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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Ruhmbegierde oder Gewinnsucht gereizt, erbothen sich jetzt, Regimenter für Oesterreich aufzustellen.

Jezt also - zum erstenmal in diesem Kriege - erschien eine kaiserliche Armee in Deutschland; eine schreckenvolle Erscheinung für die Protestanten, eine nicht viel erfreulichere für die Katholischen. Wallenstein hatte Befehl, seine Armee mit den Truppen der Ligue zu vereinigen, und in Gemeinschaft mit dem Bayrischen General den König von Dänemark anzugreifen. Aber längst schon eifersüchtig auf Tillys Kriegsruhm, bezeigte er keine Lust, die Lorbeern dieses Feldzugs mit ihm zu theilen, und im Schimmer von Tillys Thaten den Ruhm der seinigen zu verlieren. Sein Kriegsplan unterstüzte zwar die Operationen des leztern, aber ganz unabhängig von denselben führte er ihn aus. Da ihm die Quellen fehlten, aus welchen Tilly die Bedürfnisse seiner Truppen bestritt, so mußte er die seinigen in wohlhabende Länder führen, die von dem Kriege noch nicht gelitten hatten. Ohne also, wie ihm befohlen war, zu dem ligistischen Feldherrn zu stoßen, rückte er in das Halberstädtische und Magdeburgische Gebieth, und bemächtigte sich bey Dessau der Elbe. Alle Länder an beyden Ufern dieses Stroms lagen nun seinen Erpressungen offen; er konnte von da dem Könige von Dänemark in den Rücken fallen, ja, wenn es nöthig war, in die eignen Länder desselben einen Weg sich bahnen.

Christian IV. fühlte die ganze Gefahr seiner Lage zwischen zwey so furchtbaren Heeren. Er hatte schon vorher den Administrator von Halberstadt, der kürzlich aus Holland zurückgekehrt war, an sich gezogen; jezt erklärte er sich auch öffentlich für den Grafen Mansfeld, den er bisher verläugnet hatte, und unterstüzte ihn nach Vermögen. Reichlich erstattete ihm Mansfeld diesen Dienst. Er ganz allein beschäftigte die Wallensteinische Macht an der Elbe, und verhinderte sie, in Gemeinschaft mit Tilly den

Ruhmbegierde oder Gewinnsucht gereizt, erbothen sich jetzt, Regimenter für Oesterreich aufzustellen.

Jezt also – zum erstenmal in diesem Kriege – erschien eine kaiserliche Armee in Deutschland; eine schreckenvolle Erscheinung für die Protestanten, eine nicht viel erfreulichere für die Katholischen. Wallenstein hatte Befehl, seine Armee mit den Truppen der Ligue zu vereinigen, und in Gemeinschaft mit dem Bayrischen General den König von Dänemark anzugreifen. Aber längst schon eifersüchtig auf Tillys Kriegsruhm, bezeigte er keine Lust, die Lorbeern dieses Feldzugs mit ihm zu theilen, und im Schimmer von Tillys Thaten den Ruhm der seinigen zu verlieren. Sein Kriegsplan unterstüzte zwar die Operationen des leztern, aber ganz unabhängig von denselben führte er ihn aus. Da ihm die Quellen fehlten, aus welchen Tilly die Bedürfnisse seiner Truppen bestritt, so mußte er die seinigen in wohlhabende Länder führen, die von dem Kriege noch nicht gelitten hatten. Ohne also, wie ihm befohlen war, zu dem ligistischen Feldherrn zu stoßen, rückte er in das Halberstädtische und Magdeburgische Gebieth, und bemächtigte sich bey Dessau der Elbe. Alle Länder an beyden Ufern dieses Stroms lagen nun seinen Erpressungen offen; er konnte von da dem Könige von Dänemark in den Rücken fallen, ja, wenn es nöthig war, in die eignen Länder desselben einen Weg sich bahnen.

Christian IV. fühlte die ganze Gefahr seiner Lage zwischen zwey so furchtbaren Heeren. Er hatte schon vorher den Administrator von Halberstadt, der kürzlich aus Holland zurückgekehrt war, an sich gezogen; jezt erklärte er sich auch öffentlich für den Grafen Mansfeld, den er bisher verläugnet hatte, und unterstüzte ihn nach Vermögen. Reichlich erstattete ihm Mansfeld diesen Dienst. Er ganz allein beschäftigte die Wallensteinische Macht an der Elbe, und verhinderte sie, in Gemeinschaft mit Tilly den

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[137/0145] Ruhmbegierde oder Gewinnsucht gereizt, erbothen sich jetzt, Regimenter für Oesterreich aufzustellen. Jezt also – zum erstenmal in diesem Kriege – erschien eine kaiserliche Armee in Deutschland; eine schreckenvolle Erscheinung für die Protestanten, eine nicht viel erfreulichere für die Katholischen. Wallenstein hatte Befehl, seine Armee mit den Truppen der Ligue zu vereinigen, und in Gemeinschaft mit dem Bayrischen General den König von Dänemark anzugreifen. Aber längst schon eifersüchtig auf Tillys Kriegsruhm, bezeigte er keine Lust, die Lorbeern dieses Feldzugs mit ihm zu theilen, und im Schimmer von Tillys Thaten den Ruhm der seinigen zu verlieren. Sein Kriegsplan unterstüzte zwar die Operationen des leztern, aber ganz unabhängig von denselben führte er ihn aus. Da ihm die Quellen fehlten, aus welchen Tilly die Bedürfnisse seiner Truppen bestritt, so mußte er die seinigen in wohlhabende Länder führen, die von dem Kriege noch nicht gelitten hatten. Ohne also, wie ihm befohlen war, zu dem ligistischen Feldherrn zu stoßen, rückte er in das Halberstädtische und Magdeburgische Gebieth, und bemächtigte sich bey Dessau der Elbe. Alle Länder an beyden Ufern dieses Stroms lagen nun seinen Erpressungen offen; er konnte von da dem Könige von Dänemark in den Rücken fallen, ja, wenn es nöthig war, in die eignen Länder desselben einen Weg sich bahnen. Christian IV. fühlte die ganze Gefahr seiner Lage zwischen zwey so furchtbaren Heeren. Er hatte schon vorher den Administrator von Halberstadt, der kürzlich aus Holland zurückgekehrt war, an sich gezogen; jezt erklärte er sich auch öffentlich für den Grafen Mansfeld, den er bisher verläugnet hatte, und unterstüzte ihn nach Vermögen. Reichlich erstattete ihm Mansfeld diesen Dienst. Er ganz allein beschäftigte die Wallensteinische Macht an der Elbe, und verhinderte sie, in Gemeinschaft mit Tilly den

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/145>, abgerufen am 22.11.2024.