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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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edeln Familie in Lüttich, und hatte in dem Niederländischen Kriege, der damaligen Feldherrnschule, seine Talente ausgebildet. Bald darauf fand er Gelegenheit, seine erlangten Fähigkeiten unter Kaiser Rudolph II. in Ungarn zu zeigen, wo er sich schnell von einer Stufe zur andern empor schwang. Nach geschlossenem Frieden trat er in die Dienste Maximilians von Bayern, der ihn zum Oberfeldherrn mit unumschränkter Gewalt ernannte. Tilly wurde durch seine vortrefflichen Einrichtungen der Schöpfer der Bayrischen Kriegsmacht, und ihm vorzüglich hatte Maximilian seine bisherige Ueberlegenheit im Felde zu danken. Nach geendigtem Böhmischen Kriege wurde ihm das Commando der ligistischen Truppen, und jezt, nach Wallensteins Abgang, das Generalat über die ganze kaiserliche Armee übertragen. Eben so streng gegen seine Truppen, eben so blutdürstig gegen den Feind, von eben so finsterer Gemüthsart als Wallenstein, ließ er diesen an Bescheidenheit und Uneigennützigkeit weit hinter sich zurück. Ein blinder Religionseifer und ein blutdürstiger Verfolgungsgeist vereinigten sich mit der natürlichen Wildheit seines Charakters, ihn zum Schrecken der Protestanten zu machen. Ein bizarres und schreckhaftes Aeussere entsprach dieser Gemüthsart. Klein, hager, mit eingefallenen Wangen, langer Nase, breiter gerunzelter Stirne, starkem Knebelbart und unten zugespitztem Gesichte, zeigte er sich gewöhnlich in einem Spanischen Wamms von hellgrünem Atlas mit aufgeschlizten Ermeln, auf dem Kopfe einen kleinen hoch aufgestuzten Hut, mit einer rothen Straußfeder geziert, die bis auf den Rücken niederwallte. Sein ganzer Anblick erinnerte an den Herzog von Alba, den Zuchtmeister der Flamänder, und es fehlte viel, daß seine Thaten diesen Eindruck auslöschten. So war der Feldherr beschaffen, der sich dem nordischen Helden jezt entgegen stellte.

edeln Familie in Lüttich, und hatte in dem Niederländischen Kriege, der damaligen Feldherrnschule, seine Talente ausgebildet. Bald darauf fand er Gelegenheit, seine erlangten Fähigkeiten unter Kaiser Rudolph II. in Ungarn zu zeigen, wo er sich schnell von einer Stufe zur andern empor schwang. Nach geschlossenem Frieden trat er in die Dienste Maximilians von Bayern, der ihn zum Oberfeldherrn mit unumschränkter Gewalt ernannte. Tilly wurde durch seine vortrefflichen Einrichtungen der Schöpfer der Bayrischen Kriegsmacht, und ihm vorzüglich hatte Maximilian seine bisherige Ueberlegenheit im Felde zu danken. Nach geendigtem Böhmischen Kriege wurde ihm das Commando der ligistischen Truppen, und jezt, nach Wallensteins Abgang, das Generalat über die ganze kaiserliche Armee übertragen. Eben so streng gegen seine Truppen, eben so blutdürstig gegen den Feind, von eben so finsterer Gemüthsart als Wallenstein, ließ er diesen an Bescheidenheit und Uneigennützigkeit weit hinter sich zurück. Ein blinder Religionseifer und ein blutdürstiger Verfolgungsgeist vereinigten sich mit der natürlichen Wildheit seines Charakters, ihn zum Schrecken der Protestanten zu machen. Ein bizarres und schreckhaftes Aeussere entsprach dieser Gemüthsart. Klein, hager, mit eingefallenen Wangen, langer Nase, breiter gerunzelter Stirne, starkem Knebelbart und unten zugespitztem Gesichte, zeigte er sich gewöhnlich in einem Spanischen Wamms von hellgrünem Atlas mit aufgeschlizten Ermeln, auf dem Kopfe einen kleinen hoch aufgestuzten Hut, mit einer rothen Straußfeder geziert, die bis auf den Rücken niederwallte. Sein ganzer Anblick erinnerte an den Herzog von Alba, den Zuchtmeister der Flamänder, und es fehlte viel, daß seine Thaten diesen Eindruck auslöschten. So war der Feldherr beschaffen, der sich dem nordischen Helden jezt entgegen stellte.

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[184/0192] edeln Familie in Lüttich, und hatte in dem Niederländischen Kriege, der damaligen Feldherrnschule, seine Talente ausgebildet. Bald darauf fand er Gelegenheit, seine erlangten Fähigkeiten unter Kaiser Rudolph II. in Ungarn zu zeigen, wo er sich schnell von einer Stufe zur andern empor schwang. Nach geschlossenem Frieden trat er in die Dienste Maximilians von Bayern, der ihn zum Oberfeldherrn mit unumschränkter Gewalt ernannte. Tilly wurde durch seine vortrefflichen Einrichtungen der Schöpfer der Bayrischen Kriegsmacht, und ihm vorzüglich hatte Maximilian seine bisherige Ueberlegenheit im Felde zu danken. Nach geendigtem Böhmischen Kriege wurde ihm das Commando der ligistischen Truppen, und jezt, nach Wallensteins Abgang, das Generalat über die ganze kaiserliche Armee übertragen. Eben so streng gegen seine Truppen, eben so blutdürstig gegen den Feind, von eben so finsterer Gemüthsart als Wallenstein, ließ er diesen an Bescheidenheit und Uneigennützigkeit weit hinter sich zurück. Ein blinder Religionseifer und ein blutdürstiger Verfolgungsgeist vereinigten sich mit der natürlichen Wildheit seines Charakters, ihn zum Schrecken der Protestanten zu machen. Ein bizarres und schreckhaftes Aeussere entsprach dieser Gemüthsart. Klein, hager, mit eingefallenen Wangen, langer Nase, breiter gerunzelter Stirne, starkem Knebelbart und unten zugespitztem Gesichte, zeigte er sich gewöhnlich in einem Spanischen Wamms von hellgrünem Atlas mit aufgeschlizten Ermeln, auf dem Kopfe einen kleinen hoch aufgestuzten Hut, mit einer rothen Straußfeder geziert, die bis auf den Rücken niederwallte. Sein ganzer Anblick erinnerte an den Herzog von Alba, den Zuchtmeister der Flamänder, und es fehlte viel, daß seine Thaten diesen Eindruck auslöschten. So war der Feldherr beschaffen, der sich dem nordischen Helden jezt entgegen stellte.

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/192>, abgerufen am 23.11.2024.