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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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vereinigte Armee an den Ort ihrer Bestimmung zu führen. Nachdem er sich zu Windsheim noch mit dem Herzog Bernhard von Weimar und dem Schwedischen General Banner vereinigt hatte, rückte er in beschleunigten Märschen bis Pruk und Eltersdorf, wo er die Regnitz passirte, und glücklich in das Schwedische Lager kam. Dieser Succurs zählte beynahe funfzigtausend Mann, und führte sechzig Stücke Geschütz und viertausend Bagagewagen bey sich. So sah sich denn Gustav Adolph an der Spitze von beynahe siebenzigtausend Streitern, ohne noch die Miliz der Stadt Nürnberg zu rechnen, welche im Nothfalle dreyßigtausend rüstige Bürger ins Feld stellen konnte. Eine furchtbare Macht, die einer andern nicht minder furchtbaren gegenüber stand! Der ganze Krieg schien jetzt zusammengepreßt in eine einzige Schlacht, um hier endlich seine letzte Entscheidung zu erhalten. Angstvoll blickte das getheilte Europa auf diesen Kampfplatz hin, wo sich die Kraft beyder streitenden Mächte, wie in ihrem Brennpunkt, fürchterlich sammelte.

Aber hatte man schon vor der Ankunft des Succurses mit Brodmangel kämpfen müssen, so wuchs dieses Uebel nunmehr in beyden Lägern (denn auch Wallenstein hatte neue Verstärkungen aus Bayern an sich gezogen) zu einem schrecklichen Grade an. Außer den hundert und zwanzig tausend Kriegern, die einander bewaffnet gegenüber standen, außer einer Menge von mehr als funzigtausend Pferden in beyden Armeen, außer den Bewohnern Nürnbergs, welche das Schwedische Heer an Anzahl weit übertrafen, zählte man allein in dem Wallensteinischen Lager funfzehntausend Weiber und eben so viel Fuhrleute und Knechte, nicht viel weniger in dem Schwedischen. Die Gewohnheit jener Zeiten erlaubte dem Soldaten, seine Familie mit in das Feld zu führen. Bey den Kaiserlichen schloß sich eine unzählige Menge gutwilliger Frauenspersonen an den Heereszug an, und die strenge Wachsamkeit über die Sitten im Schwedischen

vereinigte Armee an den Ort ihrer Bestimmung zu führen. Nachdem er sich zu Windsheim noch mit dem Herzog Bernhard von Weimar und dem Schwedischen General Banner vereinigt hatte, rückte er in beschleunigten Märschen bis Pruk und Eltersdorf, wo er die Regnitz passirte, und glücklich in das Schwedische Lager kam. Dieser Succurs zählte beynahe funfzigtausend Mann, und führte sechzig Stücke Geschütz und viertausend Bagagewagen bey sich. So sah sich denn Gustav Adolph an der Spitze von beynahe siebenzigtausend Streitern, ohne noch die Miliz der Stadt Nürnberg zu rechnen, welche im Nothfalle dreyßigtausend rüstige Bürger ins Feld stellen konnte. Eine furchtbare Macht, die einer andern nicht minder furchtbaren gegenüber stand! Der ganze Krieg schien jetzt zusammengepreßt in eine einzige Schlacht, um hier endlich seine letzte Entscheidung zu erhalten. Angstvoll blickte das getheilte Europa auf diesen Kampfplatz hin, wo sich die Kraft beyder streitenden Mächte, wie in ihrem Brennpunkt, fürchterlich sammelte.

Aber hatte man schon vor der Ankunft des Succurses mit Brodmangel kämpfen müssen, so wuchs dieses Uebel nunmehr in beyden Lägern (denn auch Wallenstein hatte neue Verstärkungen aus Bayern an sich gezogen) zu einem schrecklichen Grade an. Außer den hundert und zwanzig tausend Kriegern, die einander bewaffnet gegenüber standen, außer einer Menge von mehr als funzigtausend Pferden in beyden Armeen, außer den Bewohnern Nürnbergs, welche das Schwedische Heer an Anzahl weit übertrafen, zählte man allein in dem Wallensteinischen Lager funfzehntausend Weiber und eben so viel Fuhrleute und Knechte, nicht viel weniger in dem Schwedischen. Die Gewohnheit jener Zeiten erlaubte dem Soldaten, seine Familie mit in das Feld zu führen. Bey den Kaiserlichen schloß sich eine unzählige Menge gutwilliger Frauenspersonen an den Heereszug an, und die strenge Wachsamkeit über die Sitten im Schwedischen

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[318/0326] vereinigte Armee an den Ort ihrer Bestimmung zu führen. Nachdem er sich zu Windsheim noch mit dem Herzog Bernhard von Weimar und dem Schwedischen General Banner vereinigt hatte, rückte er in beschleunigten Märschen bis Pruk und Eltersdorf, wo er die Regnitz passirte, und glücklich in das Schwedische Lager kam. Dieser Succurs zählte beynahe funfzigtausend Mann, und führte sechzig Stücke Geschütz und viertausend Bagagewagen bey sich. So sah sich denn Gustav Adolph an der Spitze von beynahe siebenzigtausend Streitern, ohne noch die Miliz der Stadt Nürnberg zu rechnen, welche im Nothfalle dreyßigtausend rüstige Bürger ins Feld stellen konnte. Eine furchtbare Macht, die einer andern nicht minder furchtbaren gegenüber stand! Der ganze Krieg schien jetzt zusammengepreßt in eine einzige Schlacht, um hier endlich seine letzte Entscheidung zu erhalten. Angstvoll blickte das getheilte Europa auf diesen Kampfplatz hin, wo sich die Kraft beyder streitenden Mächte, wie in ihrem Brennpunkt, fürchterlich sammelte. Aber hatte man schon vor der Ankunft des Succurses mit Brodmangel kämpfen müssen, so wuchs dieses Uebel nunmehr in beyden Lägern (denn auch Wallenstein hatte neue Verstärkungen aus Bayern an sich gezogen) zu einem schrecklichen Grade an. Außer den hundert und zwanzig tausend Kriegern, die einander bewaffnet gegenüber standen, außer einer Menge von mehr als funzigtausend Pferden in beyden Armeen, außer den Bewohnern Nürnbergs, welche das Schwedische Heer an Anzahl weit übertrafen, zählte man allein in dem Wallensteinischen Lager funfzehntausend Weiber und eben so viel Fuhrleute und Knechte, nicht viel weniger in dem Schwedischen. Die Gewohnheit jener Zeiten erlaubte dem Soldaten, seine Familie mit in das Feld zu führen. Bey den Kaiserlichen schloß sich eine unzählige Menge gutwilliger Frauenspersonen an den Heereszug an, und die strenge Wachsamkeit über die Sitten im Schwedischen

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/326>, abgerufen am 22.11.2024.