Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Oesterreich, mit Oesterreich der Kaiserthron verloren. Ferdinand verließ seine Hauptstadt nicht, und wollte eben so wenig von Bedingungen hören. Die Jesuiten, muß man gestehen, hatten ihren Aberglauben in die Brust eines Helden gesät, und der gelehrige Zögling bestand in der Probe.

Der Erzherzog war noch im Wortwechsel mit den deputirten Baronen, als auf einmal Trompetenschall den Burgplatz erfüllte. Unter den Anwesenden wechseln Furcht und Erstaunen - ein erschreckendes Gerücht durchläuft die Burg - ein Deputirter nach dem andern verschwindet. Viele von Adel und der Bürgerschaft hörte man eilfertig in das Thurnische Lager fliehen. Diese schnelle Veränderung wirkte ein Regiment Dampierrischer Kürassiere, welches in diesem wichtigen Augenblick in die Stadt einrückte, den Erzherzog zu vertheidigen. Bald folgte auch Fußvolk nach, viele katholische Bürger, durch diese Erscheinung mit neuem Muth belebt, und die Studierenden selbst ergriffen die Waffen. Eine Nachricht, die so eben aus Böhmen einlief, vollendete seine Errettung. Der Niederländische General Boucquoi hatte den Grafen Mansfeld bey Budweiß aufs Haupt geschlagen, und war im Anzuge gegen Prag. Eilfertig brachen die Böhmen ihre Gezelte ab, um ihre Hauptstadt zu entsezen.

Und jezt waren auch die Pässe wieder frey, die der Feind besezt gehalten, um Ferdinanden den Weg nach Frankfurt zur Kaiserwahl zu verlegen. Wenn es dem König von Ungarn für seinen ganzen Plan wichtig war, den Deutschen Thron zu besteigen, so war es jezt um so wichtiger, da seine Ernennung zum Kaiser das unverdächtigste und entscheidendste Zeugniß für die Würdigkeit seiner Person und die Gerechtigkeit seiner Sache ablegte, und ihm zugleich zu einem Beystande des Reichs Hoffnung machte. Aber

Oesterreich, mit Oesterreich der Kaiserthron verloren. Ferdinand verließ seine Hauptstadt nicht, und wollte eben so wenig von Bedingungen hören. Die Jesuiten, muß man gestehen, hatten ihren Aberglauben in die Brust eines Helden gesät, und der gelehrige Zögling bestand in der Probe.

Der Erzherzog war noch im Wortwechsel mit den deputirten Baronen, als auf einmal Trompetenschall den Burgplatz erfüllte. Unter den Anwesenden wechseln Furcht und Erstaunen – ein erschreckendes Gerücht durchläuft die Burg – ein Deputirter nach dem andern verschwindet. Viele von Adel und der Bürgerschaft hörte man eilfertig in das Thurnische Lager fliehen. Diese schnelle Veränderung wirkte ein Regiment Dampierrischer Kürassiere, welches in diesem wichtigen Augenblick in die Stadt einrückte, den Erzherzog zu vertheidigen. Bald folgte auch Fußvolk nach, viele katholische Bürger, durch diese Erscheinung mit neuem Muth belebt, und die Studierenden selbst ergriffen die Waffen. Eine Nachricht, die so eben aus Böhmen einlief, vollendete seine Errettung. Der Niederländische General Boucquoi hatte den Grafen Mansfeld bey Budweiß aufs Haupt geschlagen, und war im Anzuge gegen Prag. Eilfertig brachen die Böhmen ihre Gezelte ab, um ihre Hauptstadt zu entsezen.

Und jezt waren auch die Pässe wieder frey, die der Feind besezt gehalten, um Ferdinanden den Weg nach Frankfurt zur Kaiserwahl zu verlegen. Wenn es dem König von Ungarn für seinen ganzen Plan wichtig war, den Deutschen Thron zu besteigen, so war es jezt um so wichtiger, da seine Ernennung zum Kaiser das unverdächtigste und entscheidendste Zeugniß für die Würdigkeit seiner Person und die Gerechtigkeit seiner Sache ablegte, und ihm zugleich zu einem Beystande des Reichs Hoffnung machte. Aber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0097" n="89"/>
Oesterreich, mit Oesterreich der Kaiserthron verloren. Ferdinand           verließ seine Hauptstadt nicht, und wollte eben so wenig von Bedingungen hören. Die           Jesuiten, muß man gestehen, hatten ihren Aberglauben in die Brust eines Helden gesät, und           der gelehrige Zögling bestand in der Probe.</p>
        <p>Der Erzherzog war noch im Wortwechsel mit den deputirten Baronen, als auf einmal           Trompetenschall den Burgplatz erfüllte. Unter den Anwesenden wechseln Furcht und Erstaunen           &#x2013; ein erschreckendes Gerücht durchläuft die Burg &#x2013; ein Deputirter nach dem andern           verschwindet. Viele von Adel und der Bürgerschaft hörte man eilfertig in das Thurnische           Lager fliehen. Diese schnelle Veränderung wirkte ein Regiment Dampierrischer Kürassiere,           welches in diesem wichtigen Augenblick in die Stadt einrückte, den Erzherzog zu           vertheidigen. Bald folgte auch Fußvolk nach, viele katholische Bürger, durch diese           Erscheinung mit neuem Muth belebt, und die Studierenden selbst ergriffen die Waffen. Eine           Nachricht, die so eben aus Böhmen einlief, vollendete seine Errettung. Der Niederländische           General Boucquoi hatte den Grafen Mansfeld bey Budweiß aufs Haupt geschlagen, und war im           Anzuge gegen Prag. Eilfertig brachen die Böhmen ihre Gezelte ab, um ihre Hauptstadt zu           entsezen.</p>
        <p>Und jezt waren auch die Pässe wieder frey, die der Feind besezt gehalten, um Ferdinanden           den Weg nach Frankfurt zur Kaiserwahl zu verlegen. Wenn es dem König von Ungarn für seinen           ganzen Plan wichtig war, den Deutschen Thron zu besteigen, so war es jezt um so wichtiger,           da seine Ernennung zum Kaiser das unverdächtigste und entscheidendste Zeugniß für die           Würdigkeit seiner Person und die Gerechtigkeit seiner Sache ablegte, und ihm zugleich zu           einem Beystande des Reichs Hoffnung machte. Aber
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0097] Oesterreich, mit Oesterreich der Kaiserthron verloren. Ferdinand verließ seine Hauptstadt nicht, und wollte eben so wenig von Bedingungen hören. Die Jesuiten, muß man gestehen, hatten ihren Aberglauben in die Brust eines Helden gesät, und der gelehrige Zögling bestand in der Probe. Der Erzherzog war noch im Wortwechsel mit den deputirten Baronen, als auf einmal Trompetenschall den Burgplatz erfüllte. Unter den Anwesenden wechseln Furcht und Erstaunen – ein erschreckendes Gerücht durchläuft die Burg – ein Deputirter nach dem andern verschwindet. Viele von Adel und der Bürgerschaft hörte man eilfertig in das Thurnische Lager fliehen. Diese schnelle Veränderung wirkte ein Regiment Dampierrischer Kürassiere, welches in diesem wichtigen Augenblick in die Stadt einrückte, den Erzherzog zu vertheidigen. Bald folgte auch Fußvolk nach, viele katholische Bürger, durch diese Erscheinung mit neuem Muth belebt, und die Studierenden selbst ergriffen die Waffen. Eine Nachricht, die so eben aus Böhmen einlief, vollendete seine Errettung. Der Niederländische General Boucquoi hatte den Grafen Mansfeld bey Budweiß aufs Haupt geschlagen, und war im Anzuge gegen Prag. Eilfertig brachen die Böhmen ihre Gezelte ab, um ihre Hauptstadt zu entsezen. Und jezt waren auch die Pässe wieder frey, die der Feind besezt gehalten, um Ferdinanden den Weg nach Frankfurt zur Kaiserwahl zu verlegen. Wenn es dem König von Ungarn für seinen ganzen Plan wichtig war, den Deutschen Thron zu besteigen, so war es jezt um so wichtiger, da seine Ernennung zum Kaiser das unverdächtigste und entscheidendste Zeugniß für die Würdigkeit seiner Person und die Gerechtigkeit seiner Sache ablegte, und ihm zugleich zu einem Beystande des Reichs Hoffnung machte. Aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/97
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/97>, abgerufen am 22.11.2024.