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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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von Salis bey Elsterburg geschlagen, die Sächsische Armee bey Schemnitz zu Grunde gerichtet, und Pirna erobert hatte, drang er in Böhmen mit unwiderstehlicher Macht ein, setzte über die Elbe, bedrohte Prag, eroberte Brandeis und Leutmeritz, schlug den General von Hofkirchen mit zehn Regimentern, und verbreitete Schrecken und Verwüstung durch das ganze unvertheidigte Königreich. Beute war alles, was sich fortschaffen ließ, und zerstört wurde, was nicht genossen und nicht geraubt werden konnte. Um desto mehr Korn fortzuschleppen, schnitt man die Aehren von den Halmen, und verderbte den Ueberrest. Ueber tausend Schlösser, Flecken und Dörfer wurden in die Asche gelegt, und oft sah man ihrer hundert in einer einzigen Nacht auflodern. Von Böhmen aus that er Streifzüge nach Schlesien, und selbst Mähren und Oesterreich sollten seine Raubsucht empfinden. Dieß zu verhindern, mußte Graf Hatzfeld aus Westphalen und Piccolomini aus den Niederlanden herbey eilen. Erzherzog Leopold, ein Bruder des Kaisers, erhält den Kommandostab, um die Ungeschicklichkeit seines Vorgängers, Gallas, wieder gut zu machen, und die Armee aus ihrem tiefen Verfalle zu erheben.

Der Ausgang rechtfertigte die getroffene Veränderung, und der Feldzug des 1640sten Jahres schien für die Schweden eine sehr nachtheilige Wendung zu nehmen. Sie werden aus einem Quartier nach dem andern in Böhmen vertrieben, und nur bemüht, ihren Raub in Sicherheit zu bringen, ziehen sie sich eilfertig über das Meißnische Gebirge. Aber auch durch Sachsen von dem nacheilenden Feinde verfolgt, und bey Plauen geschlagen, müssen sie nach Thüringen ihre Zuflucht nehmen. Durch einen einzigen Sommer zu Meistern des Feldes gemacht, stürzen sie eben so schnell wieder zu der tiefsten Schwäche herab, um sich aufs neue zu erheben, und so mit beständigem raschem

von Salis bey Elsterburg geschlagen, die Sächsische Armee bey Schemnitz zu Grunde gerichtet, und Pirna erobert hatte, drang er in Böhmen mit unwiderstehlicher Macht ein, setzte über die Elbe, bedrohte Prag, eroberte Brandeis und Leutmeritz, schlug den General von Hofkirchen mit zehn Regimentern, und verbreitete Schrecken und Verwüstung durch das ganze unvertheidigte Königreich. Beute war alles, was sich fortschaffen ließ, und zerstört wurde, was nicht genossen und nicht geraubt werden konnte. Um desto mehr Korn fortzuschleppen, schnitt man die Aehren von den Halmen, und verderbte den Ueberrest. Ueber tausend Schlösser, Flecken und Dörfer wurden in die Asche gelegt, und oft sah man ihrer hundert in einer einzigen Nacht auflodern. Von Böhmen aus that er Streifzüge nach Schlesien, und selbst Mähren und Oesterreich sollten seine Raubsucht empfinden. Dieß zu verhindern, mußte Graf Hatzfeld aus Westphalen und Piccolomini aus den Niederlanden herbey eilen. Erzherzog Leopold, ein Bruder des Kaisers, erhält den Kommandostab, um die Ungeschicklichkeit seines Vorgängers, Gallas, wieder gut zu machen, und die Armee aus ihrem tiefen Verfalle zu erheben.

Der Ausgang rechtfertigte die getroffene Veränderung, und der Feldzug des 1640sten Jahres schien für die Schweden eine sehr nachtheilige Wendung zu nehmen. Sie werden aus einem Quartier nach dem andern in Böhmen vertrieben, und nur bemüht, ihren Raub in Sicherheit zu bringen, ziehen sie sich eilfertig über das Meißnische Gebirge. Aber auch durch Sachsen von dem nacheilenden Feinde verfolgt, und bey Plauen geschlagen, müssen sie nach Thüringen ihre Zuflucht nehmen. Durch einen einzigen Sommer zu Meistern des Feldes gemacht, stürzen sie eben so schnell wieder zu der tiefsten Schwäche herab, um sich aufs neue zu erheben, und so mit beständigem raschem

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[453/0461] von Salis bey Elsterburg geschlagen, die Sächsische Armee bey Schemnitz zu Grunde gerichtet, und Pirna erobert hatte, drang er in Böhmen mit unwiderstehlicher Macht ein, setzte über die Elbe, bedrohte Prag, eroberte Brandeis und Leutmeritz, schlug den General von Hofkirchen mit zehn Regimentern, und verbreitete Schrecken und Verwüstung durch das ganze unvertheidigte Königreich. Beute war alles, was sich fortschaffen ließ, und zerstört wurde, was nicht genossen und nicht geraubt werden konnte. Um desto mehr Korn fortzuschleppen, schnitt man die Aehren von den Halmen, und verderbte den Ueberrest. Ueber tausend Schlösser, Flecken und Dörfer wurden in die Asche gelegt, und oft sah man ihrer hundert in einer einzigen Nacht auflodern. Von Böhmen aus that er Streifzüge nach Schlesien, und selbst Mähren und Oesterreich sollten seine Raubsucht empfinden. Dieß zu verhindern, mußte Graf Hatzfeld aus Westphalen und Piccolomini aus den Niederlanden herbey eilen. Erzherzog Leopold, ein Bruder des Kaisers, erhält den Kommandostab, um die Ungeschicklichkeit seines Vorgängers, Gallas, wieder gut zu machen, und die Armee aus ihrem tiefen Verfalle zu erheben. Der Ausgang rechtfertigte die getroffene Veränderung, und der Feldzug des 1640sten Jahres schien für die Schweden eine sehr nachtheilige Wendung zu nehmen. Sie werden aus einem Quartier nach dem andern in Böhmen vertrieben, und nur bemüht, ihren Raub in Sicherheit zu bringen, ziehen sie sich eilfertig über das Meißnische Gebirge. Aber auch durch Sachsen von dem nacheilenden Feinde verfolgt, und bey Plauen geschlagen, müssen sie nach Thüringen ihre Zuflucht nehmen. Durch einen einzigen Sommer zu Meistern des Feldes gemacht, stürzen sie eben so schnell wieder zu der tiefsten Schwäche herab, um sich aufs neue zu erheben, und so mit beständigem raschem

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/461>, abgerufen am 23.11.2024.