Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.Kaiser aus seinen Erbstaaten vertrieben zu haben, wenn Tilly eben diesem Kaiser Deutschland eroberte? Konnte er hoffen, den Kaiser mehr zu bedrängen, als vor zwölf Jahren der Böhmische Aufruhr gethan hatte, der doch die Standhaftigkeit dieses Prinzen nicht erschütterte, der seine Hülfsquellen nicht erschöpfte, aus dem er nur desto furchtbarer erstand? Weniger glänzend, aber weit gründlicher waren die Vortheile, welche er von einem persönlichen Einfall in die ligistischen Länder zu erwarten hatte. Entscheidend war hier seine gewaffnete Ankunft. Eben waren die Fürsten, des Restitutionsediktes wegen, auf einem Reichstage zu Frankfurt versammelt, wo Ferdinand alle Künste seiner arglistigen Politik in Bewegung sezte, die in Furcht gesezten Protestanten zu einem schnellen und nachtheiligen Vergleich zu bereden. Nur die Annäherung ihres Beschüzers konnte sie zu einem standhaften Widerstand ermuntern, und die Anschläge des Kaisers zernichten. Gustav Adolph konnte hoffen, alle diese mißvergnügten Fürsten durch seine siegreiche Gegenwart zu vereinigen, die übrigen durch das Schrecken seiner Waffen von dem Kaiser zu trennen. Hier im Mittelpunkte Deutschlands zerschnitt er die Nerven der kaiserlichen Macht, die sich ohne den Beystand der Ligue nicht behaupten konnte. Hier konnte er Frankreich, einen zweydeutigen Bundsgenossen, in der Nähe bewachen, und wenn ihm zu Erreichung eines geheimen Wunsches die Freundschaft der katholischen Churfürsten wichtig war, so mußte er sich vor allen Dingen zum Herrn ihres Schicksals machen, um durch eine großmüthige Schonung sich einen Anspruch auf ihre Dankbarkeit zu erwerben. Er erwählte also für sich selbst den Weg nach Franken und dem Rhein, und überließ dem Churfürsten von Sachsen die Eroberung Böhmens. Kaiser aus seinen Erbstaaten vertrieben zu haben, wenn Tilly eben diesem Kaiser Deutschland eroberte? Konnte er hoffen, den Kaiser mehr zu bedrängen, als vor zwölf Jahren der Böhmische Aufruhr gethan hatte, der doch die Standhaftigkeit dieses Prinzen nicht erschütterte, der seine Hülfsquellen nicht erschöpfte, aus dem er nur desto furchtbarer erstand? Weniger glänzend, aber weit gründlicher waren die Vortheile, welche er von einem persönlichen Einfall in die ligistischen Länder zu erwarten hatte. Entscheidend war hier seine gewaffnete Ankunft. Eben waren die Fürsten, des Restitutionsediktes wegen, auf einem Reichstage zu Frankfurt versammelt, wo Ferdinand alle Künste seiner arglistigen Politik in Bewegung sezte, die in Furcht gesezten Protestanten zu einem schnellen und nachtheiligen Vergleich zu bereden. Nur die Annäherung ihres Beschüzers konnte sie zu einem standhaften Widerstand ermuntern, und die Anschläge des Kaisers zernichten. Gustav Adolph konnte hoffen, alle diese mißvergnügten Fürsten durch seine siegreiche Gegenwart zu vereinigen, die übrigen durch das Schrecken seiner Waffen von dem Kaiser zu trennen. Hier im Mittelpunkte Deutschlands zerschnitt er die Nerven der kaiserlichen Macht, die sich ohne den Beystand der Ligue nicht behaupten konnte. Hier konnte er Frankreich, einen zweydeutigen Bundsgenossen, in der Nähe bewachen, und wenn ihm zu Erreichung eines geheimen Wunsches die Freundschaft der katholischen Churfürsten wichtig war, so mußte er sich vor allen Dingen zum Herrn ihres Schicksals machen, um durch eine großmüthige Schonung sich einen Anspruch auf ihre Dankbarkeit zu erwerben. Er erwählte also für sich selbst den Weg nach Franken und dem Rhein, und überließ dem Churfürsten von Sachsen die Eroberung Böhmens. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0233" n="225"/> Kaiser aus seinen Erbstaaten vertrieben zu haben, wenn Tilly eben diesem Kaiser Deutschland eroberte? 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Nur die Annäherung ihres Beschüzers konnte sie zu einem standhaften Widerstand ermuntern, und die Anschläge des Kaisers zernichten. <persName>Gustav Adolph</persName> konnte hoffen, alle diese mißvergnügten Fürsten durch seine siegreiche Gegenwart zu vereinigen, die übrigen durch das Schrecken seiner Waffen von dem Kaiser zu trennen. Hier im Mittelpunkte Deutschlands zerschnitt er die Nerven der kaiserlichen Macht, die sich ohne den Beystand der Ligue nicht behaupten konnte. Hier konnte er Frankreich, einen zweydeutigen Bundsgenossen, in der Nähe bewachen, und wenn ihm zu Erreichung eines geheimen Wunsches die Freundschaft der katholischen Churfürsten wichtig war, so mußte er sich vor allen Dingen zum Herrn ihres Schicksals machen, um durch eine großmüthige Schonung sich einen Anspruch auf ihre Dankbarkeit zu erwerben.</p> <p>Er erwählte also für sich selbst den Weg nach Franken und dem Rhein, und überließ dem Churfürsten von Sachsen die Eroberung Böhmens.</p> </div> </body> </text> </TEI> [225/0233]
Kaiser aus seinen Erbstaaten vertrieben zu haben, wenn Tilly eben diesem Kaiser Deutschland eroberte? Konnte er hoffen, den Kaiser mehr zu bedrängen, als vor zwölf Jahren der Böhmische Aufruhr gethan hatte, der doch die Standhaftigkeit dieses Prinzen nicht erschütterte, der seine Hülfsquellen nicht erschöpfte, aus dem er nur desto furchtbarer erstand?
Weniger glänzend, aber weit gründlicher waren die Vortheile, welche er von einem persönlichen Einfall in die ligistischen Länder zu erwarten hatte. Entscheidend war hier seine gewaffnete Ankunft. Eben waren die Fürsten, des Restitutionsediktes wegen, auf einem Reichstage zu Frankfurt versammelt, wo Ferdinand alle Künste seiner arglistigen Politik in Bewegung sezte, die in Furcht gesezten Protestanten zu einem schnellen und nachtheiligen Vergleich zu bereden. Nur die Annäherung ihres Beschüzers konnte sie zu einem standhaften Widerstand ermuntern, und die Anschläge des Kaisers zernichten. Gustav Adolph konnte hoffen, alle diese mißvergnügten Fürsten durch seine siegreiche Gegenwart zu vereinigen, die übrigen durch das Schrecken seiner Waffen von dem Kaiser zu trennen. Hier im Mittelpunkte Deutschlands zerschnitt er die Nerven der kaiserlichen Macht, die sich ohne den Beystand der Ligue nicht behaupten konnte. Hier konnte er Frankreich, einen zweydeutigen Bundsgenossen, in der Nähe bewachen, und wenn ihm zu Erreichung eines geheimen Wunsches die Freundschaft der katholischen Churfürsten wichtig war, so mußte er sich vor allen Dingen zum Herrn ihres Schicksals machen, um durch eine großmüthige Schonung sich einen Anspruch auf ihre Dankbarkeit zu erwerben.
Er erwählte also für sich selbst den Weg nach Franken und dem Rhein, und überließ dem Churfürsten von Sachsen die Eroberung Böhmens.
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