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Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.

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Traum des Lebens ist aus, bis ich diese Träne er-
gründe.

Louise. Und hättest du sonst keine Pflicht mehr,
als deine Liebe?

Ferdinand. (sie umarmend) Deine Ruhe ist
meine heiligste.

Louise. (sehr ernsthaft) So schweig und verlaß
mich -- Ich habe einen Vater, der kein Vermögen
hat, als diese einzige Tochter -- der morgen sechzig
alt wird -- der der Rache des Präsidenten gewiß
ist. --

Ferdinand. (fällt rasch ein) Der uns begleiten
wird. Darum keinen Einwurf mehr, Liebe. Ich
gehe, mache meine Kostbarkeiten zu Geld, erhebe
Summen auf meinen Vater. Es ist erlaubt einen
Räuber zu plündern, und sind seine Schäze nicht
Blutgeld des Vaterlands? -- Schlag ein Uhr
um Mitternacht wird ein Wagen hier anfahren. Ihr
werft euch hinein. Wir fliehen.

Louise. Und der Fluch deines Vaters uns
nach? -- ein Fluch Unbesonnene, den auch Mör-
der nie ohne Erhörung aussprechen, den die Rache
des Himmels auch dem Dieb auf dem Rade hält,
der uns Flüchtlinge, unbarmherzig, wie ein Ge-
spenst, von Meer zu Meer jagen würde? -- Nein
mein Geliebter! Wenn nur ein Frevel dich mir er-
halten kann, so hab ich noch Stärke, dich zu ver-
lieren.
Ferdinand.
F 3
Traum des Lebens iſt aus, bis ich dieſe Traͤne er-
gruͤnde.

Louiſe. Und haͤtteſt du ſonſt keine Pflicht mehr,
als deine Liebe?

Ferdinand. (ſie umarmend) Deine Ruhe iſt
meine heiligſte.

Louiſe. (ſehr ernſthaft) So ſchweig und verlaß
mich — Ich habe einen Vater, der kein Vermoͤgen
hat, als dieſe einzige Tochter — der morgen ſechzig
alt wird — der der Rache des Praͤſidenten gewiß
iſt. —

Ferdinand. (faͤllt raſch ein) Der uns begleiten
wird. Darum keinen Einwurf mehr, Liebe. Ich
gehe, mache meine Koſtbarkeiten zu Geld, erhebe
Summen auf meinen Vater. Es iſt erlaubt einen
Raͤuber zu pluͤndern, und ſind ſeine Schaͤze nicht
Blutgeld des Vaterlands? — Schlag ein Uhr
um Mitternacht wird ein Wagen hier anfahren. Ihr
werft euch hinein. Wir fliehen.

Louiſe. Und der Fluch deines Vaters uns
nach? — ein Fluch Unbeſonnene, den auch Moͤr-
der nie ohne Erhoͤrung ausſprechen, den die Rache
des Himmels auch dem Dieb auf dem Rade haͤlt,
der uns Fluͤchtlinge, unbarmherzig, wie ein Ge-
ſpenſt, von Meer zu Meer jagen wuͤrde? — Nein
mein Geliebter! Wenn nur ein Frevel dich mir er-
halten kann, ſo hab ich noch Staͤrke, dich zu ver-
lieren.
Ferdinand.
F 3
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[85/0089] Traum des Lebens iſt aus, bis ich dieſe Traͤne er- gruͤnde. Louiſe. Und haͤtteſt du ſonſt keine Pflicht mehr, als deine Liebe? Ferdinand. (ſie umarmend) Deine Ruhe iſt meine heiligſte. Louiſe. (ſehr ernſthaft) So ſchweig und verlaß mich — Ich habe einen Vater, der kein Vermoͤgen hat, als dieſe einzige Tochter — der morgen ſechzig alt wird — der der Rache des Praͤſidenten gewiß iſt. — Ferdinand. (faͤllt raſch ein) Der uns begleiten wird. Darum keinen Einwurf mehr, Liebe. Ich gehe, mache meine Koſtbarkeiten zu Geld, erhebe Summen auf meinen Vater. Es iſt erlaubt einen Raͤuber zu pluͤndern, und ſind ſeine Schaͤze nicht Blutgeld des Vaterlands? — Schlag ein Uhr um Mitternacht wird ein Wagen hier anfahren. Ihr werft euch hinein. Wir fliehen. Louiſe. Und der Fluch deines Vaters uns nach? — ein Fluch Unbeſonnene, den auch Moͤr- der nie ohne Erhoͤrung ausſprechen, den die Rache des Himmels auch dem Dieb auf dem Rade haͤlt, der uns Fluͤchtlinge, unbarmherzig, wie ein Ge- ſpenſt, von Meer zu Meer jagen wuͤrde? — Nein mein Geliebter! Wenn nur ein Frevel dich mir er- halten kann, ſo hab ich noch Staͤrke, dich zu ver- lieren. Ferdinand. F 3

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/89>, abgerufen am 25.11.2024.