Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.Den Sekretär Fabricius, eine Creatur von beyden, schickte man ihnen nach. Ueber eine so seltsame Art zu exequiren verwunderte sich die ganze gesittete Welt, wie billig; die Böhmen entschuldigten sie als einen landüblichen Gebrauch, und fanden an dem ganzen Vorfalle nichts wunderbar, als daß man von einem so hohen Sprunge so gesund wieder aufstehen konnte. Ein Misthaufen, auf den die kaiserliche Statthalterschaft zu liegen kam, hatte sie vor Beschädigung gerettet. Es war nicht zu erwarten, daß man sich durch diese rasche Exekution in der Gnade des Kaisers sehr verbessert haben würde; aber eben dahin hatte der Graf von Thurn die Stände gewollt. Hatten sich diese, aus Furcht einer noch ungewissen Gefahr, eine solche Gewaltthätigkeit erlaubt, so mußte jezt die gewisse Erwartung der Strafe und das dringender gewordene Bedürfniß der Sicherheit sie noch tiefer hinein reißen. Durch diese brutale Handlung der Selbsthülfe war der Unentschlossenheit und Reue jeder Rückweg versperrt, und ein einzelnes Verbrechen schien nur durch eine Kette von Gewaltthaten ausgesöhnt werden zu können. Da die That selbst nicht ungeschehen zu machen war, so mußte man die strafende Macht entwaffnen. Dreyßig Direktoren wurden ernannt, den Aufstand gesezmäßig fortzuführen. Man bemächtigte sich aller Regierungsgeschäfte und aller königlichen Gefälle, nahm alle königlichen Beamten und Soldaten in Pflichten, und ließ ein Aufgeboth an die ganze Böhmische Nation ergehen, sich der gemeinschaftlichen Sache anzunehmen. Die Jesuiten, welche der allgemeine Haß als die Urheber aller bisherigen Unterdrückungen anklagte, wurden aus dem ganzen Königreiche verbannt, und die Stände fanden für nöthig, sich dieses harten Schlusses wegen in einem eignen Manifest zu verantworten. Alle diese Schritte geschahen zur Aufrechthaltung der königlichen Macht und der Geseze - die Sprache aller Rebellen, bis sich das Glück für sie entschieden hat. Den Sekretär Fabricius, eine Creatur von beyden, schickte man ihnen nach. Ueber eine so seltsame Art zu exequiren verwunderte sich die ganze gesittete Welt, wie billig; die Böhmen entschuldigten sie als einen landüblichen Gebrauch, und fanden an dem ganzen Vorfalle nichts wunderbar, als daß man von einem so hohen Sprunge so gesund wieder aufstehen konnte. Ein Misthaufen, auf den die kaiserliche Statthalterschaft zu liegen kam, hatte sie vor Beschädigung gerettet. Es war nicht zu erwarten, daß man sich durch diese rasche Exekution in der Gnade des Kaisers sehr verbessert haben würde; aber eben dahin hatte der Graf von Thurn die Stände gewollt. Hatten sich diese, aus Furcht einer noch ungewissen Gefahr, eine solche Gewaltthätigkeit erlaubt, so mußte jezt die gewisse Erwartung der Strafe und das dringender gewordene Bedürfniß der Sicherheit sie noch tiefer hinein reißen. Durch diese brutale Handlung der Selbsthülfe war der Unentschlossenheit und Reue jeder Rückweg versperrt, und ein einzelnes Verbrechen schien nur durch eine Kette von Gewaltthaten ausgesöhnt werden zu können. Da die That selbst nicht ungeschehen zu machen war, so mußte man die strafende Macht entwaffnen. Dreyßig Direktoren wurden ernannt, den Aufstand gesezmäßig fortzuführen. Man bemächtigte sich aller Regierungsgeschäfte und aller königlichen Gefälle, nahm alle königlichen Beamten und Soldaten in Pflichten, und ließ ein Aufgeboth an die ganze Böhmische Nation ergehen, sich der gemeinschaftlichen Sache anzunehmen. Die Jesuiten, welche der allgemeine Haß als die Urheber aller bisherigen Unterdrückungen anklagte, wurden aus dem ganzen Königreiche verbannt, und die Stände fanden für nöthig, sich dieses harten Schlusses wegen in einem eignen Manifest zu verantworten. Alle diese Schritte geschahen zur Aufrechthaltung der königlichen Macht und der Geseze – die Sprache aller Rebellen, bis sich das Glück für sie entschieden hat. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0085" n="77"/> Den Sekretär Fabricius, eine Creatur von beyden, schickte man ihnen nach. Ueber eine so seltsame Art zu exequiren verwunderte sich die ganze gesittete Welt, wie billig; die Böhmen entschuldigten sie als einen landüblichen Gebrauch, und fanden an dem ganzen Vorfalle nichts wunderbar, als daß man von einem so hohen Sprunge so gesund wieder aufstehen konnte. Ein Misthaufen, auf den die kaiserliche Statthalterschaft zu liegen kam, hatte sie vor Beschädigung gerettet.</p> <p>Es war nicht zu erwarten, daß man sich durch diese rasche Exekution in der Gnade des Kaisers sehr verbessert haben würde; aber eben dahin hatte der Graf von Thurn die Stände gewollt. Hatten sich diese, aus Furcht einer noch ungewissen Gefahr, eine solche Gewaltthätigkeit erlaubt, so mußte jezt die gewisse Erwartung der Strafe und das dringender gewordene Bedürfniß der Sicherheit sie noch tiefer hinein reißen. Durch diese brutale Handlung der Selbsthülfe war der Unentschlossenheit und Reue jeder Rückweg versperrt, und ein einzelnes Verbrechen schien nur durch eine Kette von Gewaltthaten ausgesöhnt werden zu können. Da die That selbst nicht ungeschehen zu machen war, so mußte man die strafende Macht entwaffnen. Dreyßig Direktoren wurden ernannt, den Aufstand gesezmäßig fortzuführen. Man bemächtigte sich aller Regierungsgeschäfte und aller königlichen Gefälle, nahm alle königlichen Beamten und Soldaten in Pflichten, und ließ ein Aufgeboth an die ganze Böhmische Nation ergehen, sich der gemeinschaftlichen Sache anzunehmen. Die Jesuiten, welche der allgemeine Haß als die Urheber aller bisherigen Unterdrückungen anklagte, wurden aus dem ganzen Königreiche verbannt, und die Stände fanden für nöthig, sich dieses harten Schlusses wegen in einem eignen Manifest zu verantworten. Alle diese Schritte geschahen zur Aufrechthaltung der königlichen Macht und der Geseze – die Sprache aller Rebellen, bis sich das Glück für sie entschieden hat.</p> </div> </body> </text> </TEI> [77/0085]
Den Sekretär Fabricius, eine Creatur von beyden, schickte man ihnen nach. Ueber eine so seltsame Art zu exequiren verwunderte sich die ganze gesittete Welt, wie billig; die Böhmen entschuldigten sie als einen landüblichen Gebrauch, und fanden an dem ganzen Vorfalle nichts wunderbar, als daß man von einem so hohen Sprunge so gesund wieder aufstehen konnte. Ein Misthaufen, auf den die kaiserliche Statthalterschaft zu liegen kam, hatte sie vor Beschädigung gerettet.
Es war nicht zu erwarten, daß man sich durch diese rasche Exekution in der Gnade des Kaisers sehr verbessert haben würde; aber eben dahin hatte der Graf von Thurn die Stände gewollt. Hatten sich diese, aus Furcht einer noch ungewissen Gefahr, eine solche Gewaltthätigkeit erlaubt, so mußte jezt die gewisse Erwartung der Strafe und das dringender gewordene Bedürfniß der Sicherheit sie noch tiefer hinein reißen. Durch diese brutale Handlung der Selbsthülfe war der Unentschlossenheit und Reue jeder Rückweg versperrt, und ein einzelnes Verbrechen schien nur durch eine Kette von Gewaltthaten ausgesöhnt werden zu können. Da die That selbst nicht ungeschehen zu machen war, so mußte man die strafende Macht entwaffnen. Dreyßig Direktoren wurden ernannt, den Aufstand gesezmäßig fortzuführen. Man bemächtigte sich aller Regierungsgeschäfte und aller königlichen Gefälle, nahm alle königlichen Beamten und Soldaten in Pflichten, und ließ ein Aufgeboth an die ganze Böhmische Nation ergehen, sich der gemeinschaftlichen Sache anzunehmen. Die Jesuiten, welche der allgemeine Haß als die Urheber aller bisherigen Unterdrückungen anklagte, wurden aus dem ganzen Königreiche verbannt, und die Stände fanden für nöthig, sich dieses harten Schlusses wegen in einem eignen Manifest zu verantworten. Alle diese Schritte geschahen zur Aufrechthaltung der königlichen Macht und der Geseze – die Sprache aller Rebellen, bis sich das Glück für sie entschieden hat.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |