Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789."Fürchten Sie nicht," antwortete der Sicilia¬ "Ich lasse mich in keine Beschreibung des Gau¬ "Ich glaube, daß dieß sehr richtig geurtheilt die E 2
„Fürchten Sie nicht,“ antwortete der Sicilia¬ „Ich laſſe mich in keine Beſchreibung des Gau¬ „Ich glaube, daß dieß ſehr richtig geurtheilt die E 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0075" n="67"/> <p>„Fürchten Sie nicht,“ antwortete der Sicilia¬<lb/> ner, „der Armenier wird nur zu zeitig erſcheinen.“</p><lb/> <p>„Ich laſſe mich in keine Beſchreibung des Gau¬<lb/> kelſpiels ein, die mich ohnehin auch zu weit führen<lb/> würde. Genug es erfüllte alle meine Erwartun¬<lb/> gen. Der alte Marcheſe, die junge Gräfinn nebſt<lb/> ihrer Mutter, der Chevalier und noch einige Ver¬<lb/> wandte waren zugegen. Sie können leicht denken,<lb/> daß es mir in der langen Zeit, die ich in dieſem<lb/> Hauſe zugebracht, nicht an Gelegenheit werde ge¬<lb/> mangelt haben, von allem, was den Verſtorbenen<lb/> anbetraf, die genaueſte Erkundigung einzuziehen.<lb/> Verſchiedne Gemählde, die ich da von ihm vor¬<lb/> fand, ſezten mich in den Stand, der Erſcheinung<lb/> die täuſchendſte Aehnlichkeit zu geben, und weil ich<lb/> den Geiſt nur durch Zeichen ſprechen ließ, ſo konn¬<lb/> te auch ſeine Stimme keinen Verdacht erwecken.<lb/> Der Todte ſelbſt erſchien in barbariſchem Sklaven¬<lb/> kleid, eine tiefe Wunde am Halſe. Sie bemer¬<lb/> ken,“ ſagte der Sicilianer, „daß ich hierin von<lb/> der allgemeinen Muthmaßung abging, die ihn in<lb/> den Wellen umkommen laſſen; weil ich Urſache hat¬<lb/> te zu hoffen, daß gerade das Unerwartete dieſer<lb/> Wendung die Glaubwürdigkeit der Viſion ſelbſt<lb/> nicht wenig vermehren würde; ſo wie mir im Ge¬<lb/> gentheil nichts gefährlicher ſchien, als eine zu ge¬<lb/> wiſſenhafte Annäherung an das Natürliche.“</p><lb/> <p>„Ich glaube, daß dieß ſehr richtig geurtheilt<lb/> war,“ ſagte der Prinz. „In einer Reihe außer¬<lb/> ordentlicher Erſcheinungen mußte, däucht mir, juſt<lb/> <fw place="bottom" type="sig">E 2<lb/></fw> <fw place="bottom" type="catch">die<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [67/0075]
„Fürchten Sie nicht,“ antwortete der Sicilia¬
ner, „der Armenier wird nur zu zeitig erſcheinen.“
„Ich laſſe mich in keine Beſchreibung des Gau¬
kelſpiels ein, die mich ohnehin auch zu weit führen
würde. Genug es erfüllte alle meine Erwartun¬
gen. Der alte Marcheſe, die junge Gräfinn nebſt
ihrer Mutter, der Chevalier und noch einige Ver¬
wandte waren zugegen. Sie können leicht denken,
daß es mir in der langen Zeit, die ich in dieſem
Hauſe zugebracht, nicht an Gelegenheit werde ge¬
mangelt haben, von allem, was den Verſtorbenen
anbetraf, die genaueſte Erkundigung einzuziehen.
Verſchiedne Gemählde, die ich da von ihm vor¬
fand, ſezten mich in den Stand, der Erſcheinung
die täuſchendſte Aehnlichkeit zu geben, und weil ich
den Geiſt nur durch Zeichen ſprechen ließ, ſo konn¬
te auch ſeine Stimme keinen Verdacht erwecken.
Der Todte ſelbſt erſchien in barbariſchem Sklaven¬
kleid, eine tiefe Wunde am Halſe. Sie bemer¬
ken,“ ſagte der Sicilianer, „daß ich hierin von
der allgemeinen Muthmaßung abging, die ihn in
den Wellen umkommen laſſen; weil ich Urſache hat¬
te zu hoffen, daß gerade das Unerwartete dieſer
Wendung die Glaubwürdigkeit der Viſion ſelbſt
nicht wenig vermehren würde; ſo wie mir im Ge¬
gentheil nichts gefährlicher ſchien, als eine zu ge¬
wiſſenhafte Annäherung an das Natürliche.“
„Ich glaube, daß dieß ſehr richtig geurtheilt
war,“ ſagte der Prinz. „In einer Reihe außer¬
ordentlicher Erſcheinungen mußte, däucht mir, juſt
die
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