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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Die Lage der Umstände in Sachsen ließ ihn dort noch einige kühnere Versuche wagen. In den Bißthümern Magdeburg und Halberstadt hatten die protestantischen Domherren keinen Anstand genommen, Bischöfe von ihrer Religion aufzustellen. Beyde Bißthümer, die Stadt Magdeburg allein ausgenommen, hatten Wallensteinische Truppen jezt überschwemmt. Zufälliger Weise war Halberstadt durch den Tod des Administrators, Herzog Christian von Braunschweig, das Erzstift Magdeburg durch Absezung Christian Wilhelms, eines Brandenburgischen Prinzen, erledigt. Ferdinand benuzte diese beyden Umstände, um das Halberstädtische Stift einem katholischen Bischof, und noch dazu einem Prinzen aus seinem eignen Hause zuzuwenden. Um nicht einen ähnlichen Zwang zu erleiden, eilte das Kapitel zu Magdeburg, einen Sohn des Churfürsten von Sachsen zum Erzbischof zu erwählen. Aber der Pabst, der sich aus angemaßter Gewalt in diese Angelegenheit mengte, sprach dem Oesterreichischen Prinzen auch das Magdeburgische Erzstift zu, und man konnte sich nicht enthalten, die Geschicklichkeit Ferdinands zu bewundern, der über dem heiligsten Eifer für seine Religion nicht vergaß, für das Beste seines Hauses zu sorgen.

Endlich als der Lübecker Friede den Kaiser von Seiten Dänemarks außer aller Furcht gesezt hatte, die Protestanten in Deutschland gänzlich darnieder zu liegen schienen, die Foderungen der Ligue aber immer lauter und dringender wurden, unterzeichnete Ferdinand das durch so viel Unglück berüchtigte Restitutionsedikt, (1629) nachdem er es vorher jedem der vier katholischen Churfürsten zur Genehmigung vorgelegt hatte. In dem Eingange spricht er sich das Recht zu, den Sinn des Religionsfriedens, dessen ungleiche Deutung zu allen bisherigen Irrungen Anlaß gegeben, vermittelst kaiserlicher Machtvollkommenheit zu erklären, und als oberster

Die Lage der Umstände in Sachsen ließ ihn dort noch einige kühnere Versuche wagen. In den Bißthümern Magdeburg und Halberstadt hatten die protestantischen Domherren keinen Anstand genommen, Bischöfe von ihrer Religion aufzustellen. Beyde Bißthümer, die Stadt Magdeburg allein ausgenommen, hatten Wallensteinische Truppen jezt überschwemmt. Zufälliger Weise war Halberstadt durch den Tod des Administrators, Herzog Christian von Braunschweig, das Erzstift Magdeburg durch Absezung Christian Wilhelms, eines Brandenburgischen Prinzen, erledigt. Ferdinand benuzte diese beyden Umstände, um das Halberstädtische Stift einem katholischen Bischof, und noch dazu einem Prinzen aus seinem eignen Hause zuzuwenden. Um nicht einen ähnlichen Zwang zu erleiden, eilte das Kapitel zu Magdeburg, einen Sohn des Churfürsten von Sachsen zum Erzbischof zu erwählen. Aber der Pabst, der sich aus angemaßter Gewalt in diese Angelegenheit mengte, sprach dem Oesterreichischen Prinzen auch das Magdeburgische Erzstift zu, und man konnte sich nicht enthalten, die Geschicklichkeit Ferdinands zu bewundern, der über dem heiligsten Eifer für seine Religion nicht vergaß, für das Beste seines Hauses zu sorgen.

Endlich als der Lübecker Friede den Kaiser von Seiten Dänemarks außer aller Furcht gesezt hatte, die Protestanten in Deutschland gänzlich darnieder zu liegen schienen, die Foderungen der Ligue aber immer lauter und dringender wurden, unterzeichnete Ferdinand das durch so viel Unglück berüchtigte Restitutionsedikt, (1629) nachdem er es vorher jedem der vier katholischen Churfürsten zur Genehmigung vorgelegt hatte. In dem Eingange spricht er sich das Recht zu, den Sinn des Religionsfriedens, dessen ungleiche Deutung zu allen bisherigen Irrungen Anlaß gegeben, vermittelst kaiserlicher Machtvollkommenheit zu erklären, und als oberster

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[153/0161] Die Lage der Umstände in Sachsen ließ ihn dort noch einige kühnere Versuche wagen. In den Bißthümern Magdeburg und Halberstadt hatten die protestantischen Domherren keinen Anstand genommen, Bischöfe von ihrer Religion aufzustellen. Beyde Bißthümer, die Stadt Magdeburg allein ausgenommen, hatten Wallensteinische Truppen jezt überschwemmt. Zufälliger Weise war Halberstadt durch den Tod des Administrators, Herzog Christian von Braunschweig, das Erzstift Magdeburg durch Absezung Christian Wilhelms, eines Brandenburgischen Prinzen, erledigt. Ferdinand benuzte diese beyden Umstände, um das Halberstädtische Stift einem katholischen Bischof, und noch dazu einem Prinzen aus seinem eignen Hause zuzuwenden. Um nicht einen ähnlichen Zwang zu erleiden, eilte das Kapitel zu Magdeburg, einen Sohn des Churfürsten von Sachsen zum Erzbischof zu erwählen. Aber der Pabst, der sich aus angemaßter Gewalt in diese Angelegenheit mengte, sprach dem Oesterreichischen Prinzen auch das Magdeburgische Erzstift zu, und man konnte sich nicht enthalten, die Geschicklichkeit Ferdinands zu bewundern, der über dem heiligsten Eifer für seine Religion nicht vergaß, für das Beste seines Hauses zu sorgen. Endlich als der Lübecker Friede den Kaiser von Seiten Dänemarks außer aller Furcht gesezt hatte, die Protestanten in Deutschland gänzlich darnieder zu liegen schienen, die Foderungen der Ligue aber immer lauter und dringender wurden, unterzeichnete Ferdinand das durch so viel Unglück berüchtigte Restitutionsedikt, (1629) nachdem er es vorher jedem der vier katholischen Churfürsten zur Genehmigung vorgelegt hatte. In dem Eingange spricht er sich das Recht zu, den Sinn des Religionsfriedens, dessen ungleiche Deutung zu allen bisherigen Irrungen Anlaß gegeben, vermittelst kaiserlicher Machtvollkommenheit zu erklären, und als oberster

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/161>, abgerufen am 27.11.2024.