Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.Bestechungen am Hofe des Kaisers, um dort seinen Einfluß zu erhalten, alles dieses ohne den Kaiser zu beschweren. Aus den Brandschazungen der Niederdeutschen Provinzen wurden alle diese unermeßlichen Summen gezogen, kein Unterschied zwischen Freund und Feind, gleich eigenmächtige Durchzüge und Einquartierungen in aller Herren Ländern, gleiche Erpressungen und Gewaltthätigkeiten. Dürfte man einer ausschweifenden Angabe aus jenen Zeiten trauen, so hätte Wallenstein in einem siebenjährigen Commando 60,000 Millionen Thaler aus einer Hälfte Deutschlands an Contributionen erhoben. Je ungeheurer die Erpressungen, desto mehr Vorrath für seine Heere, desto stärker also der Zulauf zu seinen Fahnen; alle Welt fliegt nach dem Glücke. Seine Armeen schwollen an, indem alle Länder welkten, durch die sie zogen. Was kümmerte ihn nun der Fluch der Provinzen, und das Klaggeschrey der Fürsten? Sein Heer bethete ihn an, und das Verbrechen selbst sezte ihn in den Stand, alle Folgen desselben zu verlachen! Man würde dem Kaiser Unrecht thun, wenn man alle die Ausschweifungen seiner Armeen auf seine Rechnung sezen wollte. Wußte es Ferdinand vorher, daß er seinem Feldherrn alle Deutsche Staaten zum Raube gab, so hätte ihm nicht verborgen bleiben können, wie viel er selbst bey einem so unumschränkten Feldherrn Gefahr lief. Je enger sich das Band zwischen der Armee und ihrem Anführer zusammenzog, von dem allein alles Glück, alle Beförderung ausfloß, desto mehr mußte es zwischen beyden und dem Kaiser erschlaffen. Zwar geschah alles im Namen des Leztern; aber die Majestät des Reichsoberhaupts wurde von Wallenstein nur gebraucht, um jede andre Autorität in Deutschland zu zermalmen. Daher der überlegte Grundsaz dieses Mannes, die Deutschen Reichsfürsten sichtbar zu erniedrigen, alle Stufen und Ordnungen zwischen diesen Fürsten und dem Reichsoberhaupte zu zerbrechen, und das Ansehen Bestechungen am Hofe des Kaisers, um dort seinen Einfluß zu erhalten, alles dieses ohne den Kaiser zu beschweren. Aus den Brandschazungen der Niederdeutschen Provinzen wurden alle diese unermeßlichen Summen gezogen, kein Unterschied zwischen Freund und Feind, gleich eigenmächtige Durchzüge und Einquartierungen in aller Herren Ländern, gleiche Erpressungen und Gewaltthätigkeiten. Dürfte man einer ausschweifenden Angabe aus jenen Zeiten trauen, so hätte Wallenstein in einem siebenjährigen Commando 60,000 Millionen Thaler aus einer Hälfte Deutschlands an Contributionen erhoben. Je ungeheurer die Erpressungen, desto mehr Vorrath für seine Heere, desto stärker also der Zulauf zu seinen Fahnen; alle Welt fliegt nach dem Glücke. Seine Armeen schwollen an, indem alle Länder welkten, durch die sie zogen. Was kümmerte ihn nun der Fluch der Provinzen, und das Klaggeschrey der Fürsten? Sein Heer bethete ihn an, und das Verbrechen selbst sezte ihn in den Stand, alle Folgen desselben zu verlachen! Man würde dem Kaiser Unrecht thun, wenn man alle die Ausschweifungen seiner Armeen auf seine Rechnung sezen wollte. Wußte es Ferdinand vorher, daß er seinem Feldherrn alle Deutsche Staaten zum Raube gab, so hätte ihm nicht verborgen bleiben können, wie viel er selbst bey einem so unumschränkten Feldherrn Gefahr lief. Je enger sich das Band zwischen der Armee und ihrem Anführer zusammenzog, von dem allein alles Glück, alle Beförderung ausfloß, desto mehr mußte es zwischen beyden und dem Kaiser erschlaffen. Zwar geschah alles im Namen des Leztern; aber die Majestät des Reichsoberhaupts wurde von Wallenstein nur gebraucht, um jede andre Autorität in Deutschland zu zermalmen. 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Seine Armeen schwollen an, indem alle Länder welkten, durch die sie zogen. Was kümmerte ihn nun der Fluch der Provinzen, und das Klaggeschrey der Fürsten? Sein Heer bethete ihn an, und das Verbrechen selbst sezte ihn in den Stand, alle Folgen desselben zu verlachen!</p> <p>Man würde dem Kaiser Unrecht thun, wenn man alle die Ausschweifungen seiner Armeen auf seine Rechnung sezen wollte. Wußte es Ferdinand vorher, daß er seinem Feldherrn alle Deutsche Staaten zum Raube gab, so hätte ihm nicht verborgen bleiben können, wie viel er selbst bey einem so unumschränkten Feldherrn Gefahr lief. Je enger sich das Band zwischen der Armee und ihrem Anführer zusammenzog, von dem allein alles Glück, alle Beförderung ausfloß, desto mehr mußte es zwischen beyden und dem Kaiser erschlaffen. Zwar geschah alles im Namen des Leztern; aber die Majestät des Reichsoberhaupts wurde von Wallenstein nur gebraucht, um jede andre Autorität in Deutschland zu zermalmen. Daher der überlegte Grundsaz dieses Mannes, die Deutschen Reichsfürsten sichtbar zu erniedrigen, alle Stufen und Ordnungen zwischen diesen Fürsten und dem Reichsoberhaupte zu zerbrechen, und das Ansehen </p> </div> </body> </text> </TEI> [144/0152]
Bestechungen am Hofe des Kaisers, um dort seinen Einfluß zu erhalten, alles dieses ohne den Kaiser zu beschweren. Aus den Brandschazungen der Niederdeutschen Provinzen wurden alle diese unermeßlichen Summen gezogen, kein Unterschied zwischen Freund und Feind, gleich eigenmächtige Durchzüge und Einquartierungen in aller Herren Ländern, gleiche Erpressungen und Gewaltthätigkeiten. Dürfte man einer ausschweifenden Angabe aus jenen Zeiten trauen, so hätte Wallenstein in einem siebenjährigen Commando 60,000 Millionen Thaler aus einer Hälfte Deutschlands an Contributionen erhoben. Je ungeheurer die Erpressungen, desto mehr Vorrath für seine Heere, desto stärker also der Zulauf zu seinen Fahnen; alle Welt fliegt nach dem Glücke. Seine Armeen schwollen an, indem alle Länder welkten, durch die sie zogen. Was kümmerte ihn nun der Fluch der Provinzen, und das Klaggeschrey der Fürsten? Sein Heer bethete ihn an, und das Verbrechen selbst sezte ihn in den Stand, alle Folgen desselben zu verlachen!
Man würde dem Kaiser Unrecht thun, wenn man alle die Ausschweifungen seiner Armeen auf seine Rechnung sezen wollte. Wußte es Ferdinand vorher, daß er seinem Feldherrn alle Deutsche Staaten zum Raube gab, so hätte ihm nicht verborgen bleiben können, wie viel er selbst bey einem so unumschränkten Feldherrn Gefahr lief. Je enger sich das Band zwischen der Armee und ihrem Anführer zusammenzog, von dem allein alles Glück, alle Beförderung ausfloß, desto mehr mußte es zwischen beyden und dem Kaiser erschlaffen. Zwar geschah alles im Namen des Leztern; aber die Majestät des Reichsoberhaupts wurde von Wallenstein nur gebraucht, um jede andre Autorität in Deutschland zu zermalmen. Daher der überlegte Grundsaz dieses Mannes, die Deutschen Reichsfürsten sichtbar zu erniedrigen, alle Stufen und Ordnungen zwischen diesen Fürsten und dem Reichsoberhaupte zu zerbrechen, und das Ansehen
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