Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Räuber,
beym Magistrat anzugeben, daß die Kanaille mir
meinen Namen so verhunzen soll -- wie ich sage,
drey Monath drauf hangt er. Jch mußte nach-
her eine derbe Prise Tobak in die Nase reiben,
als ich am Galgen vorbeyspazierte, und den Psev-
do-Spiegelberg in seiner Glorie da paradiren sah
-- und unterdessen daß Spiegelberg hangt, schleicht
sich Spiegelberg ganz sachte aus den Schlingen,
und deutet der superklugen Gerechtigkeit hinterruks
Eselsohren, daß's zum Erbarmen ist.
Razmann lacht. Du bist eben noch immer der
alte.
Spiegelberg. Das bin ich, wie du siehst, an
Leib und Seel. Narr! einen Spaß mus ich dir
doch erzählen, den ich neulich im Cäcilien-Kloster
angerichtet habe. Jch treffe das Kloster auf mei-
ner Wanderschaft so gegen die Dämmerung, und
da ich eben den Tag noch keine Patrone verschos-
sen hatte, du weist, ich hasse das diem perdidi
auf den Tod, so mußte die Nacht noch durch ei-
nen Streich verherrlicht werden, und sollts dem
Teufel um ein Ohr gelten! Wir halten uns ru-
hig bis in die späte Nacht. Es wird mausstill.
Die Lichter gehen aus. Wir denken die Nonnen
könnten izt in den Federn seyn. Nun nehm ich
meinen Kameraden Grimm mit mir, heis die an-
dern warten vorm Thor, bis sie mein Pfeifchen
hören würden, -- versichere mich des Klosterwäch-
ters,
Die Raͤuber,
beym Magiſtrat anzugeben, daß die Kanaille mir
meinen Namen ſo verhunzen ſoll — wie ich ſage,
drey Monath drauf hangt er. Jch mußte nach-
her eine derbe Priſe Tobak in die Naſe reiben,
als ich am Galgen vorbeyſpazierte, und den Pſev-
do-Spiegelberg in ſeiner Glorie da paradiren ſah
— und unterdeſſen daß Spiegelberg hangt, ſchleicht
ſich Spiegelberg ganz ſachte aus den Schlingen,
und deutet der ſuperklugen Gerechtigkeit hinterruks
Eſelsohren, daß's zum Erbarmen iſt.
Razmann lacht. Du biſt eben noch immer der
alte.
Spiegelberg. Das bin ich, wie du ſiehſt, an
Leib und Seel. Narr! einen Spaß mus ich dir
doch erzaͤhlen, den ich neulich im Caͤcilien-Kloſter
angerichtet habe. Jch treffe das Kloſter auf mei-
ner Wanderſchaft ſo gegen die Daͤmmerung, und
da ich eben den Tag noch keine Patrone verſchoſ-
ſen hatte, du weiſt, ich haſſe das diem perdidi
auf den Tod, ſo mußte die Nacht noch durch ei-
nen Streich verherrlicht werden, und ſollts dem
Teufel um ein Ohr gelten! Wir halten uns ru-
hig bis in die ſpaͤte Nacht. Es wird mausſtill.
Die Lichter gehen aus. Wir denken die Nonnen
koͤnnten izt in den Federn ſeyn. Nun nehm ich
meinen Kameraden Grimm mit mir, heis die an-
dern warten vorm Thor, bis ſie mein Pfeifchen
hoͤren wuͤrden, — verſichere mich des Kloſterwaͤch-
ters,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#SPI">
            <p><pb facs="#f0100" n="78"/><fw place="top" type="header">Die Ra&#x0364;uber,</fw><lb/>
beym Magi&#x017F;trat anzugeben, daß die Kanaille mir<lb/>
meinen Namen &#x017F;o verhunzen &#x017F;oll &#x2014; wie ich &#x017F;age,<lb/>
drey Monath drauf hangt er. Jch mußte nach-<lb/>
her eine derbe Pri&#x017F;e Tobak in die Na&#x017F;e reiben,<lb/>
als ich am Galgen vorbey&#x017F;pazierte, und den P&#x017F;ev-<lb/>
do-Spiegelberg in &#x017F;einer Glorie da paradiren &#x017F;ah<lb/>
&#x2014; und unterde&#x017F;&#x017F;en daß Spiegelberg hangt, &#x017F;chleicht<lb/>
&#x017F;ich Spiegelberg ganz &#x017F;achte aus den Schlingen,<lb/>
und deutet der &#x017F;uperklugen Gerechtigkeit hinterruks<lb/>
E&#x017F;elsohren, daß's zum Erbarmen i&#x017F;t.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#RAZ">
            <speaker> <hi rendition="#b">Razmann</hi> </speaker>
            <stage>lacht.</stage>
            <p>Du bi&#x017F;t eben noch immer der<lb/>
alte.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SPI">
            <speaker> <hi rendition="#b">Spiegelberg.</hi> </speaker>
            <p>Das bin ich, wie du &#x017F;ieh&#x017F;t, an<lb/>
Leib und Seel. Narr! einen Spaß mus ich dir<lb/>
doch erza&#x0364;hlen, den ich neulich im Ca&#x0364;cilien-Klo&#x017F;ter<lb/>
angerichtet habe. Jch treffe das Klo&#x017F;ter auf mei-<lb/>
ner Wander&#x017F;chaft &#x017F;o gegen die Da&#x0364;mmerung, und<lb/>
da ich eben den Tag noch keine Patrone ver&#x017F;cho&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en hatte, du wei&#x017F;t, ich ha&#x017F;&#x017F;e das <hi rendition="#aq">diem perdidi</hi><lb/>
auf den Tod, &#x017F;o mußte die Nacht noch durch ei-<lb/>
nen Streich verherrlicht werden, und &#x017F;ollts dem<lb/>
Teufel um ein Ohr gelten! Wir halten uns ru-<lb/>
hig bis in die &#x017F;pa&#x0364;te Nacht. Es wird maus&#x017F;till.<lb/>
Die Lichter gehen aus. Wir denken die Nonnen<lb/>
ko&#x0364;nnten izt in den Federn &#x017F;eyn. Nun nehm ich<lb/>
meinen Kameraden Grimm mit mir, heis die an-<lb/>
dern warten vorm Thor, bis &#x017F;ie mein Pfeifchen<lb/>
ho&#x0364;ren wu&#x0364;rden, &#x2014; ver&#x017F;ichere mich des Klo&#x017F;terwa&#x0364;ch-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ters,</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0100] Die Raͤuber, beym Magiſtrat anzugeben, daß die Kanaille mir meinen Namen ſo verhunzen ſoll — wie ich ſage, drey Monath drauf hangt er. Jch mußte nach- her eine derbe Priſe Tobak in die Naſe reiben, als ich am Galgen vorbeyſpazierte, und den Pſev- do-Spiegelberg in ſeiner Glorie da paradiren ſah — und unterdeſſen daß Spiegelberg hangt, ſchleicht ſich Spiegelberg ganz ſachte aus den Schlingen, und deutet der ſuperklugen Gerechtigkeit hinterruks Eſelsohren, daß's zum Erbarmen iſt. Razmann lacht. Du biſt eben noch immer der alte. Spiegelberg. Das bin ich, wie du ſiehſt, an Leib und Seel. Narr! einen Spaß mus ich dir doch erzaͤhlen, den ich neulich im Caͤcilien-Kloſter angerichtet habe. Jch treffe das Kloſter auf mei- ner Wanderſchaft ſo gegen die Daͤmmerung, und da ich eben den Tag noch keine Patrone verſchoſ- ſen hatte, du weiſt, ich haſſe das diem perdidi auf den Tod, ſo mußte die Nacht noch durch ei- nen Streich verherrlicht werden, und ſollts dem Teufel um ein Ohr gelten! Wir halten uns ru- hig bis in die ſpaͤte Nacht. Es wird mausſtill. Die Lichter gehen aus. Wir denken die Nonnen koͤnnten izt in den Federn ſeyn. Nun nehm ich meinen Kameraden Grimm mit mir, heis die an- dern warten vorm Thor, bis ſie mein Pfeifchen hoͤren wuͤrden, — verſichere mich des Kloſterwaͤch- ters,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/100
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/100>, abgerufen am 27.12.2024.