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Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.

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sprechen mit sich selbst (Lady schreibt immer fort) Ich
erschreke -- Was muß geschehen seyn?

Hofmarschall. (tritt herein, macht dem Rüken
der Lady tausend Verbeugungen; da sie ihn nicht bemerkt,
kommt er näher, stellt sich hinter ihren Sessel, sucht den
Zipfel ihres Kleids wegzukriegen und drükt einen Kuß
darauf, mit furchtsamen Lispeln)
Serenißimus --

Lady. (indem sie Sand streut und das Geschriebene
durchfliegt)
Er wird mir schwarzen Undank zur Last
legen -- Ich war eine Verlassene. Er hat mich aus
dem Elend gezogen -- Aus dem Elend? -- Ab-
scheulicher Tausch! -- Zerreisse deine Rechnung,
Verführer! Meine ewige Schaamröthe bezahlt sie
mit Wucher.

Hofmarschall. (nachdem er die Lady vergeblich von
allen Seiten umgangen hat)
Milady scheinen etwas di-
strait zu seyn -- Ich werde mir wol selbst die Kühn-
heit erlauben müssen. (sehr laut) Serenissimus schi-
ken mich, Milady zu fragen, ob diesen Abend Vaux-
hall seyn werde, oder teutsche Komödie?

Lady. (lachend aufstehend) Eins von beiden,
mein Engel -- Unterdessen bringen Sie ihrem Her-
zog diese Charte zum Desert! (gegen Sophien) Du,
Sophie, befiehlst, daß man anspannen soll, und
rufst meine ganze Garderobe in diesen Saal zu-
sammen. --

Sophie. (geht ab voll Bestürzung) O Himmel!
Was ahndet mir? Was wird das noch werden?

Hofmarschall. Sie sind echauffiert meine Gnä-
dige?
Lady.
ſprechen mit ſich ſelbſt (Lady ſchreibt immer fort) Ich
erſchreke — Was muß geſchehen ſeyn?

Hofmarſchall. (tritt herein, macht dem Ruͤken
der Lady tauſend Verbeugungen; da ſie ihn nicht bemerkt,
kommt er naͤher, ſtellt ſich hinter ihren Seſſel, ſucht den
Zipfel ihres Kleids wegzukriegen und druͤkt einen Kuß
darauf, mit furchtſamen Liſpeln)
Serenißimus

Lady. (indem ſie Sand ſtreut und das Geſchriebene
durchfliegt)
Er wird mir ſchwarzen Undank zur Laſt
legen — Ich war eine Verlaſſene. Er hat mich aus
dem Elend gezogen — Aus dem Elend? — Ab-
ſcheulicher Tauſch! — Zerreiſſe deine Rechnung,
Verfuͤhrer! Meine ewige Schaamroͤthe bezahlt ſie
mit Wucher.

Hofmarſchall. (nachdem er die Lady vergeblich von
allen Seiten umgangen hat)
Milady ſcheinen etwas di-
ſtrait zu ſeyn — Ich werde mir wol ſelbſt die Kuͤhn-
heit erlauben muͤſſen. (ſehr laut) Sereniſſimus ſchi-
ken mich, Milady zu fragen, ob dieſen Abend Vaux-
hall ſeyn werde, oder teutſche Komoͤdie?

Lady. (lachend aufſtehend) Eins von beiden,
mein Engel — Unterdeſſen bringen Sie ihrem Her-
zog dieſe Charte zum Deſert! (gegen Sophien) Du,
Sophie, befiehlſt, daß man anſpannen ſoll, und
rufſt meine ganze Garderobe in dieſen Saal zu-
ſammen. —

Sophie. (geht ab voll Beſtuͤrzung) O Himmel!
Was ahndet mir? Was wird das noch werden?

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[124/0128] ſprechen mit ſich ſelbſt (Lady ſchreibt immer fort) Ich erſchreke — Was muß geſchehen ſeyn? Hofmarſchall. (tritt herein, macht dem Ruͤken der Lady tauſend Verbeugungen; da ſie ihn nicht bemerkt, kommt er naͤher, ſtellt ſich hinter ihren Seſſel, ſucht den Zipfel ihres Kleids wegzukriegen und druͤkt einen Kuß darauf, mit furchtſamen Liſpeln) Serenißimus — Lady. (indem ſie Sand ſtreut und das Geſchriebene durchfliegt) Er wird mir ſchwarzen Undank zur Laſt legen — Ich war eine Verlaſſene. Er hat mich aus dem Elend gezogen — Aus dem Elend? — Ab- ſcheulicher Tauſch! — Zerreiſſe deine Rechnung, Verfuͤhrer! Meine ewige Schaamroͤthe bezahlt ſie mit Wucher. Hofmarſchall. (nachdem er die Lady vergeblich von allen Seiten umgangen hat) Milady ſcheinen etwas di- ſtrait zu ſeyn — Ich werde mir wol ſelbſt die Kuͤhn- heit erlauben muͤſſen. (ſehr laut) Sereniſſimus ſchi- ken mich, Milady zu fragen, ob dieſen Abend Vaux- hall ſeyn werde, oder teutſche Komoͤdie? Lady. (lachend aufſtehend) Eins von beiden, mein Engel — Unterdeſſen bringen Sie ihrem Her- zog dieſe Charte zum Deſert! (gegen Sophien) Du, Sophie, befiehlſt, daß man anſpannen ſoll, und rufſt meine ganze Garderobe in dieſen Saal zu- ſammen. — Sophie. (geht ab voll Beſtuͤrzung) O Himmel! Was ahndet mir? Was wird das noch werden? Hofmarſchall. Sie ſind echauffiert meine Gnaͤ- dige? Lady.

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/128>, abgerufen am 24.11.2024.