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Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.

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Parlamente verdammt, und enthauptet. -- Alle
unsre Güter fielen der Krone zu. Wir selbst wurden
des Landes verwiesen. Meine Mutter starb am Tage
der Hinrichtung. Ich -- -- ein vierzehenjähriges Mäd-
chen -- flohe nach Teutschland mit meiner Wärterin
-- einem Kästchen Juweelen -- und diesem Fami-
lienkreuz, das meine sterbende Mutter mit ihrem
lezten Seegen mir in den Busen stekte.

Ferdinand. (wird nachdenkend, und heftet wär-
mere Blike auf die Lady.)
Lady. (fährt fort mit immer zunehmender Rührung)
Krank -- -- ohne Namen -- -- ohne Schuz und Vermö-
gen -- eine ausländische Wayse kam ich nach Ham-
burg. Ich hatte nichts gelernt, als das Bischen
Französisch -- ein wenig Filet, und den Flügel --
desto besser verstund ich auf Gold und Silber zu spei-
sen, unter damastenen Deken zu schlafen, mit einem
Wink zehen Bediente fliegen zu machen, und die
Schmeicheleien der Großen Ihres Geschlechts aufzu-
nehmen. -- Sechs Jahre waren schon hingeweint.
-- Die lezte Schmuknadel flog dahin -- Meine
Wärterin starb ------ und jezt führte mein Schiksal
Ihren Herzog nach Hamburg. Ich spazierte damals an
den Ufern der Elbe, sah in den Strom, und fieng eben
an zu phantasieren, ob dieses Wasser oder mein
Leiden das tiefste wäre? -- -- Der Herzog sah mich,
verfolgte mich, fand meinen Aufenthalt, -- lag zu
meinen Füßen, und schwur, daß er mich liebe.
(sie hält in großen Bewegungen inne, dann fährt sie fort
mit weinender Stimme)
Alle Bilder meiner glükli-
chen
Parlamente verdammt, und enthauptet. — Alle
unſre Guͤter fielen der Krone zu. Wir ſelbſt wurden
des Landes verwieſen. Meine Mutter ſtarb am Tage
der Hinrichtung. Ich — — ein vierzehenjaͤhriges Maͤd-
chen — flohe nach Teutſchland mit meiner Waͤrterin
— einem Kaͤſtchen Juweelen — und dieſem Fami-
lienkreuz, das meine ſterbende Mutter mit ihrem
lezten Seegen mir in den Buſen ſtekte.

Ferdinand. (wird nachdenkend, und heftet waͤr-
mere Blike auf die Lady.)
Lady. (faͤhrt fort mit immer zunehmender Ruͤhrung)
Krank — — ohne Namen — — ohne Schuz und Vermoͤ-
gen — eine auslaͤndiſche Wayſe kam ich nach Ham-
burg. Ich hatte nichts gelernt, als das Bischen
Franzoͤſiſch — ein wenig Filet, und den Fluͤgel —
deſto beſſer verſtund ich auf Gold und Silber zu ſpei-
ſen, unter damaſtenen Deken zu ſchlafen, mit einem
Wink zehen Bediente fliegen zu machen, und die
Schmeicheleien der Großen Ihres Geſchlechts aufzu-
nehmen. — Sechs Jahre waren ſchon hingeweint.
— Die lezte Schmuknadel flog dahin — Meine
Waͤrterin ſtarb ——— und jezt fuͤhrte mein Schikſal
Ihren Herzog nach Hamburg. Ich ſpazierte damals an
den Ufern der Elbe, ſah in den Strom, und fieng eben
an zu phantaſieren, ob dieſes Waſſer oder mein
Leiden das tiefſte waͤre? — — Der Herzog ſah mich,
verfolgte mich, fand meinen Aufenthalt, — lag zu
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(ſie haͤlt in großen Bewegungen inne, dann faͤhrt ſie fort
mit weinender Stimme)
Alle Bilder meiner gluͤkli-
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[48/0052] Parlamente verdammt, und enthauptet. — Alle unſre Guͤter fielen der Krone zu. Wir ſelbſt wurden des Landes verwieſen. Meine Mutter ſtarb am Tage der Hinrichtung. Ich — — ein vierzehenjaͤhriges Maͤd- chen — flohe nach Teutſchland mit meiner Waͤrterin — einem Kaͤſtchen Juweelen — und dieſem Fami- lienkreuz, das meine ſterbende Mutter mit ihrem lezten Seegen mir in den Buſen ſtekte. Ferdinand. (wird nachdenkend, und heftet waͤr- mere Blike auf die Lady.) Lady. (faͤhrt fort mit immer zunehmender Ruͤhrung) Krank — — ohne Namen — — ohne Schuz und Vermoͤ- gen — eine auslaͤndiſche Wayſe kam ich nach Ham- burg. Ich hatte nichts gelernt, als das Bischen Franzoͤſiſch — ein wenig Filet, und den Fluͤgel — deſto beſſer verſtund ich auf Gold und Silber zu ſpei- ſen, unter damaſtenen Deken zu ſchlafen, mit einem Wink zehen Bediente fliegen zu machen, und die Schmeicheleien der Großen Ihres Geſchlechts aufzu- nehmen. — Sechs Jahre waren ſchon hingeweint. — Die lezte Schmuknadel flog dahin — Meine Waͤrterin ſtarb ——— und jezt fuͤhrte mein Schikſal Ihren Herzog nach Hamburg. Ich ſpazierte damals an den Ufern der Elbe, ſah in den Strom, und fieng eben an zu phantaſieren, ob dieſes Waſſer oder mein Leiden das tiefſte waͤre? — — Der Herzog ſah mich, verfolgte mich, fand meinen Aufenthalt, — lag zu meinen Fuͤßen, und ſchwur, daß er mich liebe. (ſie haͤlt in großen Bewegungen inne, dann faͤhrt ſie fort mit weinender Stimme) Alle Bilder meiner gluͤkli- chen

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/52>, abgerufen am 24.11.2024.