Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

brauche er selbst - Gegen einen Angriff würde er sich zu vertheidigen wissen. Fehlte es dem General Tilly an Geld und Lebensmitteln, so möchte er nur nach München aufbrechen, wo Vorrath an beydem sey." Der Einbruch zweyer kaiserlichen Schaaren in Hessen war die nächste Folge dieser herausfodernden Antwort; aber der Landgraf wußte ihnen so gut zu begegnen, daß nichts Erhebliches ausgerichtet ward. Nachdem aber Tilly selbst im Begriff stand, ihnen mit seiner ganzen Macht nachzufolgen, so würde das unglückliche Land die Standhaftigkeit seines Fürsten theuer genug haben büssen müssen, wenn nicht die Bewegungen des Königs von Schweden diesen General noch zu rechter Zeit zurück gerufen hätten.

Gustav Adolph hatte den Untergang Magdeburgs mit dem empfindlichsten Schmerz erfahren, der dadurch vergrößert ward, daß Georg Wilhelm nun, dem Vertrage gemäß, die Festung Spandau zurück verlangte. Der Verlust von Magdeburg hatte die Gründe, um derentwillen dem König der Besiz dieser Festung so wichtig war, eher vermehrt als vermindert; und je näher die Nothwendigkeit einer entscheidenden Schlacht zwischen ihm und Tilly heran rückte, desto schwerer ward es ihm, der einzigen Zuflucht zu entsagen, welche nach einem unglücklichen Ausgang für ihn übrig war. Nachdem er Vorstellungen und Bitten bey dem Churfürsten von Brandenburg fruchtlos erschöpft hatte, und die Kaltsinnigkeit desselben vielmehr mit jedem Tage stieg, so schickte er endlich seinem Kommandanten den Befehl zu, Spandau zu räumen, erklärte aber zugleich, daß von demselben Tage an der Churfürst als Feind behandelt werden sollte.

Dieser Erklärung Nachdruck zu geben, erschien er mit seiner ganzen Armee vor Berlin. "Ich will nicht schlechter behandelt seyn, als die Generale des Kaisers, antwortete er den Abgesandten, die der

brauche er selbst – Gegen einen Angriff würde er sich zu vertheidigen wissen. Fehlte es dem General Tilly an Geld und Lebensmitteln, so möchte er nur nach München aufbrechen, wo Vorrath an beydem sey.“ Der Einbruch zweyer kaiserlichen Schaaren in Hessen war die nächste Folge dieser herausfodernden Antwort; aber der Landgraf wußte ihnen so gut zu begegnen, daß nichts Erhebliches ausgerichtet ward. Nachdem aber Tilly selbst im Begriff stand, ihnen mit seiner ganzen Macht nachzufolgen, so würde das unglückliche Land die Standhaftigkeit seines Fürsten theuer genug haben büssen müssen, wenn nicht die Bewegungen des Königs von Schweden diesen General noch zu rechter Zeit zurück gerufen hätten.

Gustav Adolph hatte den Untergang Magdeburgs mit dem empfindlichsten Schmerz erfahren, der dadurch vergrößert ward, daß Georg Wilhelm nun, dem Vertrage gemäß, die Festung Spandau zurück verlangte. Der Verlust von Magdeburg hatte die Gründe, um derentwillen dem König der Besiz dieser Festung so wichtig war, eher vermehrt als vermindert; und je näher die Nothwendigkeit einer entscheidenden Schlacht zwischen ihm und Tilly heran rückte, desto schwerer ward es ihm, der einzigen Zuflucht zu entsagen, welche nach einem unglücklichen Ausgang für ihn übrig war. Nachdem er Vorstellungen und Bitten bey dem Churfürsten von Brandenburg fruchtlos erschöpft hatte, und die Kaltsinnigkeit desselben vielmehr mit jedem Tage stieg, so schickte er endlich seinem Kommandanten den Befehl zu, Spandau zu räumen, erklärte aber zugleich, daß von demselben Tage an der Churfürst als Feind behandelt werden sollte.

Dieser Erklärung Nachdruck zu geben, erschien er mit seiner ganzen Armee vor Berlin. „Ich will nicht schlechter behandelt seyn, als die Generale des Kaisers, antwortete er den Abgesandten, die der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0215" n="207"/>
brauche er selbst &#x2013; Gegen einen Angriff würde er sich zu vertheidigen wissen. Fehlte es           dem General Tilly an Geld und Lebensmitteln, so möchte er nur nach München aufbrechen, wo           Vorrath an beydem sey.&#x201C; Der Einbruch zweyer kaiserlichen Schaaren in Hessen war die           nächste Folge dieser herausfodernden Antwort; aber der Landgraf wußte ihnen so gut zu           begegnen, daß nichts Erhebliches ausgerichtet ward. Nachdem aber Tilly selbst im Begriff           stand, ihnen mit seiner ganzen Macht nachzufolgen, so würde das unglückliche Land die           Standhaftigkeit seines Fürsten theuer genug haben büssen müssen, wenn nicht die Bewegungen           des Königs von Schweden diesen General noch zu rechter Zeit zurück gerufen hätten.</p>
        <p><persName>Gustav Adolph</persName> hatte den Untergang Magdeburgs mit dem empfindlichsten Schmerz erfahren,           der dadurch vergrößert ward, daß <persName>Georg Wilhelm</persName> nun, dem Vertrage gemäß, die Festung           Spandau zurück verlangte. Der Verlust von Magdeburg hatte die Gründe, um derentwillen dem           König der Besiz dieser Festung so wichtig war, eher vermehrt als vermindert; und je näher           die Nothwendigkeit einer entscheidenden Schlacht zwischen ihm und Tilly heran rückte,           desto schwerer ward es ihm, der einzigen Zuflucht zu entsagen, welche nach einem           unglücklichen Ausgang für ihn übrig war. Nachdem er Vorstellungen und Bitten bey dem           Churfürsten von Brandenburg fruchtlos erschöpft hatte, und die Kaltsinnigkeit desselben           vielmehr mit jedem Tage stieg, so schickte er endlich seinem Kommandanten den Befehl zu,           Spandau zu räumen, erklärte aber zugleich, daß von demselben Tage an der Churfürst als           Feind behandelt werden sollte.</p>
        <p>Dieser Erklärung Nachdruck zu geben, erschien er mit seiner ganzen Armee vor <placeName>Berlin</placeName>. &#x201E;Ich           will nicht schlechter behandelt seyn, als die Generale des Kaisers, antwortete er den           Abgesandten, die der
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0215] brauche er selbst – Gegen einen Angriff würde er sich zu vertheidigen wissen. Fehlte es dem General Tilly an Geld und Lebensmitteln, so möchte er nur nach München aufbrechen, wo Vorrath an beydem sey.“ Der Einbruch zweyer kaiserlichen Schaaren in Hessen war die nächste Folge dieser herausfodernden Antwort; aber der Landgraf wußte ihnen so gut zu begegnen, daß nichts Erhebliches ausgerichtet ward. Nachdem aber Tilly selbst im Begriff stand, ihnen mit seiner ganzen Macht nachzufolgen, so würde das unglückliche Land die Standhaftigkeit seines Fürsten theuer genug haben büssen müssen, wenn nicht die Bewegungen des Königs von Schweden diesen General noch zu rechter Zeit zurück gerufen hätten. Gustav Adolph hatte den Untergang Magdeburgs mit dem empfindlichsten Schmerz erfahren, der dadurch vergrößert ward, daß Georg Wilhelm nun, dem Vertrage gemäß, die Festung Spandau zurück verlangte. Der Verlust von Magdeburg hatte die Gründe, um derentwillen dem König der Besiz dieser Festung so wichtig war, eher vermehrt als vermindert; und je näher die Nothwendigkeit einer entscheidenden Schlacht zwischen ihm und Tilly heran rückte, desto schwerer ward es ihm, der einzigen Zuflucht zu entsagen, welche nach einem unglücklichen Ausgang für ihn übrig war. Nachdem er Vorstellungen und Bitten bey dem Churfürsten von Brandenburg fruchtlos erschöpft hatte, und die Kaltsinnigkeit desselben vielmehr mit jedem Tage stieg, so schickte er endlich seinem Kommandanten den Befehl zu, Spandau zu räumen, erklärte aber zugleich, daß von demselben Tage an der Churfürst als Feind behandelt werden sollte. Dieser Erklärung Nachdruck zu geben, erschien er mit seiner ganzen Armee vor Berlin. „Ich will nicht schlechter behandelt seyn, als die Generale des Kaisers, antwortete er den Abgesandten, die der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/215
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/215>, abgerufen am 22.11.2024.