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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Kaiser," fing er an, "sind Eure Fürstliche Gnaden ein gewisser, ein großer und hoch ästimirter Herr; beym Feinde sind sie noch ein ungewisser König. Es ist aber nicht weise gehandelt, das Gewisse zu wagen für das Ungewisse. Der Feind wird sich Eurer Gnaden Person bedienen, weil die Gelegenheit günstig ist; Ihre Person aber wird ihm immer verdächtig seyn, und stets wird er fürchten, daß Sie auch ihm einmal thun möchten, wie jetzt dem Kaiser. Deswegen kehren Sie um, dieweil es noch Zeit ist." - "Und wie ist da noch zu helfen?" fiel der Herzog ihm ins Wort. - "Sie haben," erwiederte jener, "vierzigtausend Armirte (Dukaten mit geharnischten Männern) in der Truhen. Die nehmen Sie in die Hand, und reisen geraden Wegs damit an den kaiserlichen Hof. Dort erklären Sie, daß Sie alle bisherigen Schritte bloß gethan, die Treue der kaiserlichen Diener auf die Probe zu stellen, und die Redlichgesinnten von den Verdächtigen zu unterscheiden. Und da nun die meisten sich zum Abfall geneigt bewiesen, so seyen Sie jetzt gekommen, Seine kaiserliche Majestät vor diesen gefährlichen Menschen zu warnen. So werden Sie jeden zum Verräther machen, der Sie jetzt zum Schelm machen will. Am kaiserlichen Hof wird man Sie, mit den vierzigtausend Armirten, gewißlich willkommen heißen, und Sie werden wieder der erste Friedländer werden." -"Der Vorschlag ist gut," antwortete Wallenstein nach einigem Nachdenken, "aber der Teufel traue!"

Indem der Herzog, von Eger aus, die Unterhandlungen mit dem Feinde lebhaft betrieb, die Sterne befrage und frischen Hoffnungen Raum gab, wurde beynahe unter seinen Augen der Dolch geschliffen, der seinem Leben ein Ende machte. Der kaiserliche Urtheilsspruch, der ihn für vogelfrey erklärte, hatte seine Wirkung nicht verfehlt, und die rächende Nemesis wollte, daß der Undankbare unter den Streichen des Undanks erliegen sollte.

Kaiser,“ fing er an, „sind Eure Fürstliche Gnaden ein gewisser, ein großer und hoch ästimirter Herr; beym Feinde sind sie noch ein ungewisser König. Es ist aber nicht weise gehandelt, das Gewisse zu wagen für das Ungewisse. Der Feind wird sich Eurer Gnaden Person bedienen, weil die Gelegenheit günstig ist; Ihre Person aber wird ihm immer verdächtig seyn, und stets wird er fürchten, daß Sie auch ihm einmal thun möchten, wie jetzt dem Kaiser. Deswegen kehren Sie um, dieweil es noch Zeit ist.“ – „Und wie ist da noch zu helfen?“ fiel der Herzog ihm ins Wort. – „Sie haben,“ erwiederte jener, „vierzigtausend Armirte (Dukaten mit geharnischten Männern) in der Truhen. Die nehmen Sie in die Hand, und reisen geraden Wegs damit an den kaiserlichen Hof. Dort erklären Sie, daß Sie alle bisherigen Schritte bloß gethan, die Treue der kaiserlichen Diener auf die Probe zu stellen, und die Redlichgesinnten von den Verdächtigen zu unterscheiden. Und da nun die meisten sich zum Abfall geneigt bewiesen, so seyen Sie jetzt gekommen, Seine kaiserliche Majestät vor diesen gefährlichen Menschen zu warnen. So werden Sie jeden zum Verräther machen, der Sie jetzt zum Schelm machen will. Am kaiserlichen Hof wird man Sie, mit den vierzigtausend Armirten, gewißlich willkommen heißen, und Sie werden wieder der erste Friedländer werden.“ –„Der Vorschlag ist gut,“ antwortete Wallenstein nach einigem Nachdenken, „aber der Teufel traue!“

Indem der Herzog, von Eger aus, die Unterhandlungen mit dem Feinde lebhaft betrieb, die Sterne befrage und frischen Hoffnungen Raum gab, wurde beynahe unter seinen Augen der Dolch geschliffen, der seinem Leben ein Ende machte. Der kaiserliche Urtheilsspruch, der ihn für vogelfrey erklärte, hatte seine Wirkung nicht verfehlt, und die rächende Nemesis wollte, daß der Undankbare unter den Streichen des Undanks erliegen sollte.

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[404/0412] Kaiser,“ fing er an, „sind Eure Fürstliche Gnaden ein gewisser, ein großer und hoch ästimirter Herr; beym Feinde sind sie noch ein ungewisser König. Es ist aber nicht weise gehandelt, das Gewisse zu wagen für das Ungewisse. Der Feind wird sich Eurer Gnaden Person bedienen, weil die Gelegenheit günstig ist; Ihre Person aber wird ihm immer verdächtig seyn, und stets wird er fürchten, daß Sie auch ihm einmal thun möchten, wie jetzt dem Kaiser. Deswegen kehren Sie um, dieweil es noch Zeit ist.“ – „Und wie ist da noch zu helfen?“ fiel der Herzog ihm ins Wort. – „Sie haben,“ erwiederte jener, „vierzigtausend Armirte (Dukaten mit geharnischten Männern) in der Truhen. Die nehmen Sie in die Hand, und reisen geraden Wegs damit an den kaiserlichen Hof. Dort erklären Sie, daß Sie alle bisherigen Schritte bloß gethan, die Treue der kaiserlichen Diener auf die Probe zu stellen, und die Redlichgesinnten von den Verdächtigen zu unterscheiden. Und da nun die meisten sich zum Abfall geneigt bewiesen, so seyen Sie jetzt gekommen, Seine kaiserliche Majestät vor diesen gefährlichen Menschen zu warnen. So werden Sie jeden zum Verräther machen, der Sie jetzt zum Schelm machen will. Am kaiserlichen Hof wird man Sie, mit den vierzigtausend Armirten, gewißlich willkommen heißen, und Sie werden wieder der erste Friedländer werden.“ –„Der Vorschlag ist gut,“ antwortete Wallenstein nach einigem Nachdenken, „aber der Teufel traue!“ Indem der Herzog, von Eger aus, die Unterhandlungen mit dem Feinde lebhaft betrieb, die Sterne befrage und frischen Hoffnungen Raum gab, wurde beynahe unter seinen Augen der Dolch geschliffen, der seinem Leben ein Ende machte. Der kaiserliche Urtheilsspruch, der ihn für vogelfrey erklärte, hatte seine Wirkung nicht verfehlt, und die rächende Nemesis wollte, daß der Undankbare unter den Streichen des Undanks erliegen sollte.

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/412>, abgerufen am 22.11.2024.