — aber das iſt noch nicht alles. Jch habe noch mehr gethan. Er ſtreckt ſeine rechte Hand aus. Bemerken ſie die vier koſtbare Ringe, die ich an jedem Finger trage — gehen Sie hin, und richten Sie Punct fuͤr Punct den Herren des Gerichts uͤber Lebeu und Tod aus, was ſie ſe- hen und hoͤren werden — dieſen Rubin zog ich ei- nem Miniſter vom Finger, den ich auf der Jagd zu den Fuͤſſen ſeines Fuͤrſten niederwarf. Er hatte ſich aus dem Poͤbelſtaub zu ſeinem erſten Guͤnſt- ling empor geſchmeichelt, der Fall ſeines Nachbars war ſeiner Hoheit ſchemel — Traͤnen der Waiſen hu- ben ihn auf. Dieſen Demant zog ich einem Finanz- rath ab, der Ehrenſtellen und Aemter an die Meiſt- bietenden verkaufte und dem traurenden Patrioten von ſeiner Thuͤre ſties. — Dieſen Achat trag ich einem Pfaffen Jhres Gelichters zur Ehre, den ich mit eigener Hand erwuͤrgte, als er auf offener Kanzel geweint hatte, daß die Jnquiſition ſo in Zerfall kaͤme — ich koͤnnte Jhnen noch mehr Geſchichteu von meinen Ringen erzaͤhlen, wenn mich nicht ſchon die paar Worte gereuten, die ich mit Jhnen verſchwendet habe — Pater. O Pharao! Pharao! Moor. G 5
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ein Schauſpiel.
Hauptmann: Wahr iſts, ich habe den Reichs-Grafen
erſchlagen, die Dominikus-Kirche angezuͤndet und
gepluͤndert, hab Feuerbraͤnde in eure bigotte Stadt
geworffen, und den Pulverthurm uͤber die Haͤupter
guter Chriſten herabgeſtuͤrzt — aber das iſt noch
nicht alles. Jch habe noch mehr gethan. Er ſtreckt
ſeine rechte Hand aus. Bemerken ſie die vier koſtbare
Ringe, die ich an jedem Finger trage — gehen Sie
hin, und richten Sie Punct fuͤr Punct den Herren
des Gerichts uͤber Lebeu und Tod aus, was ſie ſe-
hen und hoͤren werden — dieſen Rubin zog ich ei-
nem Miniſter vom Finger, den ich auf der Jagd zu
den Fuͤſſen ſeines Fuͤrſten niederwarf. Er hatte
ſich aus dem Poͤbelſtaub zu ſeinem erſten Guͤnſt-
ling empor geſchmeichelt, der Fall ſeines Nachbars
war ſeiner Hoheit ſchemel — Traͤnen der Waiſen hu-
ben ihn auf. Dieſen Demant zog ich einem Finanz-
rath ab, der Ehrenſtellen und Aemter an die Meiſt-
bietenden verkaufte und dem traurenden Patrioten von
ſeiner Thuͤre ſties. — Dieſen Achat trag ich einem
Pfaffen Jhres Gelichters zur Ehre, den ich mit
eigener Hand erwuͤrgte, als er auf offener Kanzel
geweint hatte, daß die Jnquiſition ſo in Zerfall
kaͤme — ich koͤnnte Jhnen noch mehr Geſchichteu
von meinen Ringen erzaͤhlen, wenn mich nicht
ſchon die paar Worte gereuten, die ich mit Jhnen
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Pater. O Pharao! Pharao!
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Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/127>, abgerufen am 27.07.2024. |