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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Seeseite frey, fuhr ungehindert fort, sich mit Lebensmitteln zu versehen, und mit neuen Truppen zu verstärken; nichts desto weniger umzingelte es Wallenstein zu Lande, und suchte durch prahlerische Drohungen den Mangel gründlicherer Mittel zu ersezen. "Ich will, sagte er, diese Stadt wegnehmen, und wäre sie mit Ketten an den Himmel gebunden." Der Kaiser selbst, welcher eine Unternehmung bereuen mochte, wovon er sich keinen rühmlichen Ausgang versprach, ergriff mit Begierde die scheinbare Unterwürfigkeit und einige annehmliche Erbiethungen der Stralsunder, seinem General den Abzug von der Stadt zu befehlen. Wallenstein verachtete diesen Befehl und fuhr fort, den Belagerten durch unablässige Stürme zuzusezen. Da die Dänische Besazung schon stark geschmolzen, der Ueberrest der rastlosen Arbeit nicht gewachsen war, und der König sich ausser Stande befand, mehrere seiner Truppen an diese Stadt zu wagen, so warf sich Stralsund, mit Christians Genehmigung, dem Könige von Schweden in die Arme. Der Dänische Kommendant verließ die Festung, um einem Schwedischen Plaz zu machen, der sie mit dem glücklichsten Erfolge vertheidigte. Wallensteins Glück scheiterte vor dieser Stadt, und zum erstenmal erlebte sein Stolz die empfindliche Kränkung, nach mehreren verlornen Monaten, nach einem Verlust von 12,000 Todten seinem Vorhaben zu entsagen. Aber die Nothwendigkeit, in welche er diese Stadt gesezt hatte, den Schwedischen Schuz anzurufen, veranlaßte ein enges Bündniß zwischen Gustav Adolph und Stralsund, welches in der Folge den Eintritt der Schweden in Deutschland nicht wenig erleichterte.

Bis hieher hatte das Glück die Waffen der Ligue und des Kaisers begleitet, und Christian IV. in Deutschland überwunden, mußte sich in seinen Inseln verbergen; aber die Ostsee sezte diesen Eroberungen eine Grenze. Der Abgang der Schiffe

Seeseite frey, fuhr ungehindert fort, sich mit Lebensmitteln zu versehen, und mit neuen Truppen zu verstärken; nichts desto weniger umzingelte es Wallenstein zu Lande, und suchte durch prahlerische Drohungen den Mangel gründlicherer Mittel zu ersezen. „Ich will, sagte er, diese Stadt wegnehmen, und wäre sie mit Ketten an den Himmel gebunden.“ Der Kaiser selbst, welcher eine Unternehmung bereuen mochte, wovon er sich keinen rühmlichen Ausgang versprach, ergriff mit Begierde die scheinbare Unterwürfigkeit und einige annehmliche Erbiethungen der Stralsunder, seinem General den Abzug von der Stadt zu befehlen. Wallenstein verachtete diesen Befehl und fuhr fort, den Belagerten durch unablässige Stürme zuzusezen. Da die Dänische Besazung schon stark geschmolzen, der Ueberrest der rastlosen Arbeit nicht gewachsen war, und der König sich ausser Stande befand, mehrere seiner Truppen an diese Stadt zu wagen, so warf sich Stralsund, mit Christians Genehmigung, dem Könige von Schweden in die Arme. Der Dänische Kommendant verließ die Festung, um einem Schwedischen Plaz zu machen, der sie mit dem glücklichsten Erfolge vertheidigte. Wallensteins Glück scheiterte vor dieser Stadt, und zum erstenmal erlebte sein Stolz die empfindliche Kränkung, nach mehreren verlornen Monaten, nach einem Verlust von 12,000 Todten seinem Vorhaben zu entsagen. Aber die Nothwendigkeit, in welche er diese Stadt gesezt hatte, den Schwedischen Schuz anzurufen, veranlaßte ein enges Bündniß zwischen Gustav Adolph und Stralsund, welches in der Folge den Eintritt der Schweden in Deutschland nicht wenig erleichterte.

Bis hieher hatte das Glück die Waffen der Ligue und des Kaisers begleitet, und Christian IV. in Deutschland überwunden, mußte sich in seinen Inseln verbergen; aber die Ostsee sezte diesen Eroberungen eine Grenze. Der Abgang der Schiffe

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[148/0156] Seeseite frey, fuhr ungehindert fort, sich mit Lebensmitteln zu versehen, und mit neuen Truppen zu verstärken; nichts desto weniger umzingelte es Wallenstein zu Lande, und suchte durch prahlerische Drohungen den Mangel gründlicherer Mittel zu ersezen. „Ich will, sagte er, diese Stadt wegnehmen, und wäre sie mit Ketten an den Himmel gebunden.“ Der Kaiser selbst, welcher eine Unternehmung bereuen mochte, wovon er sich keinen rühmlichen Ausgang versprach, ergriff mit Begierde die scheinbare Unterwürfigkeit und einige annehmliche Erbiethungen der Stralsunder, seinem General den Abzug von der Stadt zu befehlen. Wallenstein verachtete diesen Befehl und fuhr fort, den Belagerten durch unablässige Stürme zuzusezen. Da die Dänische Besazung schon stark geschmolzen, der Ueberrest der rastlosen Arbeit nicht gewachsen war, und der König sich ausser Stande befand, mehrere seiner Truppen an diese Stadt zu wagen, so warf sich Stralsund, mit Christians Genehmigung, dem Könige von Schweden in die Arme. Der Dänische Kommendant verließ die Festung, um einem Schwedischen Plaz zu machen, der sie mit dem glücklichsten Erfolge vertheidigte. Wallensteins Glück scheiterte vor dieser Stadt, und zum erstenmal erlebte sein Stolz die empfindliche Kränkung, nach mehreren verlornen Monaten, nach einem Verlust von 12,000 Todten seinem Vorhaben zu entsagen. Aber die Nothwendigkeit, in welche er diese Stadt gesezt hatte, den Schwedischen Schuz anzurufen, veranlaßte ein enges Bündniß zwischen Gustav Adolph und Stralsund, welches in der Folge den Eintritt der Schweden in Deutschland nicht wenig erleichterte. Bis hieher hatte das Glück die Waffen der Ligue und des Kaisers begleitet, und Christian IV. in Deutschland überwunden, mußte sich in seinen Inseln verbergen; aber die Ostsee sezte diesen Eroberungen eine Grenze. Der Abgang der Schiffe

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/156>, abgerufen am 24.11.2024.