Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.also war, auch wenn ganz Europa schwieg, ein furchtbarer Widerspruch zu fürchten, sobald Wallenstein nach dem Böhmischen Scepter die Hand ausstreckte - und Er war auch in ganz Europa der Mann, der einem solchen Veto Kraft geben konnte. Durch den eignen Arm Wallensteins zum Diktator von Deutschland gemacht, konnte er gegen diesen selbst seine Waffen kehren, und sich von jeder Pflicht der Erkenntlichkeit gegen einen Verräther für losgezählt halten. Neben einem solchen Alliirten hatte also kein Wallenstein Raum; und wahrscheinlich war es dieß, nicht seine vermeintliche Absicht auf den Kaiserthron, worauf er anspielte, wenn er nach dem Tode des Königs in die Worte ausbrach: "Ein Glück für mich und ihn, daß er dahin ist! Das Deutsche Reich konnte nicht zwey solche Häupter brauchen." Der erste Versuch zur Rache an dem Haus Oesterreich war fehlgeschlagen; aber fest stand der Vorsatz, und nur die Wahl der Mittel erlitt eine Veränderung. Was ihm bey dem König von Schweden mißlungen war, hoffte er mit minder Schwierigkeit und mehr Vortheil bey dem Churfürsten von Sachsen zu erreichen, den er eben so gewiß war nach seinem Willen zu lenken, als er bey Gustav Adolph daran verzweifelte. In fortdauerndem Einverständniß mit Arnheim, seinem alten Freunde, arbeitete er von jetzt an an einer Verbindung mit Sachsen, wodurch er dem Kaiser und dem König von Schweden gleich fürchterlich zu werden hoffte. Er konnte sich von einem Entwurfe, der, wenn er einschlug, den Schwedischen Monarchen um seinen Einfluß in Deutschland brachte, desto leichter Eingang bey Johann Georg versprechen, je mehr die eifersüchtige Gemüthsart dieses Prinzen durch die Macht Gustav Adolphs gereitzt, und seine ohnehin schwache Neigung zu demselben durch die erhöhten Ansprüche des Königs erkältet ward. Gelang es ihm, Sachsen von dem Schwedischen Bündniß zu trennen, und in also war, auch wenn ganz Europa schwieg, ein furchtbarer Widerspruch zu fürchten, sobald Wallenstein nach dem Böhmischen Scepter die Hand ausstreckte – und Er war auch in ganz Europa der Mann, der einem solchen Veto Kraft geben konnte. Durch den eignen Arm Wallensteins zum Diktator von Deutschland gemacht, konnte er gegen diesen selbst seine Waffen kehren, und sich von jeder Pflicht der Erkenntlichkeit gegen einen Verräther für losgezählt halten. Neben einem solchen Alliirten hatte also kein Wallenstein Raum; und wahrscheinlich war es dieß, nicht seine vermeintliche Absicht auf den Kaiserthron, worauf er anspielte, wenn er nach dem Tode des Königs in die Worte ausbrach: „Ein Glück für mich und ihn, daß er dahin ist! Das Deutsche Reich konnte nicht zwey solche Häupter brauchen.“ Der erste Versuch zur Rache an dem Haus Oesterreich war fehlgeschlagen; aber fest stand der Vorsatz, und nur die Wahl der Mittel erlitt eine Veränderung. Was ihm bey dem König von Schweden mißlungen war, hoffte er mit minder Schwierigkeit und mehr Vortheil bey dem Churfürsten von Sachsen zu erreichen, den er eben so gewiß war nach seinem Willen zu lenken, als er bey Gustav Adolph daran verzweifelte. In fortdauerndem Einverständniß mit Arnheim, seinem alten Freunde, arbeitete er von jetzt an an einer Verbindung mit Sachsen, wodurch er dem Kaiser und dem König von Schweden gleich fürchterlich zu werden hoffte. Er konnte sich von einem Entwurfe, der, wenn er einschlug, den Schwedischen Monarchen um seinen Einfluß in Deutschland brachte, desto leichter Eingang bey Johann Georg versprechen, je mehr die eifersüchtige Gemüthsart dieses Prinzen durch die Macht Gustav Adolphs gereitzt, und seine ohnehin schwache Neigung zu demselben durch die erhöhten Ansprüche des Königs erkältet ward. Gelang es ihm, Sachsen von dem Schwedischen Bündniß zu trennen, und in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0302" n="294"/> also war, auch wenn ganz Europa schwieg, ein furchtbarer Widerspruch zu fürchten, sobald Wallenstein nach dem Böhmischen Scepter die Hand ausstreckte – und <hi rendition="#g">Er</hi> war auch in ganz Europa der Mann, der einem solchen <hi rendition="#g">Veto</hi> Kraft geben konnte. 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also war, auch wenn ganz Europa schwieg, ein furchtbarer Widerspruch zu fürchten, sobald Wallenstein nach dem Böhmischen Scepter die Hand ausstreckte – und Er war auch in ganz Europa der Mann, der einem solchen Veto Kraft geben konnte. Durch den eignen Arm Wallensteins zum Diktator von Deutschland gemacht, konnte er gegen diesen selbst seine Waffen kehren, und sich von jeder Pflicht der Erkenntlichkeit gegen einen Verräther für losgezählt halten. Neben einem solchen Alliirten hatte also kein Wallenstein Raum; und wahrscheinlich war es dieß, nicht seine vermeintliche Absicht auf den Kaiserthron, worauf er anspielte, wenn er nach dem Tode des Königs in die Worte ausbrach: „Ein Glück für mich und ihn, daß er dahin ist! Das Deutsche Reich konnte nicht zwey solche Häupter brauchen.“
Der erste Versuch zur Rache an dem Haus Oesterreich war fehlgeschlagen; aber fest stand der Vorsatz, und nur die Wahl der Mittel erlitt eine Veränderung. Was ihm bey dem König von Schweden mißlungen war, hoffte er mit minder Schwierigkeit und mehr Vortheil bey dem Churfürsten von Sachsen zu erreichen, den er eben so gewiß war nach seinem Willen zu lenken, als er bey Gustav Adolph daran verzweifelte. In fortdauerndem Einverständniß mit Arnheim, seinem alten Freunde, arbeitete er von jetzt an an einer Verbindung mit Sachsen, wodurch er dem Kaiser und dem König von Schweden gleich fürchterlich zu werden hoffte. Er konnte sich von einem Entwurfe, der, wenn er einschlug, den Schwedischen Monarchen um seinen Einfluß in Deutschland brachte, desto leichter Eingang bey Johann Georg versprechen, je mehr die eifersüchtige Gemüthsart dieses Prinzen durch die Macht Gustav Adolphs gereitzt, und seine ohnehin schwache Neigung zu demselben durch die erhöhten Ansprüche des Königs erkältet ward. Gelang es ihm, Sachsen von dem Schwedischen Bündniß zu trennen, und in
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Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/302>, abgerufen am 16.02.2025. |