Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.
ich ja auch bey dem Lever zugegen seyn, und Seiner Durchleucht das Wetter verkündigen. Präsident. Ja Marschall. Da haben Sie frei- lich nicht abkommen können. Hofmarschall. Oben drein hat mich ein Schelm von Schneider noch sizen lassen. Präsident. Und doch fix und fertig? Hofmarschall. Das ist noch nicht alles. -- Ein Malheur jagt heut das andere. Hören Sie nur. Präsident. (zerstreut) Ist das möglich? Hofmarschall. Hören Sie nur. Ich steige kaum aus dem Wagen, so werden die Hengste scheu, stam- pfen und schlagen aus, daß mir -- ich bitte Sie! -- der Gassenkoth über und über an die Beinkleider sprüzt. Was anzufangen? Sezen Sie Sich um Gotteswillen in meine Lage Baron. Da stand ich. Spät war es. Eine Tagreise ist es -- und in dem Aufzug vor Sei- ne Durchleucht! Gott der Gerechte! -- Was fällt mir bei? Ich fingiere eine Ohnmacht. Man bringt mich über Hals und Kopf in die Kutsche. Ich in voller Karriere nach Haus -- wechsle die Kleider -- fahre zurük -- Was sagen Sie? -- und bin noch der erste in der Antischamber -- Was denken Sie? Präsident. Ein herrliches Inpromtu des mensch- lichen Wizes -- Doch das beiseite Kalb -- Sie spra- chen also schon mit dem Herzog? Hofmarschall. (wichtig) Zwanzig Minuten und eine halbe. Präsident.
ich ja auch bey dem Lever zugegen ſeyn, und Seiner Durchleucht das Wetter verkuͤndigen. Praͤſident. Ja Marſchall. Da haben Sie frei- lich nicht abkommen koͤnnen. Hofmarſchall. Oben drein hat mich ein Schelm von Schneider noch ſizen laſſen. Praͤſident. Und doch fix und fertig? Hofmarſchall. Das iſt noch nicht alles. — Ein Malheur jagt heut das andere. Hoͤren Sie nur. Praͤſident. (zerſtreut) Iſt das moͤglich? Hofmarſchall. Hoͤren Sie nur. Ich ſteige kaum aus dem Wagen, ſo werden die Hengſte ſcheu, ſtam- pfen und ſchlagen aus, daß mir — ich bitte Sie! — der Gaſſenkoth uͤber und uͤber an die Beinkleider ſpruͤzt. Was anzufangen? Sezen Sie Sich um Gotteswillen in meine Lage Baron. Da ſtand ich. Spaͤt war es. Eine Tagreiſe iſt es — und in dem Aufzug vor Sei- ne Durchleucht! Gott der Gerechte! — Was faͤllt mir bei? Ich fingiere eine Ohnmacht. Man bringt mich uͤber Hals und Kopf in die Kutſche. Ich in voller Karriere nach Haus — wechsle die Kleider — fahre zuruͤk — Was ſagen Sie? — und bin noch der erſte in der Antiſchamber — Was denken Sie? Praͤſident. Ein herrliches Inpromtu des menſch- lichen Wizes — Doch das beiſeite Kalb — Sie ſpra- chen alſo ſchon mit dem Herzog? Hofmarſchall. (wichtig) Zwanzig Minuten und eine halbe. Praͤſident.
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ich ja auch bey dem Lever zugegen ſeyn, und Seiner
Durchleucht das Wetter verkuͤndigen.
Praͤſident. Ja Marſchall. Da haben Sie frei-
lich nicht abkommen koͤnnen.
Hofmarſchall. Oben drein hat mich ein Schelm
von Schneider noch ſizen laſſen.
Praͤſident. Und doch fix und fertig?
Hofmarſchall. Das iſt noch nicht alles. — Ein
Malheur jagt heut das andere. Hoͤren Sie nur.
Praͤſident. (zerſtreut) Iſt das moͤglich?
Hofmarſchall. Hoͤren Sie nur. Ich ſteige kaum
aus dem Wagen, ſo werden die Hengſte ſcheu, ſtam-
pfen und ſchlagen aus, daß mir — ich bitte Sie! —
der Gaſſenkoth uͤber und uͤber an die Beinkleider ſpruͤzt.
Was anzufangen? Sezen Sie Sich um Gotteswillen
in meine Lage Baron. Da ſtand ich. Spaͤt war es.
Eine Tagreiſe iſt es — und in dem Aufzug vor Sei-
ne Durchleucht! Gott der Gerechte! — Was faͤllt
mir bei? Ich fingiere eine Ohnmacht. Man bringt
mich uͤber Hals und Kopf in die Kutſche. Ich in
voller Karriere nach Haus — wechsle die Kleider —
fahre zuruͤk — Was ſagen Sie? — und bin noch
der erſte in der Antiſchamber — Was denken Sie?
Praͤſident. Ein herrliches Inpromtu des menſch-
lichen Wizes — Doch das beiſeite Kalb — Sie ſpra-
chen alſo ſchon mit dem Herzog?
Hofmarſchall. (wichtig) Zwanzig Minuten und
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