"Ich will Ihnen noch mehr sagen, gnädigster Herr. Eben dieser war es, auf dessen Denuncia¬ tion ich hieher geschickt worden bin, den Geisterbe¬ schwörer zu verhaften."
Wir sahen uns mit noch größerm Erstaunen an.
"Da hätten wir es ja heraus," rief endlich der Engländer, warum der arme Teufel von Beschwö¬ rer so erschrocken zusammenfuhr, als er ihm näher ins Gesicht, sah. Er erkannte ihn für einen Spion, und darum that er jenen Schrey und stürzte zu seinen Füßen."
"Nimmermehr," rief der Prinz. "Dieser Mensch ist alles was er seyn will, und alles was der Augenblick will, daß er seyn soll. Was er wirklich ist, hat keines Menschen Sohn erfahren. Sahen sie den Sicilianer zusammensinken, als er ihm die Worte ins Ohr schrie: Du wirst keinen Geist mehr rufen? Dahinter ist mehr. Daß man vor etwas menschlichem so zu erschrecken pflegt, soll mich niemand überreden."
"Darüber wird uns der Magier selbst wohl am besten zurecht weisen können, sagte der Lord, "wenn uns dieser Herr (sich zu dem Anführer der Gerichtsdiener wendend) Gelegenheit verschaffen will, seinen Gefangenen zu sprechen."
Der Anführer der Häscher versprach es uns, und wir redeten mit dem Engländer ab, daß wir ihn gleich den andern Morgen aufsuchen wollten. Jezt begaben wir uns nach Venedig zurück.
Mit
„Ich will Ihnen noch mehr ſagen, gnädigſter Herr. Eben dieſer war es, auf deſſen Denuncia¬ tion ich hieher geſchickt worden bin, den Geiſterbe¬ ſchwörer zu verhaften.“
Wir ſahen uns mit noch größerm Erſtaunen an.
„Da hätten wir es ja heraus,“ rief endlich der Engländer, warum der arme Teufel von Beſchwö¬ rer ſo erſchrocken zuſammenfuhr, als er ihm näher ins Geſicht, ſah. Er erkannte ihn für einen Spion, und darum that er jenen Schrey und ſtürzte zu ſeinen Füßen.“
„Nimmermehr,“ rief der Prinz. „Dieſer Menſch iſt alles was er ſeyn will, und alles was der Augenblick will, daß er ſeyn ſoll. Was er wirklich iſt, hat keines Menſchen Sohn erfahren. Sahen ſie den Sicilianer zuſammenſinken, als er ihm die Worte ins Ohr ſchrie: Du wirſt keinen Geiſt mehr rufen? Dahinter iſt mehr. Daß man vor etwas menſchlichem ſo zu erſchrecken pflegt, ſoll mich niemand überreden.“
„Darüber wird uns der Magier ſelbſt wohl am beſten zurecht weiſen können, ſagte der Lord, „wenn uns dieſer Herr (ſich zu dem Anführer der Gerichtsdiener wendend) Gelegenheit verſchaffen will, ſeinen Gefangenen zu ſprechen.“
Der Anführer der Häſcher verſprach es uns, und wir redeten mit dem Engländer ab, daß wir ihn gleich den andern Morgen aufſuchen wollten. Jezt begaben wir uns nach Venedig zurück.
Mit
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0046"n="38"/><p>„Ich will Ihnen noch mehr ſagen, gnädigſter<lb/>
Herr. Eben dieſer war es, auf deſſen Denuncia¬<lb/>
tion ich hieher geſchickt worden bin, den Geiſterbe¬<lb/>ſchwörer zu verhaften.“</p><lb/><p>Wir ſahen uns mit noch größerm Erſtaunen<lb/>
an.</p><lb/><p>„Da hätten wir es ja heraus,“ rief endlich der<lb/>
Engländer, warum der arme Teufel von Beſchwö¬<lb/>
rer ſo erſchrocken zuſammenfuhr, als er ihm<lb/>
näher ins Geſicht, ſah. Er erkannte ihn für einen<lb/>
Spion, und darum that er jenen Schrey und<lb/>ſtürzte zu ſeinen Füßen.“</p><lb/><p>„Nimmermehr,“ rief der Prinz. „Dieſer<lb/>
Menſch iſt alles was er ſeyn will, und alles was<lb/>
der Augenblick will, daß er ſeyn ſoll. Was er<lb/>
wirklich iſt, hat keines Menſchen Sohn erfahren.<lb/>
Sahen ſie den Sicilianer zuſammenſinken, als er<lb/>
ihm die Worte ins Ohr ſchrie: Du wirſt keinen<lb/>
Geiſt mehr rufen? Dahinter iſt mehr. Daß man<lb/>
vor etwas menſchlichem ſo zu erſchrecken pflegt, ſoll<lb/>
mich niemand überreden.“</p><lb/><p>„Darüber wird uns der Magier ſelbſt wohl<lb/>
am beſten zurecht weiſen können, ſagte der Lord,<lb/>„wenn uns dieſer Herr (ſich zu dem Anführer der<lb/>
Gerichtsdiener wendend) Gelegenheit verſchaffen<lb/>
will, ſeinen Gefangenen zu ſprechen.“</p><lb/><p>Der Anführer der Häſcher verſprach es uns,<lb/>
und wir redeten mit dem Engländer ab, daß wir<lb/>
ihn gleich den andern Morgen aufſuchen wollten.<lb/>
Jezt begaben wir uns nach Venedig zurück.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Mit<lb/></fw></div></div></body></text></TEI>
[38/0046]
„Ich will Ihnen noch mehr ſagen, gnädigſter
Herr. Eben dieſer war es, auf deſſen Denuncia¬
tion ich hieher geſchickt worden bin, den Geiſterbe¬
ſchwörer zu verhaften.“
Wir ſahen uns mit noch größerm Erſtaunen
an.
„Da hätten wir es ja heraus,“ rief endlich der
Engländer, warum der arme Teufel von Beſchwö¬
rer ſo erſchrocken zuſammenfuhr, als er ihm
näher ins Geſicht, ſah. Er erkannte ihn für einen
Spion, und darum that er jenen Schrey und
ſtürzte zu ſeinen Füßen.“
„Nimmermehr,“ rief der Prinz. „Dieſer
Menſch iſt alles was er ſeyn will, und alles was
der Augenblick will, daß er ſeyn ſoll. Was er
wirklich iſt, hat keines Menſchen Sohn erfahren.
Sahen ſie den Sicilianer zuſammenſinken, als er
ihm die Worte ins Ohr ſchrie: Du wirſt keinen
Geiſt mehr rufen? Dahinter iſt mehr. Daß man
vor etwas menſchlichem ſo zu erſchrecken pflegt, ſoll
mich niemand überreden.“
„Darüber wird uns der Magier ſelbſt wohl
am beſten zurecht weiſen können, ſagte der Lord,
„wenn uns dieſer Herr (ſich zu dem Anführer der
Gerichtsdiener wendend) Gelegenheit verſchaffen
will, ſeinen Gefangenen zu ſprechen.“
Der Anführer der Häſcher verſprach es uns,
und wir redeten mit dem Engländer ab, daß wir
ihn gleich den andern Morgen aufſuchen wollten.
Jezt begaben wir uns nach Venedig zurück.
Mit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/46>, abgerufen am 17.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.