Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

gegen die politische Gefahr gerichtet werden konnte, weil er in dem nehmlichen Gegenstande mit derselben zusammentraf. Dieses Motiv war der erklärte Haß gegen eine Religion, welche das Haus Oesterreich beschüzte, die schwärmerische Anhänglichkeit an eine Lehre, welche dieses Haus mit Feuer und Schwert zu vertilgen strebte. Diese Anhänglichkeit war feurig, jener Haß war unüberwindlich; der Religionsfanatismus fürchtet das Entfernte, Schwärmerey berechnet nie, was sie aufopfert. Was die entschiedenste Gefahr des Staats nicht über seine Bürger vermocht hätte, bewirkte die religiöse Begeisterung. Für den Staat, für das Interesse des Fürsten würden sich wenig freywillige Arme bewaffnet haben; für die Religion griff der Kaufmann, der Künstler, der Landbauer freudig zum Gewehr. Für den Staat oder den Fürsten würde man sich auch der kleinsten außerordentlichen Abgabe zu entziehen gesucht haben; an die Religion sezte man Gut und Blut, alle seine zeitlichen Hoffnungen. Dreyfach stärkere Summen strömen jezt in den Schatz des Fürsten, dreyfach stärkere Heere rücken in das Feld; und in der heftigen Bewegung, worein die nahe Religionsgefahr alle Gemüther versezte, fühlte der Unterthan die Schwere der Lasten nicht, die Anstrengungen nicht, von denen er in einer ruhigern Gemüthslage erschöpft würde, niedergesunken seyn. Die Furcht vor der Spanischen Inquisition, vor Bartholomäusnächten, eröffnet dem Prinzen von Oranien, dem Admiral Koligny, der Brittischen Königin Elisabeth, den protestantischen Fürsten Deutschlands, Hülfsquellen bey ihren Völkern, die noch jezt unbegreiflich sind.

Mit noch so großen eignen Anstrengungen aber würde man gegen eine Macht wenig ausgerichtet haben, die auch dem mächtigsten Fürsten, wenn er einzeln stand, überlegen war. In den Zeiten einer noch wenig ausgebildeten Politik konnten aber nur zufällige Umstände entfernte Staaten zu einer

gegen die politische Gefahr gerichtet werden konnte, weil er in dem nehmlichen Gegenstande mit derselben zusammentraf. Dieses Motiv war der erklärte Haß gegen eine Religion, welche das Haus Oesterreich beschüzte, die schwärmerische Anhänglichkeit an eine Lehre, welche dieses Haus mit Feuer und Schwert zu vertilgen strebte. Diese Anhänglichkeit war feurig, jener Haß war unüberwindlich; der Religionsfanatismus fürchtet das Entfernte, Schwärmerey berechnet nie, was sie aufopfert. Was die entschiedenste Gefahr des Staats nicht über seine Bürger vermocht hätte, bewirkte die religiöse Begeisterung. Für den Staat, für das Interesse des Fürsten würden sich wenig freywillige Arme bewaffnet haben; für die Religion griff der Kaufmann, der Künstler, der Landbauer freudig zum Gewehr. Für den Staat oder den Fürsten würde man sich auch der kleinsten außerordentlichen Abgabe zu entziehen gesucht haben; an die Religion sezte man Gut und Blut, alle seine zeitlichen Hoffnungen. Dreyfach stärkere Summen strömen jezt in den Schatz des Fürsten, dreyfach stärkere Heere rücken in das Feld; und in der heftigen Bewegung, worein die nahe Religionsgefahr alle Gemüther versezte, fühlte der Unterthan die Schwere der Lasten nicht, die Anstrengungen nicht, von denen er in einer ruhigern Gemüthslage erschöpft würde, niedergesunken seyn. Die Furcht vor der Spanischen Inquisition, vor Bartholomäusnächten, eröffnet dem Prinzen von Oranien, dem Admiral Koligny, der Brittischen Königin Elisabeth, den protestantischen Fürsten Deutschlands, Hülfsquellen bey ihren Völkern, die noch jezt unbegreiflich sind.

Mit noch so großen eignen Anstrengungen aber würde man gegen eine Macht wenig ausgerichtet haben, die auch dem mächtigsten Fürsten, wenn er einzeln stand, überlegen war. In den Zeiten einer noch wenig ausgebildeten Politik konnten aber nur zufällige Umstände entfernte Staaten zu einer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0017" n="9"/>
gegen die politische Gefahr gerichtet werden konnte, weil er in dem nehmlichen           Gegenstande mit derselben zusammentraf. Dieses Motiv war der erklärte Haß gegen eine           Religion, welche das Haus Oesterreich beschüzte, die schwärmerische Anhänglichkeit an eine           Lehre, welche dieses Haus mit Feuer und Schwert zu vertilgen strebte. Diese Anhänglichkeit           war feurig, jener Haß war unüberwindlich; der Religionsfanatismus fürchtet das Entfernte,           Schwärmerey berechnet nie, was sie aufopfert. Was die entschiedenste Gefahr des Staats           nicht über seine Bürger vermocht hätte, bewirkte die religiöse Begeisterung. Für den           Staat, für das Interesse des Fürsten würden sich wenig freywillige Arme bewaffnet haben;           für die Religion griff der Kaufmann, der Künstler, der Landbauer freudig zum Gewehr. Für           den Staat oder den Fürsten würde man sich auch der kleinsten außerordentlichen Abgabe zu           entziehen gesucht haben; an die Religion sezte man Gut und Blut, alle seine zeitlichen           Hoffnungen. Dreyfach stärkere Summen strömen jezt in den Schatz des Fürsten, dreyfach           stärkere Heere rücken in das Feld; und in der heftigen Bewegung, worein die nahe           Religionsgefahr alle Gemüther versezte, fühlte der Unterthan die Schwere der Lasten nicht,           die Anstrengungen nicht, von denen er in einer ruhigern Gemüthslage erschöpft würde,           niedergesunken seyn. Die Furcht vor der Spanischen Inquisition, vor Bartholomäusnächten,           eröffnet dem Prinzen von Oranien, dem Admiral Koligny, der Brittischen <persName>Königin Elisabeth</persName>,           den protestantischen Fürsten Deutschlands, Hülfsquellen bey ihren Völkern, die noch jezt           unbegreiflich sind.</p>
        <p>Mit noch so großen eignen Anstrengungen aber würde man gegen eine Macht wenig           ausgerichtet haben, die auch dem mächtigsten Fürsten, wenn er einzeln stand, überlegen           war. In den Zeiten einer noch wenig ausgebildeten Politik konnten aber nur zufällige           Umstände entfernte Staaten zu einer
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0017] gegen die politische Gefahr gerichtet werden konnte, weil er in dem nehmlichen Gegenstande mit derselben zusammentraf. Dieses Motiv war der erklärte Haß gegen eine Religion, welche das Haus Oesterreich beschüzte, die schwärmerische Anhänglichkeit an eine Lehre, welche dieses Haus mit Feuer und Schwert zu vertilgen strebte. Diese Anhänglichkeit war feurig, jener Haß war unüberwindlich; der Religionsfanatismus fürchtet das Entfernte, Schwärmerey berechnet nie, was sie aufopfert. Was die entschiedenste Gefahr des Staats nicht über seine Bürger vermocht hätte, bewirkte die religiöse Begeisterung. Für den Staat, für das Interesse des Fürsten würden sich wenig freywillige Arme bewaffnet haben; für die Religion griff der Kaufmann, der Künstler, der Landbauer freudig zum Gewehr. Für den Staat oder den Fürsten würde man sich auch der kleinsten außerordentlichen Abgabe zu entziehen gesucht haben; an die Religion sezte man Gut und Blut, alle seine zeitlichen Hoffnungen. Dreyfach stärkere Summen strömen jezt in den Schatz des Fürsten, dreyfach stärkere Heere rücken in das Feld; und in der heftigen Bewegung, worein die nahe Religionsgefahr alle Gemüther versezte, fühlte der Unterthan die Schwere der Lasten nicht, die Anstrengungen nicht, von denen er in einer ruhigern Gemüthslage erschöpft würde, niedergesunken seyn. Die Furcht vor der Spanischen Inquisition, vor Bartholomäusnächten, eröffnet dem Prinzen von Oranien, dem Admiral Koligny, der Brittischen Königin Elisabeth, den protestantischen Fürsten Deutschlands, Hülfsquellen bey ihren Völkern, die noch jezt unbegreiflich sind. Mit noch so großen eignen Anstrengungen aber würde man gegen eine Macht wenig ausgerichtet haben, die auch dem mächtigsten Fürsten, wenn er einzeln stand, überlegen war. In den Zeiten einer noch wenig ausgebildeten Politik konnten aber nur zufällige Umstände entfernte Staaten zu einer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/17
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/17>, abgerufen am 24.11.2024.