Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

binnen zwey Tagen gegen vierhundert Menschen im Lager dahingerafft hatte. Die schwarzen Flecken, die an seinem Leichnam hervorbrachen, die eignen Aeußerungen des Sterbenden, und die Vortheile, welche Frankreich von seinem plötzlichen Hintritt ärntete, erweckten den Verdacht, daß er durch Französisches Gift sey hingerafft worden, der aber durch die Art seiner Krankheit hinlänglich widerlegt wird. In ihm verloren die Alliirten den größten Feldherrn, den sie nach Gustav Adolph besassen, Frankreich einen gefürchteten Nebenbuhler um das Elsaß, der Kaiser seinen gefährlichsten Feind. In der Schule Gustav Adolphs zum Helden und Feldherrn gebildet, ahmte er diesem erhabenen Muster nach, und nur ein längeres Leben fehlte ihm, um es zu erreichen, wo nicht gar zu übertreffen. Mit der Tapferkeit des Soldaten verband er den kalten und ruhigen Blick des Feldherrn, mit dem ausdauernden Muth des Mannes die rasche Entschlossenheit des Jünglings, mit dem wilden Feuer des Kriegers die Würde des Fürsten, die Mäßigung des Weisen, und die Gewissenhaftigkeit des Mannes von Ehre. Von keinem Unfall gebeugt, erhob er sich schnell und kraftvoll nach dem härtesten Schlage, kein Hinderniß konnte seine Kühnheit beschränken, kein Fehlschlag seinen unbezwinglichen Muth besiegen. Sein Geist strebte nach einem grossen, vielleicht nie erreichbaren Ziele; aber Männer seiner Art stehen unter andern Klugheitsgesetzen, als diejenigen sind, wonach wir den großen Haufen zu messen pflegen; fähig, mehr als andere zu vollbringen, durfte er auch verwegnere Plane entwerfen. Bernhard steht in der neuern Geschichte als ein schönes Bild jener kraftvollen Zeiten da, wo persönliche Größe noch etwas ausrichtete, Tapferkeit Länder errang, und Heldentugend einen Deutschen Ritter selbst auf den Kaiserthron führte.

Das beste Stück aus der Hinterlassenschaft des Herzogs war seine Armee, die er, nebst dem Elsaß,

binnen zwey Tagen gegen vierhundert Menschen im Lager dahingerafft hatte. Die schwarzen Flecken, die an seinem Leichnam hervorbrachen, die eignen Aeußerungen des Sterbenden, und die Vortheile, welche Frankreich von seinem plötzlichen Hintritt ärntete, erweckten den Verdacht, daß er durch Französisches Gift sey hingerafft worden, der aber durch die Art seiner Krankheit hinlänglich widerlegt wird. In ihm verloren die Alliirten den größten Feldherrn, den sie nach Gustav Adolph besassen, Frankreich einen gefürchteten Nebenbuhler um das Elsaß, der Kaiser seinen gefährlichsten Feind. In der Schule Gustav Adolphs zum Helden und Feldherrn gebildet, ahmte er diesem erhabenen Muster nach, und nur ein längeres Leben fehlte ihm, um es zu erreichen, wo nicht gar zu übertreffen. Mit der Tapferkeit des Soldaten verband er den kalten und ruhigen Blick des Feldherrn, mit dem ausdauernden Muth des Mannes die rasche Entschlossenheit des Jünglings, mit dem wilden Feuer des Kriegers die Würde des Fürsten, die Mäßigung des Weisen, und die Gewissenhaftigkeit des Mannes von Ehre. Von keinem Unfall gebeugt, erhob er sich schnell und kraftvoll nach dem härtesten Schlage, kein Hinderniß konnte seine Kühnheit beschränken, kein Fehlschlag seinen unbezwinglichen Muth besiegen. Sein Geist strebte nach einem grossen, vielleicht nie erreichbaren Ziele; aber Männer seiner Art stehen unter andern Klugheitsgesetzen, als diejenigen sind, wonach wir den großen Haufen zu messen pflegen; fähig, mehr als andere zu vollbringen, durfte er auch verwegnere Plane entwerfen. Bernhard steht in der neuern Geschichte als ein schönes Bild jener kraftvollen Zeiten da, wo persönliche Größe noch etwas ausrichtete, Tapferkeit Länder errang, und Heldentugend einen Deutschen Ritter selbst auf den Kaiserthron führte.

Das beste Stück aus der Hinterlassenschaft des Herzogs war seine Armee, die er, nebst dem Elsaß,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0453" n="445"/>
binnen zwey           Tagen gegen vierhundert Menschen im Lager dahingerafft hatte. Die schwarzen Flecken, die           an seinem Leichnam hervorbrachen, die eignen Aeußerungen des Sterbenden, und die           Vortheile, welche Frankreich von seinem plötzlichen Hintritt ärntete, erweckten den           Verdacht, daß er durch Französisches Gift sey hingerafft worden, der aber durch die Art           seiner Krankheit hinlänglich widerlegt wird. In ihm verloren die Alliirten den größten           Feldherrn, den sie nach <persName>Gustav Adolph</persName> besassen, Frankreich einen gefürchteten Nebenbuhler           um das Elsaß, der Kaiser seinen gefährlichsten Feind. In der Schule <persName>Gustav Adolphs</persName> zum           Helden und Feldherrn gebildet, ahmte er diesem erhabenen Muster nach, und nur ein längeres           Leben fehlte ihm, um es zu erreichen, wo nicht gar zu übertreffen. Mit der Tapferkeit des           Soldaten verband er den kalten und ruhigen Blick des Feldherrn, mit dem ausdauernden Muth           des Mannes die rasche Entschlossenheit des Jünglings, mit dem wilden Feuer des Kriegers           die Würde des Fürsten, die Mäßigung des Weisen, und die Gewissenhaftigkeit des Mannes von           Ehre. Von keinem Unfall gebeugt, erhob er sich schnell und kraftvoll nach dem härtesten           Schlage, kein Hinderniß konnte seine Kühnheit beschränken, kein Fehlschlag seinen           unbezwinglichen Muth besiegen. Sein Geist strebte nach einem grossen, vielleicht nie           erreichbaren Ziele; aber Männer <hi rendition="#g">seiner</hi> Art stehen unter andern           Klugheitsgesetzen, als diejenigen sind, wonach wir den großen Haufen zu messen pflegen;           fähig, mehr als andere zu vollbringen, durfte er auch verwegnere Plane entwerfen. Bernhard           steht in der neuern Geschichte als ein schönes Bild jener kraftvollen Zeiten da, wo           persönliche Größe noch etwas ausrichtete, Tapferkeit Länder errang, und Heldentugend einen           Deutschen Ritter selbst auf den Kaiserthron führte.</p>
        <p>Das beste Stück aus der Hinterlassenschaft des Herzogs war seine Armee, die er, nebst dem           <placeName>Elsaß</placeName>,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[445/0453] binnen zwey Tagen gegen vierhundert Menschen im Lager dahingerafft hatte. Die schwarzen Flecken, die an seinem Leichnam hervorbrachen, die eignen Aeußerungen des Sterbenden, und die Vortheile, welche Frankreich von seinem plötzlichen Hintritt ärntete, erweckten den Verdacht, daß er durch Französisches Gift sey hingerafft worden, der aber durch die Art seiner Krankheit hinlänglich widerlegt wird. In ihm verloren die Alliirten den größten Feldherrn, den sie nach Gustav Adolph besassen, Frankreich einen gefürchteten Nebenbuhler um das Elsaß, der Kaiser seinen gefährlichsten Feind. In der Schule Gustav Adolphs zum Helden und Feldherrn gebildet, ahmte er diesem erhabenen Muster nach, und nur ein längeres Leben fehlte ihm, um es zu erreichen, wo nicht gar zu übertreffen. Mit der Tapferkeit des Soldaten verband er den kalten und ruhigen Blick des Feldherrn, mit dem ausdauernden Muth des Mannes die rasche Entschlossenheit des Jünglings, mit dem wilden Feuer des Kriegers die Würde des Fürsten, die Mäßigung des Weisen, und die Gewissenhaftigkeit des Mannes von Ehre. Von keinem Unfall gebeugt, erhob er sich schnell und kraftvoll nach dem härtesten Schlage, kein Hinderniß konnte seine Kühnheit beschränken, kein Fehlschlag seinen unbezwinglichen Muth besiegen. Sein Geist strebte nach einem grossen, vielleicht nie erreichbaren Ziele; aber Männer seiner Art stehen unter andern Klugheitsgesetzen, als diejenigen sind, wonach wir den großen Haufen zu messen pflegen; fähig, mehr als andere zu vollbringen, durfte er auch verwegnere Plane entwerfen. Bernhard steht in der neuern Geschichte als ein schönes Bild jener kraftvollen Zeiten da, wo persönliche Größe noch etwas ausrichtete, Tapferkeit Länder errang, und Heldentugend einen Deutschen Ritter selbst auf den Kaiserthron führte. Das beste Stück aus der Hinterlassenschaft des Herzogs war seine Armee, die er, nebst dem Elsaß,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/453
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/453>, abgerufen am 23.11.2024.