Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite
Name geschrieben, und die Würgengel werden ihn
lesen -- Eine Gestalt, wie diese, ziehe den Vor-
hang von deinem Bette, wenn du schläfst, und gebe
dir ihre eiskalte Hand -- Eine Gestalt, wie diese,
stehe vor deiner Seele, wenn du stirbst, und dränge
dein leztes Gebet weg. -- Eine Gestalt, wie diese,
stehe auf deinem Grabe, wenn du auferstehst -- und
neben Gott, wenn er dich richtet (er wird ohnmächtig,
Bediente halten ihn)
Präsident. (eine schrekliche Bewegung des Arms
gegen den Himmel)
Von mir nicht, von mir nicht,
Richter der Welt, fodre diese Seelen von Diesem!
(er geht auf Wurm zu)
Wurm. (auffahrend) Von Mir?
Präsident. Verfluchter von Dir! Von Dir
Satan! -- Du, du gabst den Schlangenrath --
Ueber Dich die Verantwortung -- Ich wasche die
Hände.

Wurm. Ueber mich? (er fängt gräßlich an zu
lachen)
Lustig! Lustig! So weiß ich doch nun auch,
auf was Art sich die Teufel danken. -- Ueber mich
dummer Bösewicht? War es mein Sohn? War
ich dein Gebieter? -- Ueber mich die Verantwor-
tung? Ha! bei diesem Anblik, der alles Mark in
meinen Gebeinen erkältet! Ueber mich soll sie kom-
men! -- Jezt will ich verlohren seyn, aber Du
solst es mit mir seyn -- Auf! Auf! Ruft Mord
durch die Gassen! Wekt die Justiz auf! Gerichts-
diener
L 3
Name geſchrieben, und die Wuͤrgengel werden ihn
leſen — Eine Geſtalt, wie dieſe, ziehe den Vor-
hang von deinem Bette, wenn du ſchlaͤfſt, und gebe
dir ihre eiskalte Hand — Eine Geſtalt, wie dieſe,
ſtehe vor deiner Seele, wenn du ſtirbſt, und draͤnge
dein leztes Gebet weg. — Eine Geſtalt, wie dieſe,
ſtehe auf deinem Grabe, wenn du auferſtehſt — und
neben Gott, wenn er dich richtet (er wird ohnmaͤchtig,
Bediente halten ihn)
Praͤſident. (eine ſchrekliche Bewegung des Arms
gegen den Himmel)
Von mir nicht, von mir nicht,
Richter der Welt, fodre dieſe Seelen von Dieſem!
(er geht auf Wurm zu)
Wurm. (auffahrend) Von Mir?
Praͤſident. Verfluchter von Dir! Von Dir
Satan! — Du, du gabſt den Schlangenrath —
Ueber Dich die Verantwortung — Ich waſche die
Haͤnde.

Wurm. Ueber mich? (er faͤngt graͤßlich an zu
lachen)
Luſtig! Luſtig! So weiß ich doch nun auch,
auf was Art ſich die Teufel danken. — Ueber mich
dummer Boͤſewicht? War es mein Sohn? War
ich dein Gebieter? — Ueber mich die Verantwor-
tung? Ha! bei dieſem Anblik, der alles Mark in
meinen Gebeinen erkaͤltet! Ueber mich ſoll ſie kom-
men! — Jezt will ich verlohren ſeyn, aber Du
ſolſt es mit mir ſeyn — Auf! Auf! Ruft Mord
durch die Gaſſen! Wekt die Juſtiz auf! Gerichts-
diener
L 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#FER">
            <p><pb facs="#f0169" n="165"/>
Name ge&#x017F;chrieben, und die Wu&#x0364;rgengel werden ihn<lb/>
le&#x017F;en &#x2014; Eine Ge&#x017F;talt, wie die&#x017F;e, ziehe den Vor-<lb/>
hang von deinem Bette, wenn du &#x017F;chla&#x0364;f&#x017F;t, und gebe<lb/>
dir ihre eiskalte Hand &#x2014; Eine Ge&#x017F;talt, wie die&#x017F;e,<lb/>
&#x017F;tehe vor deiner Seele, wenn du &#x017F;tirb&#x017F;t, und dra&#x0364;nge<lb/>
dein leztes Gebet weg. &#x2014; Eine Ge&#x017F;talt, wie die&#x017F;e,<lb/>
&#x017F;tehe auf deinem Grabe, wenn du aufer&#x017F;teh&#x017F;t &#x2014; und<lb/>
neben Gott, wenn er dich richtet <stage>(er wird ohnma&#x0364;chtig,<lb/>
Bediente halten ihn)</stage></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#PRA">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Pra&#x0364;&#x017F;ident.</hi> </speaker>
            <p><stage>(eine &#x017F;chrekliche Bewegung des Arms<lb/>
gegen den Himmel)</stage> Von mir nicht, von mir nicht,<lb/>
Richter der Welt, fodre die&#x017F;e Seelen von <hi rendition="#fr">Die&#x017F;em!</hi><lb/><stage>(er geht auf Wurm zu)</stage></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WUR">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Wurm.</hi> </speaker>
            <p><stage>(auffahrend)</stage> Von Mir?</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#PRA">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Pra&#x0364;&#x017F;ident.</hi> </speaker>
            <p>Verfluchter von Dir! Von Dir<lb/>
Satan! &#x2014; Du, du gab&#x017F;t den Schlangenrath &#x2014;<lb/>
Ueber <hi rendition="#fr">Dich</hi> die Verantwortung &#x2014; Ich wa&#x017F;che die<lb/>
Ha&#x0364;nde.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#WUR">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Wurm.</hi> </speaker>
            <p>Ueber mich? <stage>(er fa&#x0364;ngt gra&#x0364;ßlich an zu<lb/>
lachen)</stage> Lu&#x017F;tig! Lu&#x017F;tig! So weiß ich doch nun auch,<lb/>
auf was Art &#x017F;ich die Teufel danken. &#x2014; Ueber mich<lb/>
dummer Bo&#x0364;&#x017F;ewicht? <choice><sic>Wa</sic><corr>War</corr></choice> es <hi rendition="#fr">mein</hi> Sohn? War<lb/><hi rendition="#fr">ich</hi> dein Gebieter? &#x2014; Ueber mich die Verantwor-<lb/>
tung? Ha! bei die&#x017F;em Anblik, der alles Mark in<lb/>
meinen Gebeinen erka&#x0364;ltet! Ueber mich &#x017F;oll &#x017F;ie kom-<lb/>
men! &#x2014; Jezt <hi rendition="#fr">will</hi> ich verlohren &#x017F;eyn, aber <hi rendition="#fr">Du</hi><lb/>
&#x017F;ol&#x017F;t es mit mir &#x017F;eyn &#x2014; Auf! Auf! Ruft Mord<lb/>
durch die Ga&#x017F;&#x017F;en! Wekt die Ju&#x017F;tiz auf! Gerichts-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">diener</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0169] Name geſchrieben, und die Wuͤrgengel werden ihn leſen — Eine Geſtalt, wie dieſe, ziehe den Vor- hang von deinem Bette, wenn du ſchlaͤfſt, und gebe dir ihre eiskalte Hand — Eine Geſtalt, wie dieſe, ſtehe vor deiner Seele, wenn du ſtirbſt, und draͤnge dein leztes Gebet weg. — Eine Geſtalt, wie dieſe, ſtehe auf deinem Grabe, wenn du auferſtehſt — und neben Gott, wenn er dich richtet (er wird ohnmaͤchtig, Bediente halten ihn) Praͤſident. (eine ſchrekliche Bewegung des Arms gegen den Himmel) Von mir nicht, von mir nicht, Richter der Welt, fodre dieſe Seelen von Dieſem! (er geht auf Wurm zu) Wurm. (auffahrend) Von Mir? Praͤſident. Verfluchter von Dir! Von Dir Satan! — Du, du gabſt den Schlangenrath — Ueber Dich die Verantwortung — Ich waſche die Haͤnde. Wurm. Ueber mich? (er faͤngt graͤßlich an zu lachen) Luſtig! Luſtig! So weiß ich doch nun auch, auf was Art ſich die Teufel danken. — Ueber mich dummer Boͤſewicht? War es mein Sohn? War ich dein Gebieter? — Ueber mich die Verantwor- tung? Ha! bei dieſem Anblik, der alles Mark in meinen Gebeinen erkaͤltet! Ueber mich ſoll ſie kom- men! — Jezt will ich verlohren ſeyn, aber Du ſolſt es mit mir ſeyn — Auf! Auf! Ruft Mord durch die Gaſſen! Wekt die Juſtiz auf! Gerichts- diener L 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/169
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/169>, abgerufen am 27.11.2024.