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Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.

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Lady. (mit Sanftmut und Hoheit) Es ist das er-
stemal, Walter, daß solche Reden an mich gewagt
werden, und Sie sind der einige Mensch, dem ich
darauf antworte -- -- Daß Sie meine Hand verwer-
fen, darum schäz ich Sie. Daß Sie mein Herz lä-
stern, vergebe ich Ihnen. Daß es Ihr Ernst ist,
glaube ich Ihnen nicht. Wer sich herausnimmt, Be-
leidigungen dieser Art einer Dame zu sagen, die
nicht mehr als eine Nacht braucht, ihn ganz zu ver-
derben, muß dieser Dame eine große Seele zu-
trauen, oder -- -- von Sinnen seyn -- -- Daß Sie
den Ruin des Landes auf meine Brust wälzen,
vergebe Ihnen Gott der Allmächtige, der Sie und
Mich und den Fürsten einst gegeneinander stellt. -- --
Aber Sie haben die Engländerin in mir aufgefo-
dert, und auf Vorwürfe dieser Art muß mein Va-
terland Antwort haben.

Ferdinand. (auf seinen Degen gestüzt) Ich bin
begierig.

Lady. Hören Sie also, was ich, außer Ihnen,
noch niemand vertraute, noch jemals einem Men-
schen vertrauen will. ------ Ich bin nicht die Aben-
theurerin, Walter, für die Sie mich halten. Ich
könnte groß thun und sagen: Ich bin fürstlichen Ge-
blüts -- -- aus des unglüklichen Thomas Norfolks Ge-
schlechte, der für die schottische Maria ein Opfer
war -- Mein Vater, des Königs oberster Kämme-
rer wurde bezüchtigt, in verräthrischem Vernehmen
mit Frankreich zu stehen, durch einen Spruch der
Parla-
Lady. (mit Sanftmut und Hoheit) Es iſt das er-
ſtemal, Walter, daß ſolche Reden an mich gewagt
werden, und Sie ſind der einige Menſch, dem ich
darauf antworte — — Daß Sie meine Hand verwer-
fen, darum ſchaͤz ich Sie. Daß Sie mein Herz laͤ-
ſtern, vergebe ich Ihnen. Daß es Ihr Ernſt iſt,
glaube ich Ihnen nicht. Wer ſich herausnimmt, Be-
leidigungen dieſer Art einer Dame zu ſagen, die
nicht mehr als eine Nacht braucht, ihn ganz zu ver-
derben, muß dieſer Dame eine große Seele zu-
trauen, oder — — von Sinnen ſeyn — — Daß Sie
den Ruin des Landes auf meine Bruſt waͤlzen,
vergebe Ihnen Gott der Allmaͤchtige, der Sie und
Mich und den Fuͤrſten einſt gegeneinander ſtellt. — —
Aber Sie haben die Englaͤnderin in mir aufgefo-
dert, und auf Vorwuͤrfe dieſer Art muß mein Va-
terland Antwort haben.

Ferdinand. (auf ſeinen Degen geſtuͤzt) Ich bin
begierig.

Lady. Hoͤren Sie alſo, was ich, außer Ihnen,
noch niemand vertraute, noch jemals einem Men-
ſchen vertrauen will. ——— Ich bin nicht die Aben-
theurerin, Walter, fuͤr die Sie mich halten. Ich
koͤnnte groß thun und ſagen: Ich bin fuͤrſtlichen Ge-
bluͤts — — aus des ungluͤklichen Thomas Norfolks Ge-
ſchlechte, der fuͤr die ſchottiſche Maria ein Opfer
war — Mein Vater, des Koͤnigs oberſter Kaͤmme-
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mit Frankreich zu ſtehen, durch einen Spruch der
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[47/0051] Lady. (mit Sanftmut und Hoheit) Es iſt das er- ſtemal, Walter, daß ſolche Reden an mich gewagt werden, und Sie ſind der einige Menſch, dem ich darauf antworte — — Daß Sie meine Hand verwer- fen, darum ſchaͤz ich Sie. Daß Sie mein Herz laͤ- ſtern, vergebe ich Ihnen. Daß es Ihr Ernſt iſt, glaube ich Ihnen nicht. Wer ſich herausnimmt, Be- leidigungen dieſer Art einer Dame zu ſagen, die nicht mehr als eine Nacht braucht, ihn ganz zu ver- derben, muß dieſer Dame eine große Seele zu- trauen, oder — — von Sinnen ſeyn — — Daß Sie den Ruin des Landes auf meine Bruſt waͤlzen, vergebe Ihnen Gott der Allmaͤchtige, der Sie und Mich und den Fuͤrſten einſt gegeneinander ſtellt. — — Aber Sie haben die Englaͤnderin in mir aufgefo- dert, und auf Vorwuͤrfe dieſer Art muß mein Va- terland Antwort haben. Ferdinand. (auf ſeinen Degen geſtuͤzt) Ich bin begierig. Lady. Hoͤren Sie alſo, was ich, außer Ihnen, noch niemand vertraute, noch jemals einem Men- ſchen vertrauen will. ——— Ich bin nicht die Aben- theurerin, Walter, fuͤr die Sie mich halten. Ich koͤnnte groß thun und ſagen: Ich bin fuͤrſtlichen Ge- bluͤts — — aus des ungluͤklichen Thomas Norfolks Ge- ſchlechte, der fuͤr die ſchottiſche Maria ein Opfer war — Mein Vater, des Koͤnigs oberſter Kaͤmme- rer wurde bezuͤchtigt, in verraͤthriſchem Vernehmen mit Frankreich zu ſtehen, durch einen Spruch der Parla-

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/51>, abgerufen am 24.11.2024.