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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Treue gegeben, dem er für die Rettung seiner Staaten, ja selbst seines Churhuts verpflichtet war?

Die Sächsische Armee, des Zugs nach der Lausitz überhoben, nahm also ihren Weg nach Böhmen, wo ein Zusammenfluß günstiger Ereignisse ihr im voraus den Sieg zu versichern schien. Noch immer glimmte in diesem Königreiche, dem ersten Schauplatz dieses verderblichen Kriegs, das Feuer der Zwietracht unter der Asche, und durch den fortgesetzten Druck der Tyranney wurde dem Unwillen der Nation mit jedem Tag neue Nahrung gegeben. Wohin man die Augen richtete, zeigte dieses unglückliche Land Spuren der traurigsten Veränderung. Ganze Ländereyen hatten ihre Besitzer gewechselt, und seufzten unter dem verhaßten Joche katholischer Herren, welche die Gunst des Kaisers und der Jesuiten mit dem Raube der vertriebenen Protestanten bekleidet hatte. Andre hatten das öffentliche Elend benutzt, die eingezogenen Güter der Verwiesenen um geringe Preise an sich zu kaufen. Das Blut der vornehmsten Freyheitsverfechter war auf Henkerbühnen versprützt worden, und welche durch eine zeitige Flucht dem Verderben entrannen, irrten ferne von ihrer Heimat im Elend umher, während daß die geschmeidigen Sklaven des Despotismus ihr Erbe verschwelgten. Unerträglicher als der Druck dieser kleinen Tyrannen, war der Gewissenszwang, welcher die ganze protestantische Partey dieses Königreichs ohne Unterschied belastete. Keine Gefahr von außen, keine noch so ernstliche Widersetzung der Nation, keine noch so abschreckende Erfahrung hatte dem Bekehrungseifer der Jesuiten ein Ziel setzen können: wo der Weg der Güte nichts fruchtete, bediente man sich soldatischer Hülfe, die Verirrten in den Schafstall der Kirche zurück zu ängstigen. Am härtesten traf dieses Schicksal die Bewohner des Joachimsthals, im Grenzgebirge zwischen Böhmen und Meißen. Zwey kaiserliche Kommissarien, durch eben so viel Jesuiten und funfzehn Musketier unterstützt, zeigten

Treue gegeben, dem er für die Rettung seiner Staaten, ja selbst seines Churhuts verpflichtet war?

Die Sächsische Armee, des Zugs nach der Lausitz überhoben, nahm also ihren Weg nach Böhmen, wo ein Zusammenfluß günstiger Ereignisse ihr im voraus den Sieg zu versichern schien. Noch immer glimmte in diesem Königreiche, dem ersten Schauplatz dieses verderblichen Kriegs, das Feuer der Zwietracht unter der Asche, und durch den fortgesetzten Druck der Tyranney wurde dem Unwillen der Nation mit jedem Tag neue Nahrung gegeben. Wohin man die Augen richtete, zeigte dieses unglückliche Land Spuren der traurigsten Veränderung. Ganze Ländereyen hatten ihre Besitzer gewechselt, und seufzten unter dem verhaßten Joche katholischer Herren, welche die Gunst des Kaisers und der Jesuiten mit dem Raube der vertriebenen Protestanten bekleidet hatte. Andre hatten das öffentliche Elend benutzt, die eingezogenen Güter der Verwiesenen um geringe Preise an sich zu kaufen. Das Blut der vornehmsten Freyheitsverfechter war auf Henkerbühnen versprützt worden, und welche durch eine zeitige Flucht dem Verderben entrannen, irrten ferne von ihrer Heimat im Elend umher, während daß die geschmeidigen Sklaven des Despotismus ihr Erbe verschwelgten. Unerträglicher als der Druck dieser kleinen Tyrannen, war der Gewissenszwang, welcher die ganze protestantische Partey dieses Königreichs ohne Unterschied belastete. Keine Gefahr von außen, keine noch so ernstliche Widersetzung der Nation, keine noch so abschreckende Erfahrung hatte dem Bekehrungseifer der Jesuiten ein Ziel setzen können: wo der Weg der Güte nichts fruchtete, bediente man sich soldatischer Hülfe, die Verirrten in den Schafstall der Kirche zurück zu ängstigen. Am härtesten traf dieses Schicksal die Bewohner des Joachimsthals, im Grenzgebirge zwischen Böhmen und Meißen. Zwey kaiserliche Kommissarien, durch eben so viel Jesuiten und funfzehn Musketier unterstützt, zeigten

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[278/0286] Treue gegeben, dem er für die Rettung seiner Staaten, ja selbst seines Churhuts verpflichtet war? Die Sächsische Armee, des Zugs nach der Lausitz überhoben, nahm also ihren Weg nach Böhmen, wo ein Zusammenfluß günstiger Ereignisse ihr im voraus den Sieg zu versichern schien. Noch immer glimmte in diesem Königreiche, dem ersten Schauplatz dieses verderblichen Kriegs, das Feuer der Zwietracht unter der Asche, und durch den fortgesetzten Druck der Tyranney wurde dem Unwillen der Nation mit jedem Tag neue Nahrung gegeben. Wohin man die Augen richtete, zeigte dieses unglückliche Land Spuren der traurigsten Veränderung. Ganze Ländereyen hatten ihre Besitzer gewechselt, und seufzten unter dem verhaßten Joche katholischer Herren, welche die Gunst des Kaisers und der Jesuiten mit dem Raube der vertriebenen Protestanten bekleidet hatte. Andre hatten das öffentliche Elend benutzt, die eingezogenen Güter der Verwiesenen um geringe Preise an sich zu kaufen. Das Blut der vornehmsten Freyheitsverfechter war auf Henkerbühnen versprützt worden, und welche durch eine zeitige Flucht dem Verderben entrannen, irrten ferne von ihrer Heimat im Elend umher, während daß die geschmeidigen Sklaven des Despotismus ihr Erbe verschwelgten. Unerträglicher als der Druck dieser kleinen Tyrannen, war der Gewissenszwang, welcher die ganze protestantische Partey dieses Königreichs ohne Unterschied belastete. Keine Gefahr von außen, keine noch so ernstliche Widersetzung der Nation, keine noch so abschreckende Erfahrung hatte dem Bekehrungseifer der Jesuiten ein Ziel setzen können: wo der Weg der Güte nichts fruchtete, bediente man sich soldatischer Hülfe, die Verirrten in den Schafstall der Kirche zurück zu ängstigen. Am härtesten traf dieses Schicksal die Bewohner des Joachimsthals, im Grenzgebirge zwischen Böhmen und Meißen. Zwey kaiserliche Kommissarien, durch eben so viel Jesuiten und funfzehn Musketier unterstützt, zeigten

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/286>, abgerufen am 22.11.2024.