Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.den Vorwürfen und der Schande auszusezen, eine bundsverwandte Stadt der Willkür eines grausamen Feindes geopfert zu haben, machte er sich in beschleunigten Märschen auf, diese wichtige Reichsstadt zu entsezen; aber schon zu Frankfurt erfuhr er den herzhaften Widerstand der Nürnberger, und den Abzug des Tilly, und säumte jezt keinen Augenblick, seine Absichten auf Mainz zu verfolgen. Da es ihm bey Kassel mißlungen war, unter den Kanonen der Belagerten den Uebergang über den Rhein zu gewinnen, so richtete er jezt, um von einer andern Seite der Stadt beyzukommen, seinen Lauf nach der Bergstraße, bemächtigte sich auf diesem Wege jedes wichtigen Plazes, und erschien zum zweytenmale an den Ufern des Rheins bey Stockstadt zwischen Gernsheim und Oppenheim. Die ganze Bergstraße hatten die Spanier verlassen, aber das jenseitige Rheinufer suchten sie noch mit vieler Hartnäckigkeit zu vertheidigen. Sie hatten zu diesem Ende alle Fahrzeuge aus der Nachbarschaft zum Theil verbrannt, zum Theil in die Tiefe versenkt, und standen jenseit des Stroms zum furchtbarsten Angriff gerüstet, wenn etwa der König an diesem Ort den Uebergang wagen würde. Der Muth des Königs sezte ihn bey dieser Gelegenheit einer sehr großen Gefahr aus, in feindliche Hände zu gerathen. Um das jenseitige Ufer zu besichtigen, hatte er sich in einem kleinen Nachen über den Fluß gewagt; kaum aber war er gelandet, so überfiel ihn ein Haufen Spanischer Reiter, aus deren Händen ihn nur die eilfertigste Rückkehr befreyte. Endlich gelang es ihm, durch Vorschub etlicher benachbarten Schiffer sich einiger Fahrzeuge zu bemächtigen, auf deren zween er den Grafen von Brahe mit dreyhundert Schweden übersezen ließ. Nicht so bald hatte dieser Zeit gewonnen sich am jenseitigen Ufer zu verschanzen, als er von vierzehn Kompagnien Spanischer Dragoner und Kürassierer überfallen wurde. So groß die Ueberlegenheit des Feindes war, so tapfer wehrte sich Brahe mit seiner kleinen Schaar, den Vorwürfen und der Schande auszusezen, eine bundsverwandte Stadt der Willkür eines grausamen Feindes geopfert zu haben, machte er sich in beschleunigten Märschen auf, diese wichtige Reichsstadt zu entsezen; aber schon zu Frankfurt erfuhr er den herzhaften Widerstand der Nürnberger, und den Abzug des Tilly, und säumte jezt keinen Augenblick, seine Absichten auf Mainz zu verfolgen. Da es ihm bey Kassel mißlungen war, unter den Kanonen der Belagerten den Uebergang über den Rhein zu gewinnen, so richtete er jezt, um von einer andern Seite der Stadt beyzukommen, seinen Lauf nach der Bergstraße, bemächtigte sich auf diesem Wege jedes wichtigen Plazes, und erschien zum zweytenmale an den Ufern des Rheins bey Stockstadt zwischen Gernsheim und Oppenheim. Die ganze Bergstraße hatten die Spanier verlassen, aber das jenseitige Rheinufer suchten sie noch mit vieler Hartnäckigkeit zu vertheidigen. Sie hatten zu diesem Ende alle Fahrzeuge aus der Nachbarschaft zum Theil verbrannt, zum Theil in die Tiefe versenkt, und standen jenseit des Stroms zum furchtbarsten Angriff gerüstet, wenn etwa der König an diesem Ort den Uebergang wagen würde. Der Muth des Königs sezte ihn bey dieser Gelegenheit einer sehr großen Gefahr aus, in feindliche Hände zu gerathen. Um das jenseitige Ufer zu besichtigen, hatte er sich in einem kleinen Nachen über den Fluß gewagt; kaum aber war er gelandet, so überfiel ihn ein Haufen Spanischer Reiter, aus deren Händen ihn nur die eilfertigste Rückkehr befreyte. Endlich gelang es ihm, durch Vorschub etlicher benachbarten Schiffer sich einiger Fahrzeuge zu bemächtigen, auf deren zween er den Grafen von Brahe mit dreyhundert Schweden übersezen ließ. Nicht so bald hatte dieser Zeit gewonnen sich am jenseitigen Ufer zu verschanzen, als er von vierzehn Kompagnien Spanischer Dragoner und Kürassierer überfallen wurde. 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Nicht so bald hatte dieser Zeit gewonnen sich am jenseitigen Ufer zu verschanzen, als er von vierzehn Kompagnien Spanischer Dragoner und Kürassierer überfallen wurde. So groß die Ueberlegenheit des Feindes war, so tapfer wehrte sich Brahe mit seiner kleinen Schaar, </p> </div> </body> </text> </TEI> [252/0260]
den Vorwürfen und der Schande auszusezen, eine bundsverwandte Stadt der Willkür eines grausamen Feindes geopfert zu haben, machte er sich in beschleunigten Märschen auf, diese wichtige Reichsstadt zu entsezen; aber schon zu Frankfurt erfuhr er den herzhaften Widerstand der Nürnberger, und den Abzug des Tilly, und säumte jezt keinen Augenblick, seine Absichten auf Mainz zu verfolgen. Da es ihm bey Kassel mißlungen war, unter den Kanonen der Belagerten den Uebergang über den Rhein zu gewinnen, so richtete er jezt, um von einer andern Seite der Stadt beyzukommen, seinen Lauf nach der Bergstraße, bemächtigte sich auf diesem Wege jedes wichtigen Plazes, und erschien zum zweytenmale an den Ufern des Rheins bey Stockstadt zwischen Gernsheim und Oppenheim. Die ganze Bergstraße hatten die Spanier verlassen, aber das jenseitige Rheinufer suchten sie noch mit vieler Hartnäckigkeit zu vertheidigen. Sie hatten zu diesem Ende alle Fahrzeuge aus der Nachbarschaft zum Theil verbrannt, zum Theil in die Tiefe versenkt, und standen jenseit des Stroms zum furchtbarsten Angriff gerüstet, wenn etwa der König an diesem Ort den Uebergang wagen würde. Der Muth des Königs sezte ihn bey dieser Gelegenheit einer sehr großen Gefahr aus, in feindliche Hände zu gerathen. Um das jenseitige Ufer zu besichtigen, hatte er sich in einem kleinen Nachen über den Fluß gewagt; kaum aber war er gelandet, so überfiel ihn ein Haufen Spanischer Reiter, aus deren Händen ihn nur die eilfertigste Rückkehr befreyte. Endlich gelang es ihm, durch Vorschub etlicher benachbarten Schiffer sich einiger Fahrzeuge zu bemächtigen, auf deren zween er den Grafen von Brahe mit dreyhundert Schweden übersezen ließ. Nicht so bald hatte dieser Zeit gewonnen sich am jenseitigen Ufer zu verschanzen, als er von vierzehn Kompagnien Spanischer Dragoner und Kürassierer überfallen wurde. So groß die Ueberlegenheit des Feindes war, so tapfer wehrte sich Brahe mit seiner kleinen Schaar,
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