Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.von Seiten der Evangelischen, so sehr auch Ferdinand sich überredete, alle Mitglieder der Ligue durch das Restitutionsedikt, und den Anführer derselben durch Ertheilung der Churwürde und durch Einräumung des größten Theils der Pfälzischen Lande sich verpflichtet zu haben. Das gute Verständniß zwischen dem Kaiser und den Fürsten der Ligue hatte seit Wallensteins Erscheinung unendlich gelitten. Gewohnt, den Gesezgeber in Deutschland zu spielen, und selbst über das Schicksal des Kaisers zu gebiethen, sah sich der stolze Churfürst von Bayern durch den kaiserlichen Feldherrn auf einmal entbehrlich gemacht, und seine ganze bisherige Wichtigkeit zugleich mit dem Ansehen der Ligue verschwunden. Ein andrer trat jezt auf, die Früchte seiner Siege zu ärnten, und alle seine vergangenen Dienste in Vergessenheit zu stürzen. Der übermüthige Charakter des Herzogs von Friedland, dessen süssester Triumph war, dem Ansehen der Fürsten Hohn zu sprechen, und der Autorität seines Herrn eine verhaßte Ausdehnung zu geben, trug nicht wenig dazu bey, die Empfindlichkeit des Churfürsten zu vermehren. Unzufrieden mit dem Kaiser und voll Mißtrauen gegen seine Gesinnungen, hatte er sich in ein Bündniß mit Frankreich eingelassen, dessen sich auch die übrigen Fürsten der Ligue verdächtig machten. Die Furcht vor den Vergrösserungsplanen des Kaisers, der Unwille über die gegenwärtigen schreyenden Uebel, hatte bey diesen jedes Gefühl der Dankbarkeit erstickt. Wallensteins Erpressungen waren bis zum Unerträglichen gegangen. Brandenburg gab den erlittenen Schaden auf zwanzig, Pommern auf zehen, Hessen auf sieben Millionen an, die übrigen nach Verhältniß. Allgemein, nachdrücklich, heftig war das Geschrey um Hülfe, umsonst alle Gegenvorstellungen, kein Unterschied zwischen Katholiken und Protestanten, alles über diesen Punkt nur eine einzige Stimme. Mit Fluten von Bittschriften, alle wider Wallenstein gerichtet, stürmte man auf den von Seiten der Evangelischen, so sehr auch Ferdinand sich überredete, alle Mitglieder der Ligue durch das Restitutionsedikt, und den Anführer derselben durch Ertheilung der Churwürde und durch Einräumung des größten Theils der Pfälzischen Lande sich verpflichtet zu haben. Das gute Verständniß zwischen dem Kaiser und den Fürsten der Ligue hatte seit Wallensteins Erscheinung unendlich gelitten. Gewohnt, den Gesezgeber in Deutschland zu spielen, und selbst über das Schicksal des Kaisers zu gebiethen, sah sich der stolze Churfürst von Bayern durch den kaiserlichen Feldherrn auf einmal entbehrlich gemacht, und seine ganze bisherige Wichtigkeit zugleich mit dem Ansehen der Ligue verschwunden. Ein andrer trat jezt auf, die Früchte seiner Siege zu ärnten, und alle seine vergangenen Dienste in Vergessenheit zu stürzen. Der übermüthige Charakter des Herzogs von Friedland, dessen süssester Triumph war, dem Ansehen der Fürsten Hohn zu sprechen, und der Autorität seines Herrn eine verhaßte Ausdehnung zu geben, trug nicht wenig dazu bey, die Empfindlichkeit des Churfürsten zu vermehren. Unzufrieden mit dem Kaiser und voll Mißtrauen gegen seine Gesinnungen, hatte er sich in ein Bündniß mit Frankreich eingelassen, dessen sich auch die übrigen Fürsten der Ligue verdächtig machten. Die Furcht vor den Vergrösserungsplanen des Kaisers, der Unwille über die gegenwärtigen schreyenden Uebel, hatte bey diesen jedes Gefühl der Dankbarkeit erstickt. Wallensteins Erpressungen waren bis zum Unerträglichen gegangen. Brandenburg gab den erlittenen Schaden auf zwanzig, Pommern auf zehen, Hessen auf sieben Millionen an, die übrigen nach Verhältniß. Allgemein, nachdrücklich, heftig war das Geschrey um Hülfe, umsonst alle Gegenvorstellungen, kein Unterschied zwischen Katholiken und Protestanten, alles über diesen Punkt nur eine einzige Stimme. Mit Fluten von Bittschriften, alle wider Wallenstein gerichtet, stürmte man auf den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0164" n="156"/> von Seiten der Evangelischen, so sehr auch Ferdinand sich überredete, alle Mitglieder der Ligue durch das Restitutionsedikt, und den Anführer derselben durch Ertheilung der Churwürde und durch Einräumung des größten Theils der Pfälzischen Lande sich verpflichtet zu haben. Das gute Verständniß zwischen dem Kaiser und den Fürsten der Ligue hatte seit Wallensteins Erscheinung unendlich gelitten. Gewohnt, den Gesezgeber in Deutschland zu spielen, und selbst über das Schicksal des Kaisers zu gebiethen, sah sich der stolze Churfürst von Bayern durch den kaiserlichen Feldherrn auf einmal entbehrlich gemacht, und seine ganze bisherige Wichtigkeit zugleich mit dem Ansehen der Ligue verschwunden. Ein andrer trat jezt auf, die Früchte seiner Siege zu ärnten, und alle seine vergangenen Dienste in Vergessenheit zu stürzen. Der übermüthige Charakter des Herzogs von Friedland, dessen süssester Triumph war, dem Ansehen der Fürsten Hohn zu sprechen, und der Autorität seines Herrn eine verhaßte Ausdehnung zu geben, trug nicht wenig dazu bey, die Empfindlichkeit des Churfürsten zu vermehren. Unzufrieden mit dem Kaiser und voll Mißtrauen gegen seine Gesinnungen, hatte er sich in ein Bündniß mit Frankreich eingelassen, dessen sich auch die übrigen Fürsten der Ligue verdächtig machten. Die Furcht vor den Vergrösserungsplanen des Kaisers, der Unwille über die gegenwärtigen schreyenden Uebel, hatte bey diesen jedes Gefühl der Dankbarkeit erstickt. Wallensteins Erpressungen waren bis zum Unerträglichen gegangen. Brandenburg gab den erlittenen Schaden auf zwanzig, Pommern auf zehen, Hessen auf sieben Millionen an, die übrigen nach Verhältniß. Allgemein, nachdrücklich, heftig war das Geschrey um Hülfe, umsonst alle Gegenvorstellungen, kein Unterschied zwischen Katholiken und Protestanten, alles über diesen Punkt nur eine einzige Stimme. Mit Fluten von Bittschriften, alle wider Wallenstein gerichtet, stürmte man auf den </p> </div> </body> </text> </TEI> [156/0164]
von Seiten der Evangelischen, so sehr auch Ferdinand sich überredete, alle Mitglieder der Ligue durch das Restitutionsedikt, und den Anführer derselben durch Ertheilung der Churwürde und durch Einräumung des größten Theils der Pfälzischen Lande sich verpflichtet zu haben. Das gute Verständniß zwischen dem Kaiser und den Fürsten der Ligue hatte seit Wallensteins Erscheinung unendlich gelitten. Gewohnt, den Gesezgeber in Deutschland zu spielen, und selbst über das Schicksal des Kaisers zu gebiethen, sah sich der stolze Churfürst von Bayern durch den kaiserlichen Feldherrn auf einmal entbehrlich gemacht, und seine ganze bisherige Wichtigkeit zugleich mit dem Ansehen der Ligue verschwunden. Ein andrer trat jezt auf, die Früchte seiner Siege zu ärnten, und alle seine vergangenen Dienste in Vergessenheit zu stürzen. Der übermüthige Charakter des Herzogs von Friedland, dessen süssester Triumph war, dem Ansehen der Fürsten Hohn zu sprechen, und der Autorität seines Herrn eine verhaßte Ausdehnung zu geben, trug nicht wenig dazu bey, die Empfindlichkeit des Churfürsten zu vermehren. Unzufrieden mit dem Kaiser und voll Mißtrauen gegen seine Gesinnungen, hatte er sich in ein Bündniß mit Frankreich eingelassen, dessen sich auch die übrigen Fürsten der Ligue verdächtig machten. Die Furcht vor den Vergrösserungsplanen des Kaisers, der Unwille über die gegenwärtigen schreyenden Uebel, hatte bey diesen jedes Gefühl der Dankbarkeit erstickt. Wallensteins Erpressungen waren bis zum Unerträglichen gegangen. Brandenburg gab den erlittenen Schaden auf zwanzig, Pommern auf zehen, Hessen auf sieben Millionen an, die übrigen nach Verhältniß. Allgemein, nachdrücklich, heftig war das Geschrey um Hülfe, umsonst alle Gegenvorstellungen, kein Unterschied zwischen Katholiken und Protestanten, alles über diesen Punkt nur eine einzige Stimme. Mit Fluten von Bittschriften, alle wider Wallenstein gerichtet, stürmte man auf den
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