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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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ihrem gebornen Beschüzer, erwartet eine unterdrückte Religion Schuz und Schirm gegen ihren Verfolger - soll er kleinmüthig seine Furcht bekennen, soll er feigherzig Religion und Freyheit verrathen? Eben diese Nation zeigt ihm die Ueberlegenheit ihrer Kräfte und die Ohnmacht ihres Feindes - zwey Drittheile der Oesterreichischen Macht gegen Oesterreich bewaffnet, und einen streitbaren Bundesgenossen von Siebenbürgen aus bereit, den schwachen Ueberrest dieser Macht noch durch einen feindlichen Angriff zu theilen. Jene Aufforderungen sollten seinen Ehrgeiz nicht wecken? Diese Hoffnungen seinen Muth nicht entzünden?

Wenige Augenblicke gelassenen Nachdenkens würden hingereicht haben, ihm die Grösse des Wagestücks und den geringen Werth des Preises zu zeigen - aber die Aufmunterung sprach zu seinen Sinnen, und die Warnung nur zu seiner Vernunft. Es war sein Unglück, daß die zunächst ihn umgebenden und hörbarsten Stimmen die Parthey seiner Leidenschaft nahmen. Diese Machtvergrösserung ihres Herrn öffnete dem Ehrgeiz und der Gewinnsucht aller seiner Pfälzischen Diener ein unermeßliches Feld der Befriedigung. Dieser Triumph seiner Kirche mußte jeden kalvinischen Schwärmer erhizen. Konnte ein so schwacher Kopf den Vorspiegelungen seiner Räthe widerstehen, die seine Hülfsmittel und Kräfte eben so unmäßig übertrieben, als sie die Macht des Feindes herunter sezten? Den Aufforderungen seiner Hofprediger, die ihm die Eingebungen ihres fanatischen Eifers als den Willen des Himmels verkündigten? Astrologische Träumereyen erfüllten seinen Kopf mit schimärischen Hoffnungen; selbst durch den unwiderstehlichen Mund der Liebe bestürmte ihn die Verführung. "Konntest du dich vermessen," sagte die Churfürstin zu ihm, "die Hand einer Königstochter anzunehmen, und dir bangt vor einer Krone, die man freywillig dir entgegen bringt? Ich will lieber Brod

ihrem gebornen Beschüzer, erwartet eine unterdrückte Religion Schuz und Schirm gegen ihren Verfolger – soll er kleinmüthig seine Furcht bekennen, soll er feigherzig Religion und Freyheit verrathen? Eben diese Nation zeigt ihm die Ueberlegenheit ihrer Kräfte und die Ohnmacht ihres Feindes – zwey Drittheile der Oesterreichischen Macht gegen Oesterreich bewaffnet, und einen streitbaren Bundesgenossen von Siebenbürgen aus bereit, den schwachen Ueberrest dieser Macht noch durch einen feindlichen Angriff zu theilen. Jene Aufforderungen sollten seinen Ehrgeiz nicht wecken? Diese Hoffnungen seinen Muth nicht entzünden?

Wenige Augenblicke gelassenen Nachdenkens würden hingereicht haben, ihm die Grösse des Wagestücks und den geringen Werth des Preises zu zeigen – aber die Aufmunterung sprach zu seinen Sinnen, und die Warnung nur zu seiner Vernunft. Es war sein Unglück, daß die zunächst ihn umgebenden und hörbarsten Stimmen die Parthey seiner Leidenschaft nahmen. Diese Machtvergrösserung ihres Herrn öffnete dem Ehrgeiz und der Gewinnsucht aller seiner Pfälzischen Diener ein unermeßliches Feld der Befriedigung. Dieser Triumph seiner Kirche mußte jeden kalvinischen Schwärmer erhizen. Konnte ein so schwacher Kopf den Vorspiegelungen seiner Räthe widerstehen, die seine Hülfsmittel und Kräfte eben so unmäßig übertrieben, als sie die Macht des Feindes herunter sezten? Den Aufforderungen seiner Hofprediger, die ihm die Eingebungen ihres fanatischen Eifers als den Willen des Himmels verkündigten? Astrologische Träumereyen erfüllten seinen Kopf mit schimärischen Hoffnungen; selbst durch den unwiderstehlichen Mund der Liebe bestürmte ihn die Verführung. „Konntest du dich vermessen,“ sagte die Churfürstin zu ihm, „die Hand einer Königstochter anzunehmen, und dir bangt vor einer Krone, die man freywillig dir entgegen bringt? Ich will lieber Brod

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[93/0101] ihrem gebornen Beschüzer, erwartet eine unterdrückte Religion Schuz und Schirm gegen ihren Verfolger – soll er kleinmüthig seine Furcht bekennen, soll er feigherzig Religion und Freyheit verrathen? Eben diese Nation zeigt ihm die Ueberlegenheit ihrer Kräfte und die Ohnmacht ihres Feindes – zwey Drittheile der Oesterreichischen Macht gegen Oesterreich bewaffnet, und einen streitbaren Bundesgenossen von Siebenbürgen aus bereit, den schwachen Ueberrest dieser Macht noch durch einen feindlichen Angriff zu theilen. Jene Aufforderungen sollten seinen Ehrgeiz nicht wecken? Diese Hoffnungen seinen Muth nicht entzünden? Wenige Augenblicke gelassenen Nachdenkens würden hingereicht haben, ihm die Grösse des Wagestücks und den geringen Werth des Preises zu zeigen – aber die Aufmunterung sprach zu seinen Sinnen, und die Warnung nur zu seiner Vernunft. Es war sein Unglück, daß die zunächst ihn umgebenden und hörbarsten Stimmen die Parthey seiner Leidenschaft nahmen. Diese Machtvergrösserung ihres Herrn öffnete dem Ehrgeiz und der Gewinnsucht aller seiner Pfälzischen Diener ein unermeßliches Feld der Befriedigung. Dieser Triumph seiner Kirche mußte jeden kalvinischen Schwärmer erhizen. Konnte ein so schwacher Kopf den Vorspiegelungen seiner Räthe widerstehen, die seine Hülfsmittel und Kräfte eben so unmäßig übertrieben, als sie die Macht des Feindes herunter sezten? Den Aufforderungen seiner Hofprediger, die ihm die Eingebungen ihres fanatischen Eifers als den Willen des Himmels verkündigten? Astrologische Träumereyen erfüllten seinen Kopf mit schimärischen Hoffnungen; selbst durch den unwiderstehlichen Mund der Liebe bestürmte ihn die Verführung. „Konntest du dich vermessen,“ sagte die Churfürstin zu ihm, „die Hand einer Königstochter anzunehmen, und dir bangt vor einer Krone, die man freywillig dir entgegen bringt? Ich will lieber Brod

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/101>, abgerufen am 24.11.2024.