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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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heftigste Wall und Thürme. Ein Thurm wurde ganz eingestürzt, aber ohne den Angriff zu erleichtern, da er nicht in den Graben fiel, sondern sich seitwärts an den Wall anlehnte. Des anhaltenden Bombardirens ungeachtet, hatte der Wall nicht viel gelitten, und die Wirkung der Feuerkugeln, welche die Stadt in Brand stecken sollten, wurde durch vortreffliche Gegenanstalten vereitelt. Aber der Pulvervorrath der Belagerten war bald zu Ende, und das Geschüz der Festung hörte nach und nach auf, den Belagerern zu antworten. Ehe neues Pulver bereitet war, mußte Magdeburg entsezt seyn, oder es war verloren. Jezt war die Hoffnung in der Stadt aufs höchste gestiegen, und mit heftiger Sehnsucht alle Blicke nach der Gegend hingekehrt, von welcher die Schwedischen Fahnen wehen sollten. Gustav Adolph hielt sich nahe genug auf, um am dritten Tage vor Magdeburg zu stehen. Die Sicherheit steigt mit der Hoffnung, und alles trägt dazu bey, sie zu verstärken. Am 9ten May fängt unerwartet die feindliche Kanonade an zu schweigen, von mehrern Batterien werden die Stücke abgeführt. Todte Stille im kaiserlichen Lager. Alles überzeugt die Belagerten, daß ihre Rettung nahe sey. Der größte Theil der Bürger- und Soldatenwache verläßt früh morgens seinen Posten auf dem Wall, um endlich einmal nach langer Arbeit des süßen Schlafes sich zu erfreuen - aber ein theurer Schlaf, und ein entsetzliches Erwachen!

Tilly hatte endlich der Hoffnung entsagt, auf dem bisherigen Wege der Belagerung sich noch vor Ankunft der Schweden der Stadt bemeistern zu können; er beschloß also, sein Lager aufzuheben, zuvor aber noch einen Generalsturm zu wagen. Die Schwierigkeiten waren groß, da keine Bresche noch geschossen, und die Festungswerke kaum beschädigt waren. Aber der Kriegsrath, den er versammelte, erklärte sich für den Sturm, und stüzte sich dabey auf das Beyspiel von Mastricht, welche Stadt früh morgens, da

heftigste Wall und Thürme. Ein Thurm wurde ganz eingestürzt, aber ohne den Angriff zu erleichtern, da er nicht in den Graben fiel, sondern sich seitwärts an den Wall anlehnte. Des anhaltenden Bombardirens ungeachtet, hatte der Wall nicht viel gelitten, und die Wirkung der Feuerkugeln, welche die Stadt in Brand stecken sollten, wurde durch vortreffliche Gegenanstalten vereitelt. Aber der Pulvervorrath der Belagerten war bald zu Ende, und das Geschüz der Festung hörte nach und nach auf, den Belagerern zu antworten. Ehe neues Pulver bereitet war, mußte Magdeburg entsezt seyn, oder es war verloren. Jezt war die Hoffnung in der Stadt aufs höchste gestiegen, und mit heftiger Sehnsucht alle Blicke nach der Gegend hingekehrt, von welcher die Schwedischen Fahnen wehen sollten. Gustav Adolph hielt sich nahe genug auf, um am dritten Tage vor Magdeburg zu stehen. Die Sicherheit steigt mit der Hoffnung, und alles trägt dazu bey, sie zu verstärken. Am 9ten May fängt unerwartet die feindliche Kanonade an zu schweigen, von mehrern Batterien werden die Stücke abgeführt. Todte Stille im kaiserlichen Lager. Alles überzeugt die Belagerten, daß ihre Rettung nahe sey. Der größte Theil der Bürger- und Soldatenwache verläßt früh morgens seinen Posten auf dem Wall, um endlich einmal nach langer Arbeit des süßen Schlafes sich zu erfreuen – aber ein theurer Schlaf, und ein entsetzliches Erwachen!

Tilly hatte endlich der Hoffnung entsagt, auf dem bisherigen Wege der Belagerung sich noch vor Ankunft der Schweden der Stadt bemeistern zu können; er beschloß also, sein Lager aufzuheben, zuvor aber noch einen Generalsturm zu wagen. Die Schwierigkeiten waren groß, da keine Bresche noch geschossen, und die Festungswerke kaum beschädigt waren. Aber der Kriegsrath, den er versammelte, erklärte sich für den Sturm, und stüzte sich dabey auf das Beyspiel von Mastricht, welche Stadt früh morgens, da

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[197/0205] heftigste Wall und Thürme. Ein Thurm wurde ganz eingestürzt, aber ohne den Angriff zu erleichtern, da er nicht in den Graben fiel, sondern sich seitwärts an den Wall anlehnte. Des anhaltenden Bombardirens ungeachtet, hatte der Wall nicht viel gelitten, und die Wirkung der Feuerkugeln, welche die Stadt in Brand stecken sollten, wurde durch vortreffliche Gegenanstalten vereitelt. Aber der Pulvervorrath der Belagerten war bald zu Ende, und das Geschüz der Festung hörte nach und nach auf, den Belagerern zu antworten. Ehe neues Pulver bereitet war, mußte Magdeburg entsezt seyn, oder es war verloren. Jezt war die Hoffnung in der Stadt aufs höchste gestiegen, und mit heftiger Sehnsucht alle Blicke nach der Gegend hingekehrt, von welcher die Schwedischen Fahnen wehen sollten. Gustav Adolph hielt sich nahe genug auf, um am dritten Tage vor Magdeburg zu stehen. Die Sicherheit steigt mit der Hoffnung, und alles trägt dazu bey, sie zu verstärken. Am 9ten May fängt unerwartet die feindliche Kanonade an zu schweigen, von mehrern Batterien werden die Stücke abgeführt. Todte Stille im kaiserlichen Lager. Alles überzeugt die Belagerten, daß ihre Rettung nahe sey. Der größte Theil der Bürger- und Soldatenwache verläßt früh morgens seinen Posten auf dem Wall, um endlich einmal nach langer Arbeit des süßen Schlafes sich zu erfreuen – aber ein theurer Schlaf, und ein entsetzliches Erwachen! Tilly hatte endlich der Hoffnung entsagt, auf dem bisherigen Wege der Belagerung sich noch vor Ankunft der Schweden der Stadt bemeistern zu können; er beschloß also, sein Lager aufzuheben, zuvor aber noch einen Generalsturm zu wagen. Die Schwierigkeiten waren groß, da keine Bresche noch geschossen, und die Festungswerke kaum beschädigt waren. Aber der Kriegsrath, den er versammelte, erklärte sich für den Sturm, und stüzte sich dabey auf das Beyspiel von Mastricht, welche Stadt früh morgens, da

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/205>, abgerufen am 22.11.2024.