Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.Uebereinstimmung und Planmäßigkeit geliehen, wovon sie wahrscheinlich weit entfernt gewesen sind. Kein Gerücht war so abenteuerlich, keine Beschuldigung so abscheulich, die man nicht bereitwillig aufgefangen und geltend gemacht hätte. Wäre bey den Katholiken der Wunsch noch so mächtig gewesen, den Religionsfrieden zu verlezen, wie er es auch wohl in der That war, so hatte man einen sichern Bürgen an ihrer Schwäche oder Erschöpfung, daß sie ihn heilig halten würden. Aber die Protestanten, scheint es, fürchteten, was - sie verdienten. Der Reichstag zu Regensburg, auf welchem die Protestanten sich Hoffnung gemacht hatten die Erneurung des Religionsfriedens durchzusezen, hatte sich fruchtlos zerschlagen, und zu ihren bisherigen Beschwerden war noch die neuerliche Unterdrückung von Donauwerth hinzu gekommen. Unglaublich schnell kam die so lang gesuchte Vereinigung zu Stande. Zu Auhausen in Franken traten (1608) der Churfürst Friedrich IV. von der Pfalz, der Pfalzgraf von Neuburg, zwey Markgrafen von Brandenburg, der Markgraf von Baden, und der Herzog Johann Friedrich von Wirtenberg - also Lutheraner mit Kalvinisten - für sich und ihre Erben, in ein enges Bündniß, die evangelische Union, zusammen. Der Inhalt derselben war, daß die unirten Fürsten, in Angelegenheiten der Religion und ihrer ständischen Rechte, einander wechselsweise gegen jeden Beleidiger mit Rath und That unterstüzen, und alle für Einen Mann stehen sollten; daß einem jeden mit Krieg überzogenen Mitgliede der Union von den übrigen sogleich mit einer kriegerischen Macht sollte beygesprungen, jedem im Nothfall für seine Truppen die Ländereyen, die Städte und Schlösser der mitunirten Stände geöffnet, was erobert würde aber, nach Verhältniß des Beytrags, den ein jedes dazu gegeben, unter sämtlichen Gliedern vertheilt werden sollte. Die Uebereinstimmung und Planmäßigkeit geliehen, wovon sie wahrscheinlich weit entfernt gewesen sind. Kein Gerücht war so abenteuerlich, keine Beschuldigung so abscheulich, die man nicht bereitwillig aufgefangen und geltend gemacht hätte. Wäre bey den Katholiken der Wunsch noch so mächtig gewesen, den Religionsfrieden zu verlezen, wie er es auch wohl in der That war, so hatte man einen sichern Bürgen an ihrer Schwäche oder Erschöpfung, daß sie ihn heilig halten würden. Aber die Protestanten, scheint es, fürchteten, was – sie verdienten. Der Reichstag zu Regensburg, auf welchem die Protestanten sich Hoffnung gemacht hatten die Erneurung des Religionsfriedens durchzusezen, hatte sich fruchtlos zerschlagen, und zu ihren bisherigen Beschwerden war noch die neuerliche Unterdrückung von Donauwerth hinzu gekommen. Unglaublich schnell kam die so lang gesuchte Vereinigung zu Stande. Zu Auhausen in Franken traten (1608) der Churfürst Friedrich IV. von der Pfalz, der Pfalzgraf von Neuburg, zwey Markgrafen von Brandenburg, der Markgraf von Baden, und der Herzog Johann Friedrich von Wirtenberg – also Lutheraner mit Kalvinisten – für sich und ihre Erben, in ein enges Bündniß, die evangelische Union, zusammen. Der Inhalt derselben war, daß die unirten Fürsten, in Angelegenheiten der Religion und ihrer ständischen Rechte, einander wechselsweise gegen jeden Beleidiger mit Rath und That unterstüzen, und alle für Einen Mann stehen sollten; daß einem jeden mit Krieg überzogenen Mitgliede der Union von den übrigen sogleich mit einer kriegerischen Macht sollte beygesprungen, jedem im Nothfall für seine Truppen die Ländereyen, die Städte und Schlösser der mitunirten Stände geöffnet, was erobert würde aber, nach Verhältniß des Beytrags, den ein jedes dazu gegeben, unter sämtlichen Gliedern vertheilt werden sollte. Die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0061" n="53"/> Uebereinstimmung und Planmäßigkeit geliehen, wovon sie wahrscheinlich weit entfernt gewesen sind. Kein Gerücht war so abenteuerlich, keine Beschuldigung so abscheulich, die man nicht bereitwillig aufgefangen und geltend gemacht hätte. Wäre bey den Katholiken der Wunsch noch so mächtig gewesen, den Religionsfrieden zu verlezen, wie er es auch wohl in der That war, so hatte man einen sichern Bürgen an ihrer Schwäche oder Erschöpfung, daß sie ihn heilig halten würden. Aber die Protestanten, scheint es, fürchteten, was – sie verdienten.</p> <p>Der Reichstag zu Regensburg, auf welchem die Protestanten sich Hoffnung gemacht hatten die Erneurung des Religionsfriedens durchzusezen, hatte sich fruchtlos zerschlagen, und zu ihren bisherigen Beschwerden war noch die neuerliche Unterdrückung von <placeName>Donauwerth</placeName> hinzu gekommen. Unglaublich schnell kam die so lang gesuchte Vereinigung zu Stande. 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Der Inhalt derselben war, daß die unirten Fürsten, in Angelegenheiten der Religion und ihrer ständischen Rechte, einander wechselsweise gegen jeden Beleidiger mit Rath und That unterstüzen, und alle für Einen Mann stehen sollten; daß einem jeden mit Krieg überzogenen Mitgliede der Union von den übrigen sogleich mit einer kriegerischen Macht sollte beygesprungen, jedem im Nothfall für seine Truppen die Ländereyen, die Städte und Schlösser der mitunirten Stände geöffnet, was erobert würde aber, nach Verhältniß des Beytrags, den ein jedes dazu gegeben, unter sämtlichen Gliedern vertheilt werden sollte. Die </p> </div> </body> </text> </TEI> [53/0061]
Uebereinstimmung und Planmäßigkeit geliehen, wovon sie wahrscheinlich weit entfernt gewesen sind. Kein Gerücht war so abenteuerlich, keine Beschuldigung so abscheulich, die man nicht bereitwillig aufgefangen und geltend gemacht hätte. Wäre bey den Katholiken der Wunsch noch so mächtig gewesen, den Religionsfrieden zu verlezen, wie er es auch wohl in der That war, so hatte man einen sichern Bürgen an ihrer Schwäche oder Erschöpfung, daß sie ihn heilig halten würden. Aber die Protestanten, scheint es, fürchteten, was – sie verdienten.
Der Reichstag zu Regensburg, auf welchem die Protestanten sich Hoffnung gemacht hatten die Erneurung des Religionsfriedens durchzusezen, hatte sich fruchtlos zerschlagen, und zu ihren bisherigen Beschwerden war noch die neuerliche Unterdrückung von Donauwerth hinzu gekommen. Unglaublich schnell kam die so lang gesuchte Vereinigung zu Stande. Zu Auhausen in Franken traten (1608) der Churfürst Friedrich IV. von der Pfalz, der Pfalzgraf von Neuburg, zwey Markgrafen von Brandenburg, der Markgraf von Baden, und der Herzog Johann Friedrich von Wirtenberg – also Lutheraner mit Kalvinisten – für sich und ihre Erben, in ein enges Bündniß, die evangelische Union, zusammen. Der Inhalt derselben war, daß die unirten Fürsten, in Angelegenheiten der Religion und ihrer ständischen Rechte, einander wechselsweise gegen jeden Beleidiger mit Rath und That unterstüzen, und alle für Einen Mann stehen sollten; daß einem jeden mit Krieg überzogenen Mitgliede der Union von den übrigen sogleich mit einer kriegerischen Macht sollte beygesprungen, jedem im Nothfall für seine Truppen die Ländereyen, die Städte und Schlösser der mitunirten Stände geöffnet, was erobert würde aber, nach Verhältniß des Beytrags, den ein jedes dazu gegeben, unter sämtlichen Gliedern vertheilt werden sollte. Die
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