Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.steht er da, verlassen von allen, denen er Gutes that, verrathen von allen, auf die er baute. Aber solche Lagen sind es, die den grossen Charakter erproben. In allen seinen Erwartungen hintergangen, entsagt er keinem einzigen seiner Entwürfe; nichts giebt er verloren, weil er sich selbst noch übrig bleibt. Jetzt war die Zeit gekommen, wo er des so oft verlangten Beystands der Schweden und der Sachsen bedurfte, und wo aller Zweifel in die Aufrichtigkeit seiner Gesinnungen verschwand. Und jetzt, nachdem Oxenstierna und Arnheim seinen ernstlichen Vorsatz und seine Noth erkannten, bedachten sie sich auch nicht länger, die günstige Gelegenheit zu benutzen, und ihm ihren Schutz zuzusagen. Von Sächsischer Seite sollte ihm Herzog Franz Albert von Sachsen Lauenburg viertausend, von Schwedischer Herzog Bernhard und Pfalzgraf Christian von Birkenfeld sechstausend Mann geprüfter Truppen zuführen. Wallenstein verließ Pilsen mit dem Terzkyschen Regiment und den Wenigen, die ihm treu geblieben waren, oder sich doch stellten es zu seyn, und eilte nach Eger an die Grenze des Königreichs, um der Oberpfalz näher zu seyn, und die Vereinigung mit Herzog Bernhard zu erleichtern. Noch war ihm das Urtheil nicht bekannt, das ihn als einen öffentlichen Feind und Verräther erklärte; erst zu Eger sollte ihn dieser Donnerstrahl treffen. Noch rechnete er auf eine Armee, die General Schafgotsch in Schlesien für ihn bereit hielt, und schmeichelte sich noch immer mit der Hoffnung, daß viele, selbst von denen, die längst von ihm abgefallen waren, beym ersten Schimmer seines wieder auflebenden Glückes, zu ihm umkehren würden. Selbst auf der Flucht nach Eger - so wenig hatte die niederschlagende Erfahrung seinen verwegenen Muth gebändigt - beschäftigte ihn noch der ungeheure Entwurf, den Kaiser zu entthronen. Unter diesen Umständen geschah es, daß einer aus seinem Gefolge sich die Erlaubniß ausbat, ihm einen Rath zu ertheilen. "Beym steht er da, verlassen von allen, denen er Gutes that, verrathen von allen, auf die er baute. Aber solche Lagen sind es, die den grossen Charakter erproben. In allen seinen Erwartungen hintergangen, entsagt er keinem einzigen seiner Entwürfe; nichts giebt er verloren, weil er sich selbst noch übrig bleibt. Jetzt war die Zeit gekommen, wo er des so oft verlangten Beystands der Schweden und der Sachsen bedurfte, und wo aller Zweifel in die Aufrichtigkeit seiner Gesinnungen verschwand. Und jetzt, nachdem Oxenstierna und Arnheim seinen ernstlichen Vorsatz und seine Noth erkannten, bedachten sie sich auch nicht länger, die günstige Gelegenheit zu benutzen, und ihm ihren Schutz zuzusagen. Von Sächsischer Seite sollte ihm Herzog Franz Albert von Sachsen Lauenburg viertausend, von Schwedischer Herzog Bernhard und Pfalzgraf Christian von Birkenfeld sechstausend Mann geprüfter Truppen zuführen. Wallenstein verließ Pilsen mit dem Terzkyschen Regiment und den Wenigen, die ihm treu geblieben waren, oder sich doch stellten es zu seyn, und eilte nach Eger an die Grenze des Königreichs, um der Oberpfalz näher zu seyn, und die Vereinigung mit Herzog Bernhard zu erleichtern. Noch war ihm das Urtheil nicht bekannt, das ihn als einen öffentlichen Feind und Verräther erklärte; erst zu Eger sollte ihn dieser Donnerstrahl treffen. Noch rechnete er auf eine Armee, die General Schafgotsch in Schlesien für ihn bereit hielt, und schmeichelte sich noch immer mit der Hoffnung, daß viele, selbst von denen, die längst von ihm abgefallen waren, beym ersten Schimmer seines wieder auflebenden Glückes, zu ihm umkehren würden. Selbst auf der Flucht nach Eger – so wenig hatte die niederschlagende Erfahrung seinen verwegenen Muth gebändigt – beschäftigte ihn noch der ungeheure Entwurf, den Kaiser zu entthronen. Unter diesen Umständen geschah es, daß einer aus seinem Gefolge sich die Erlaubniß ausbat, ihm einen Rath zu ertheilen. „Beym <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0411" n="403"/> steht er da, verlassen von allen, denen er Gutes that, verrathen von allen, auf die er baute. Aber solche Lagen sind es, die den grossen Charakter erproben. In allen seinen Erwartungen hintergangen, entsagt er keinem einzigen seiner Entwürfe; nichts giebt er verloren, weil er sich selbst noch übrig bleibt. Jetzt war die Zeit gekommen, wo er des so oft verlangten Beystands der Schweden und der Sachsen bedurfte, und wo aller Zweifel in die Aufrichtigkeit seiner Gesinnungen verschwand. Und jetzt, nachdem Oxenstierna und Arnheim seinen ernstlichen Vorsatz und seine Noth erkannten, bedachten sie sich auch nicht länger, die günstige Gelegenheit zu benutzen, und ihm ihren Schutz zuzusagen. Von Sächsischer Seite sollte ihm Herzog Franz Albert von Sachsen Lauenburg viertausend, von Schwedischer Herzog Bernhard und Pfalzgraf Christian von Birkenfeld sechstausend Mann geprüfter Truppen zuführen. Wallenstein verließ Pilsen mit dem Terzkyschen Regiment und den Wenigen, die ihm treu geblieben waren, oder sich doch stellten es zu seyn, und eilte nach Eger an die Grenze des Königreichs, um der Oberpfalz näher zu seyn, und die Vereinigung mit Herzog Bernhard zu erleichtern. Noch war ihm das Urtheil nicht bekannt, das ihn als einen öffentlichen Feind und Verräther erklärte; erst zu Eger sollte ihn dieser Donnerstrahl treffen. Noch rechnete er auf eine Armee, die General Schafgotsch in Schlesien für ihn bereit hielt, und schmeichelte sich noch immer mit der Hoffnung, daß viele, selbst von denen, die längst von ihm abgefallen waren, beym ersten Schimmer seines wieder auflebenden Glückes, zu ihm umkehren würden. Selbst auf der Flucht nach Eger – so wenig hatte die niederschlagende Erfahrung seinen verwegenen Muth gebändigt – beschäftigte ihn noch der ungeheure Entwurf, den Kaiser zu entthronen. Unter diesen Umständen geschah es, daß einer aus seinem Gefolge sich die Erlaubniß ausbat, ihm einen Rath zu ertheilen. „Beym </p> </div> </body> </text> </TEI> [403/0411]
steht er da, verlassen von allen, denen er Gutes that, verrathen von allen, auf die er baute. Aber solche Lagen sind es, die den grossen Charakter erproben. In allen seinen Erwartungen hintergangen, entsagt er keinem einzigen seiner Entwürfe; nichts giebt er verloren, weil er sich selbst noch übrig bleibt. Jetzt war die Zeit gekommen, wo er des so oft verlangten Beystands der Schweden und der Sachsen bedurfte, und wo aller Zweifel in die Aufrichtigkeit seiner Gesinnungen verschwand. Und jetzt, nachdem Oxenstierna und Arnheim seinen ernstlichen Vorsatz und seine Noth erkannten, bedachten sie sich auch nicht länger, die günstige Gelegenheit zu benutzen, und ihm ihren Schutz zuzusagen. Von Sächsischer Seite sollte ihm Herzog Franz Albert von Sachsen Lauenburg viertausend, von Schwedischer Herzog Bernhard und Pfalzgraf Christian von Birkenfeld sechstausend Mann geprüfter Truppen zuführen. Wallenstein verließ Pilsen mit dem Terzkyschen Regiment und den Wenigen, die ihm treu geblieben waren, oder sich doch stellten es zu seyn, und eilte nach Eger an die Grenze des Königreichs, um der Oberpfalz näher zu seyn, und die Vereinigung mit Herzog Bernhard zu erleichtern. Noch war ihm das Urtheil nicht bekannt, das ihn als einen öffentlichen Feind und Verräther erklärte; erst zu Eger sollte ihn dieser Donnerstrahl treffen. Noch rechnete er auf eine Armee, die General Schafgotsch in Schlesien für ihn bereit hielt, und schmeichelte sich noch immer mit der Hoffnung, daß viele, selbst von denen, die längst von ihm abgefallen waren, beym ersten Schimmer seines wieder auflebenden Glückes, zu ihm umkehren würden. Selbst auf der Flucht nach Eger – so wenig hatte die niederschlagende Erfahrung seinen verwegenen Muth gebändigt – beschäftigte ihn noch der ungeheure Entwurf, den Kaiser zu entthronen. Unter diesen Umständen geschah es, daß einer aus seinem Gefolge sich die Erlaubniß ausbat, ihm einen Rath zu ertheilen. „Beym
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