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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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die Anführer, den kleinen Belt zu passiren und den Krieg selbst nach Fühnen und Seeland zu wälzen. Die Dänische Flotte verunglückt bey Femern, und Christian selbst, der sich auf derselben befindet, verliert durch einen Splitter sein rechtes Auge. Abgeschnitten von der weit entlegenen Macht des Kaisers, seines Bundsgenossen, steht dieser König auf dem Punkte, sein ganzes Reich von der Schwedischen Macht überschwemmt zu sehen, und es ließ sich in allem Ernst zu Erfüllung der Wahrsagung an, die man sich von dem berühmten Tycho Brahe erzählte, daß Christian IV. im Jahre 1644 mit einem blossen Stecken aus seinem Reiche würde wandern müssen.

Aber der Kaiser durfte nicht gleichgültig zusehen, daß Dänemark den Schweden zum Opfer wurde, und der Raub dieses Königreichs ihre Macht vermehrte. Wie groß auch die Schwierigkeiten waren, die sich einem so weiten Marsch durch lauter ausgehungerte Länder entgegen setzten, so säumte er doch nicht, den Grafen von Gallas, dem nach dem Austritt des Piccolomini das Oberkommando über die Truppen aufs neue war anvertraut worden, mit einer Armee nach Holstein zu senden. Gallas erschien auch wirklich in diesem Herzogthum, eroberte Kiel, und hoffte, nach der Vereinigung mit den Dänen, die Schwedische Armee in Jütland einzuschließen. Zugleich wurden die Hessen und der Schwedische General von Königsmark durch Hatzfeld und durch den Erzbischof von Bremen, den Sohn Christians IV. beschäftigt, und der Letztere durch einen Angriff auf Meißen nach Sachsen gezogen. Aber Torstensohn drang durch den unbesetzten Paß zwischen Schleswig und Stapelholm, ging mit seiner neugestärkten Armee dem Gallas entgegen, und drückte ihn den ganzen Elbstrom hinauf bis Bernburg, wo die Kaiserlichen ein festes Lager bezogen. Torstensohn passirte die Saale, und nahm eine solche Stellung, daß er den Feinden in den

die Anführer, den kleinen Belt zu passiren und den Krieg selbst nach Fühnen und Seeland zu wälzen. Die Dänische Flotte verunglückt bey Femern, und Christian selbst, der sich auf derselben befindet, verliert durch einen Splitter sein rechtes Auge. Abgeschnitten von der weit entlegenen Macht des Kaisers, seines Bundsgenossen, steht dieser König auf dem Punkte, sein ganzes Reich von der Schwedischen Macht überschwemmt zu sehen, und es ließ sich in allem Ernst zu Erfüllung der Wahrsagung an, die man sich von dem berühmten Tycho Brahe erzählte, daß Christian IV. im Jahre 1644 mit einem blossen Stecken aus seinem Reiche würde wandern müssen.

Aber der Kaiser durfte nicht gleichgültig zusehen, daß Dänemark den Schweden zum Opfer wurde, und der Raub dieses Königreichs ihre Macht vermehrte. Wie groß auch die Schwierigkeiten waren, die sich einem so weiten Marsch durch lauter ausgehungerte Länder entgegen setzten, so säumte er doch nicht, den Grafen von Gallas, dem nach dem Austritt des Piccolomini das Oberkommando über die Truppen aufs neue war anvertraut worden, mit einer Armee nach Holstein zu senden. Gallas erschien auch wirklich in diesem Herzogthum, eroberte Kiel, und hoffte, nach der Vereinigung mit den Dänen, die Schwedische Armee in Jütland einzuschließen. Zugleich wurden die Hessen und der Schwedische General von Königsmark durch Hatzfeld und durch den Erzbischof von Bremen, den Sohn Christians IV. beschäftigt, und der Letztere durch einen Angriff auf Meißen nach Sachsen gezogen. Aber Torstensohn drang durch den unbesetzten Paß zwischen Schleswig und Stapelholm, ging mit seiner neugestärkten Armee dem Gallas entgegen, und drückte ihn den ganzen Elbstrom hinauf bis Bernburg, wo die Kaiserlichen ein festes Lager bezogen. Torstensohn passirte die Saale, und nahm eine solche Stellung, daß er den Feinden in den

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[468/0476] die Anführer, den kleinen Belt zu passiren und den Krieg selbst nach Fühnen und Seeland zu wälzen. Die Dänische Flotte verunglückt bey Femern, und Christian selbst, der sich auf derselben befindet, verliert durch einen Splitter sein rechtes Auge. Abgeschnitten von der weit entlegenen Macht des Kaisers, seines Bundsgenossen, steht dieser König auf dem Punkte, sein ganzes Reich von der Schwedischen Macht überschwemmt zu sehen, und es ließ sich in allem Ernst zu Erfüllung der Wahrsagung an, die man sich von dem berühmten Tycho Brahe erzählte, daß Christian IV. im Jahre 1644 mit einem blossen Stecken aus seinem Reiche würde wandern müssen. Aber der Kaiser durfte nicht gleichgültig zusehen, daß Dänemark den Schweden zum Opfer wurde, und der Raub dieses Königreichs ihre Macht vermehrte. Wie groß auch die Schwierigkeiten waren, die sich einem so weiten Marsch durch lauter ausgehungerte Länder entgegen setzten, so säumte er doch nicht, den Grafen von Gallas, dem nach dem Austritt des Piccolomini das Oberkommando über die Truppen aufs neue war anvertraut worden, mit einer Armee nach Holstein zu senden. Gallas erschien auch wirklich in diesem Herzogthum, eroberte Kiel, und hoffte, nach der Vereinigung mit den Dänen, die Schwedische Armee in Jütland einzuschließen. Zugleich wurden die Hessen und der Schwedische General von Königsmark durch Hatzfeld und durch den Erzbischof von Bremen, den Sohn Christians IV. beschäftigt, und der Letztere durch einen Angriff auf Meißen nach Sachsen gezogen. Aber Torstensohn drang durch den unbesetzten Paß zwischen Schleswig und Stapelholm, ging mit seiner neugestärkten Armee dem Gallas entgegen, und drückte ihn den ganzen Elbstrom hinauf bis Bernburg, wo die Kaiserlichen ein festes Lager bezogen. Torstensohn passirte die Saale, und nahm eine solche Stellung, daß er den Feinden in den

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/476>, abgerufen am 25.11.2024.