Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.immer öder im trüberleuchteten Hochzeitsaal; der "Ach! er ist hingegangen, wo man auf ewig "Vielleicht fürchtet er sich auch nur, sich in sol¬ Wer
immer öder im trüberleuchteten Hochzeitſaal; der „Ach! er iſt hingegangen, wo man auf ewig „Vielleicht fürchtet er ſich auch nur, ſich in ſol¬ Wer
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0080" n="72"/> immer öder im trüberleuchteten Hochzeitſaal; der<lb/> Mönch ſtand unbeweglich, und immer derſelbe,<lb/> einen ſtillen und traurigen Blick auf das Brautpaar<lb/> geheftet. Die Tafel wird aufgehoben, die Gäſte<lb/> zerſtreuen ſich dahin und dorthin, die Familie tritt<lb/> in einen engeren Kreis zuſammen, der Mönch bleibt<lb/> ungeladen in dieſem engeren Kreis. Ich weiß<lb/> nicht, woher es kam, daß niemand ihn anreden<lb/> wollte; niemand redete ihn an. Schon drängen<lb/> ſich ihre weiblichen Bekannte um die zitternde Braut<lb/> herum, die einen bittenden Hülfe ſuchenden Blick<lb/> auf den ehrwürdigen Fremdling richtet; der Fremd¬<lb/> ling erwiedert ihn nicht. Die Männer ſammeln<lb/> ſich auf gleiche Art um den Bräutigam — Eine<lb/> gepreßte erwartungsvolle Stille — „Daß wir un¬<lb/> ter einander da ſo glücklich ſind,“ hub endlich der<lb/> Greis an, der allein unter uns allen den Unbe¬<lb/> kannten nicht zu bemerken, oder ſich doch nicht<lb/> über ihn zu verwundern ſchien: „Daß wir ſo<lb/> glücklich ſind, ſagte er, und mein Sohn Jerony¬<lb/> mo muß fehlen!“ — „Haſt du ihn denn gela¬<lb/> den und er iſt ausgeblieben?“ fragte der Mönch.<lb/> Es war das erſtemal, daß er den Mund öffnete.<lb/> Mit Schrecken ſahen wir ihn an.“</p><lb/> <p>„Ach! er iſt hingegangen, wo man auf ewig<lb/> ausbleibt, verſezte der Alte. Ehrwürdiger Herr,<lb/> ihr verſteht mich unrecht. Mein Sohn Jeronymo<lb/> iſt todt.“</p><lb/> <p>„Vielleicht fürchtet er ſich auch nur, ſich in ſol¬<lb/> cher Geſellſchaft zu zeigen, fuhr der Mönch fort —<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wer<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [72/0080]
immer öder im trüberleuchteten Hochzeitſaal; der
Mönch ſtand unbeweglich, und immer derſelbe,
einen ſtillen und traurigen Blick auf das Brautpaar
geheftet. Die Tafel wird aufgehoben, die Gäſte
zerſtreuen ſich dahin und dorthin, die Familie tritt
in einen engeren Kreis zuſammen, der Mönch bleibt
ungeladen in dieſem engeren Kreis. Ich weiß
nicht, woher es kam, daß niemand ihn anreden
wollte; niemand redete ihn an. Schon drängen
ſich ihre weiblichen Bekannte um die zitternde Braut
herum, die einen bittenden Hülfe ſuchenden Blick
auf den ehrwürdigen Fremdling richtet; der Fremd¬
ling erwiedert ihn nicht. Die Männer ſammeln
ſich auf gleiche Art um den Bräutigam — Eine
gepreßte erwartungsvolle Stille — „Daß wir un¬
ter einander da ſo glücklich ſind,“ hub endlich der
Greis an, der allein unter uns allen den Unbe¬
kannten nicht zu bemerken, oder ſich doch nicht
über ihn zu verwundern ſchien: „Daß wir ſo
glücklich ſind, ſagte er, und mein Sohn Jerony¬
mo muß fehlen!“ — „Haſt du ihn denn gela¬
den und er iſt ausgeblieben?“ fragte der Mönch.
Es war das erſtemal, daß er den Mund öffnete.
Mit Schrecken ſahen wir ihn an.“
„Ach! er iſt hingegangen, wo man auf ewig
ausbleibt, verſezte der Alte. Ehrwürdiger Herr,
ihr verſteht mich unrecht. Mein Sohn Jeronymo
iſt todt.“
„Vielleicht fürchtet er ſich auch nur, ſich in ſol¬
cher Geſellſchaft zu zeigen, fuhr der Mönch fort —
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