Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.
Sohn? -- Nein Wurm, das macht er mich nim- mermehr glauben. Wurm. Ihro Exzellenz haben die Gnade mir den Beweis zu befehlen. Präsident. Daß er der Bürgerkanaille den Hof macht -- Flatterien sagt -- auch meinetwegen Em- pfindungen vorplaudert -- Das sind lauter Sachen, die ich möglich finde -- verzeilich finde -- aber -- und noch gar die Tochter eines Musikus sagt er? Wurm. Musikmeister Millers Tochter. Präsident. Hübsch? -- Zwar das versteht sich. Wurm. (lebhaft) Das schönste Exemplar einer Blondine, die, nicht zu viel gesagt, neben den er- sten Schönheiten des Hofes noch Figur machen würde. Präsident. (lacht) Er sagt mir Wurm -- er habe ein Aug auf das Ding -- das find ich. Aber sieht er mein lieber Wurm -- daß mein Sohn Ge- fühl für das Frauenzimmer hat, macht mir Hoff- nung, daß ihn die Damen nicht hassen werden. Er kann bei Hof etwas durchsezen. Das Mädchen ist schön, sagt er, das gefällt mir an meinem Sohn, daß er Geschmak hat. Spiegelt er der Närrin solide Absichten vor? Noch besser -- so seh ich, daß er Wiz genug hat, in seinen Beutel zu lügen. Er kann Präsident werden. Sezt er es noch dazu durch? Herrlich! das zeigt mir an, daß er Glük hat. -- Schließt sich die Farce mit einem gesunden Enkel -- Unvergleichlich! so trink ich auf die guten Aspekten mei- B 2
Sohn? — Nein Wurm, das macht er mich nim- mermehr glauben. Wurm. Ihro Exzellenz haben die Gnade mir den Beweis zu befehlen. Praͤſident. Daß er der Buͤrgerkanaille den Hof macht — Flatterien ſagt — auch meinetwegen Em- pfindungen vorplaudert — Das ſind lauter Sachen, die ich moͤglich finde — verzeilich finde — aber — und noch gar die Tochter eines Muſikus ſagt er? Wurm. Muſikmeiſter Millers Tochter. Praͤſident. Huͤbſch? — Zwar das verſteht ſich. Wurm. (lebhaft) Das ſchoͤnſte Exemplar einer Blondine, die, nicht zu viel geſagt, neben den er- ſten Schoͤnheiten des Hofes noch Figur machen wuͤrde. Praͤſident. (lacht) Er ſagt mir Wurm — er habe ein Aug auf das Ding — das find ich. Aber ſieht er mein lieber Wurm — daß mein Sohn Ge- fuͤhl fuͤr das Frauenzimmer hat, macht mir Hoff- nung, daß ihn die Damen nicht haſſen werden. Er kann bei Hof etwas durchſezen. Das Maͤdchen iſt ſchoͤn, ſagt er, das gefaͤllt mir an meinem Sohn, daß er Geſchmak hat. Spiegelt er der Naͤrrin ſolide Abſichten vor? Noch beſſer — ſo ſeh ich, daß er Wiz genug hat, in ſeinen Beutel zu luͤgen. Er kann Praͤſident werden. Sezt er es noch dazu durch? Herrlich! das zeigt mir an, daß er Gluͤk hat. — Schließt ſich die Farçe mit einem geſunden Enkel — Unvergleichlich! ſo trink ich auf die guten Aſpekten mei- B 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#PRA"> <p><pb facs="#f0023" n="19"/> Sohn? — Nein Wurm, das macht er mich nim-<lb/> mermehr glauben.</p><lb/> </sp> <sp who="#WUR"> <speaker> <hi rendition="#fr">Wurm.</hi> </speaker> <p>Ihro Exzellenz haben die Gnade mir<lb/> den Beweis zu befehlen.</p><lb/> </sp> <sp who="#PRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Praͤſident.</hi> </speaker> <p>Daß er der Buͤrgerkanaille den Hof<lb/> macht — Flatterien ſagt — auch meinetwegen Em-<lb/> pfindungen vorplaudert — Das ſind lauter Sachen,<lb/> die ich moͤglich finde — verzeilich finde — aber —<lb/> und noch gar die Tochter eines Muſikus ſagt er?</p><lb/> </sp> <sp who="#WUR"> <speaker> <hi rendition="#fr">Wurm.</hi> </speaker> <p>Muſikmeiſter Millers Tochter.</p><lb/> </sp> <sp who="#PRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Praͤſident.</hi> </speaker> <p>Huͤbſch? — Zwar das verſteht ſich.</p><lb/> </sp> <sp who="#WUR"> <speaker> <hi rendition="#fr">Wurm.</hi> </speaker> <p><stage>(lebhaft)</stage> Das ſchoͤnſte Exemplar einer<lb/> Blondine, die, nicht zu viel geſagt, neben den er-<lb/> ſten Schoͤnheiten des Hofes noch Figur machen wuͤrde.</p><lb/> </sp> <sp who="#PRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Praͤſident.</hi> </speaker> <p><stage>(lacht)</stage> Er ſagt mir Wurm — er<lb/> habe ein Aug auf das Ding — das find ich. Aber<lb/> ſieht er mein lieber Wurm — daß mein Sohn Ge-<lb/> fuͤhl fuͤr das Frauenzimmer hat, macht mir Hoff-<lb/> nung, daß ihn die Damen nicht haſſen werden. Er<lb/> kann bei Hof etwas durchſezen. Das Maͤdchen iſt<lb/> ſchoͤn, ſagt er, das gefaͤllt mir an meinem Sohn,<lb/> daß er <hi rendition="#fr">Geſchmak</hi> hat. Spiegelt er der Naͤrrin ſolide<lb/> Abſichten vor? Noch beſſer — ſo ſeh ich, daß er<lb/><hi rendition="#fr">Wiz</hi> genug hat, in ſeinen Beutel zu luͤgen. Er kann<lb/><hi rendition="#fr">Praͤſident</hi> werden. Sezt er es noch dazu durch?<lb/> Herrlich! das zeigt mir an, daß er Gluͤk hat. —<lb/> Schließt ſich die Farçe mit einem geſunden Enkel —<lb/> Unvergleichlich! ſo trink ich auf die guten Aſpekten<lb/> <fw place="bottom" type="sig">B 2</fw> <fw place="bottom" type="catch">mei-</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [19/0023]
Sohn? — Nein Wurm, das macht er mich nim-
mermehr glauben.
Wurm. Ihro Exzellenz haben die Gnade mir
den Beweis zu befehlen.
Praͤſident. Daß er der Buͤrgerkanaille den Hof
macht — Flatterien ſagt — auch meinetwegen Em-
pfindungen vorplaudert — Das ſind lauter Sachen,
die ich moͤglich finde — verzeilich finde — aber —
und noch gar die Tochter eines Muſikus ſagt er?
Wurm. Muſikmeiſter Millers Tochter.
Praͤſident. Huͤbſch? — Zwar das verſteht ſich.
Wurm. (lebhaft) Das ſchoͤnſte Exemplar einer
Blondine, die, nicht zu viel geſagt, neben den er-
ſten Schoͤnheiten des Hofes noch Figur machen wuͤrde.
Praͤſident. (lacht) Er ſagt mir Wurm — er
habe ein Aug auf das Ding — das find ich. Aber
ſieht er mein lieber Wurm — daß mein Sohn Ge-
fuͤhl fuͤr das Frauenzimmer hat, macht mir Hoff-
nung, daß ihn die Damen nicht haſſen werden. Er
kann bei Hof etwas durchſezen. Das Maͤdchen iſt
ſchoͤn, ſagt er, das gefaͤllt mir an meinem Sohn,
daß er Geſchmak hat. Spiegelt er der Naͤrrin ſolide
Abſichten vor? Noch beſſer — ſo ſeh ich, daß er
Wiz genug hat, in ſeinen Beutel zu luͤgen. Er kann
Praͤſident werden. Sezt er es noch dazu durch?
Herrlich! das zeigt mir an, daß er Gluͤk hat. —
Schließt ſich die Farçe mit einem geſunden Enkel —
Unvergleichlich! ſo trink ich auf die guten Aſpekten
mei-
B 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |